Der Schauspieler Walter Renneisen über die Metropolregion FrankfurtRheinMain, Teil 3

 

Felicitas Schubert und Sabine Börchers

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ob wir so stark über seinen Namen gestolpert wären, würde nicht die gesamte Redaktion von Weltexpresso derzeit Sherlock Holmes in Bild und Ton und Schrift verinnerlichen? Auf jeden Fall ist Walter Renneisen ein heißes Eisen, denn seine Hörbücher haben es in sich. Und nun äußert er sich sogar zur Heimat.

 

Wirtschaftsstandort, Finanzplatz, Heimat. Die Metropolregion FrankfurtRheinMain hat viele Gesichter. Ihre Vorzüge in den Fokus rücken – das ist das Ziel des Tages der Metropolregion am 17. April. Am Morgen tagen rund 700 geladene Gäste aus Politik, Kultur und Wirtschaft, darunter acht Oberbürgermeister und 18 Landräte, in der Paulskirche. Ab 13 Uhr öffnen sich die Türen der Römerhallen, die an diesem Tag zum Marktplatz der Metropolregion werden. Einer, der diese Region wie seine Westentasche kennt, ist Walter Renneisen. Geboren in Raunheim, zu Hause in Bensheim, steht der Schauspieler und Hessenkenner rund um Frankfurt regelmäßig auf der Bühne. Gerade feierte er in Bensheim seinen 75. Geburtstag.

 

Hier erzählt er, was FrankfurtRheinMain für ihn bedeutet.

 

Herr Renneisen, Sie sind in Mainz geboren, haben in Rüsselsheim Abitur gemacht, in Darmstadt fest am Theater gespielt. Sie stehen oft in Frankfurt auf der Bühne und leben an der Bergstraße. Außerdem sind Sie seit 25 Jahren mit ihren eigenen Produktionen in der Region unterwegs. Was bedeutet Ihnen Ihre Heimat?

 

Ich bin auf einem Bauernhof in Raunheim groß geworden und habe es als Kind sehr genossen, am Main aufzuwachsen. Wir haben im Fluss Schwimmen gelernt. Wir haben uns von den Transportkänen sogar manchmal im Wasser bis nach Frankfurt und wieder zurück ziehen lassen. Es war eine wunderschöne Jugend. Raunheim ist bis heute meine Heimat, und wenn ich dort bin, verfalle ich automatisch wieder in den Dialekt.

 

 

Warum sind Sie nach Ihrer Schauspielausbildung in der Heimat geblieben und nicht in die Theatermetropolen, etwa nach Berlin oder München gegangen?

 

Nachdem ich die Schauspielschule in Bochum absolviert hatte, blieb ich noch eine Weile in Bochum und Dortmund, dann diktierte das nächste Theater meinen weiteren Weg. Das war zufällig Darmstadt, es hätte auch München sein können. In Darmstadt habe ich mich entschlossen, mich selbstständig zu machen, weil ich ein Haus gekauft und eine Familie gegründet hatte. Mit vier Kindern können Sie von einem festen Engagement am Theater nicht leben. Natürlich ist die Region meine Heimat, aber als Schauspieler können Sie darauf nicht bauen. Hätte ich nicht meine Familie gehabt, wäre ich nach München gegangen, weil es dort damals das beste Theater und das Fernsehen gab.

 

 

Wieso haben Sie sich für diese Region entschieden?

 

Weil es in der Mitte Deutschlands ist. Der Vorteil an meiner Heimatregion sind die kleinen Entfernungen. Ich kann sechs wichtige Theater innerhalb von 45 Minuten erreichen, der Flughafen und viele Bahnhöfe sind nah. Also sind meine Kinder am Ort geblieben und ich habe das Wandern übernommen. Ich habe mir aber eine Residenzpflicht auferlegt. Ich habe an keinem Theater gespielt, von dem aus ich nicht abends nach Hause fahren konnte. Selbst bei einem Engagement in Bonn bin ich jeden Tag die 250 Kilometer hin und zurück gefahren.

 

 

Sie haben in einem Ihrer Programme „Deutschland, Deine Hessen“ einen Streifzug durch die hessische Literatur unternommen. Was macht die Hessen Ihrer Meinung nach aus im Vergleich zu anderen Bundesländern?

 

Das Erste ist, dass der Hesse ungewollt komisch ist. Damit müssen wir uns abfinden. Etwa wenn uns ein Hamburger fragt, wo gehen Sie denn heute Abend hin, und wir antworten, „Ei, isch mach ins Bett.“ Und dann hat der Hesse einen trockenen Humor, das ist es, was ich an ihm so mag. Zum Beispiel, wenn eine Verkäuferin gefragt wird, ob es in ihrem Geschäft „Haarspängelsche“ gebe und auf die Rückfrage, die müssten sie aber doch haben, antwortet: „Was mer zu habbe habbe, habbe mir aach.“ In diesem gewissen Humor unterscheidet sich der Hesse gewaltig vom Kölner. Über die dortige Komik im Karneval kann ich nicht lachen.

 

 

Sind denn starke Unterschiede spürbar etwa zwischen den Rheinhessen, den Frankfurtern und den Menschen an der Bergstraße?

 

Es gibt viele Mentalitätsunterschiede, natürlich zwischen dem dörflichen Leben und den städtischen Strukturen. Ich denke, die Landschaft prägt die Menschen, deshalb sind sie an der Nordsee weniger gesprächig. In unserer rheinischen Tiefebene ist immer viel passiert, es sind viele Menschen von Nord nach Süd durchgezogen. Das hat sich ausgewirkt auf die Lebensart hier, die etwas leichter ist als zum Beispiel die in Nordhessen, wo die Landschaft härter ist. Dabei gibt es natürlich auch Animositäten, meist zwischen Nachbargemeinden wie Frankfurt und Offenbach oder Heppenheim und Bensheim. Daraus entstehen wunderbare Geschichten, die ich so mag. Ich habe mein Hessen-Programm jetzt rund 1.500 Mal gespielt, meistens in Südhessen. Selbst die Kasselaner finden es nicht witzig. Die Sachsen dagegen freuen sich, dass es auch mal einen anderen Dialekt als ihren eigenen gibt, über den sie lachen können.

 

 

Hat sich die Region im Vergleich zu Ihrer Jugend verändert? Ist sie weiter zusammengewachsen?

 

Natürlich hat sich der dörfliche Charakter, in dem ich in Raunheim aufgewachsen bin, verändert. Man wusste damals, wenn ein Rüsselsheimer nach Raunheim kam, dass er aus Rüsselsheim kam, allein aufgrund der Sprache. Das ist heute nicht mehr so. Opel war damals das Zentrum der Gegend, die gesamte Familie arbeitete dort. Das Gefühl einer Heimat, das man ja auch in einem Betrieb haben kann, ist heute nicht mehr vorhanden. Ich habe mich aber auch schon mit 16 Jahren nach Frankfurt orientiert und dort den Jazz entdeckt. Im Althoff-Bau habe ich große Musiker wie Lionel Hampton, Louis Armstrong und Count Basie gesehen. Ins Theater bin ich damals noch in die Börse gegangen, aber auch nach Darmstadt oder Mainz.

 

 

INFO:

 

Für die Veranstaltung in der Paulskirche steht für Bürger ein begrenztes Kontingent von Einlasskarten zur Verfügung, die wir gerne über die Medien der Region - beispielsweise über Verlosungen – weitergeben möchten. Bitte teilen Sie uns bis Dienstag, 7. April mit, wie viele Karten sie bekommen möchten. Ansprechpartner ist Thomas Waldherr, Telefon 069/212-32761, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

 

 

Gibt es aus Ihrer Sicht heute eine stärkere Zusammenarbeit der Kulturinstitutionen?

 

Das ist der Traum aller Direktoren dieser Institutionen. Dabei ist es Unsinn. Jedes Theater will seinen Star haben, den es nicht abgibt. Darmstadt hat schon damals, als ich dort engagiert war, eine Zusammenarbeit mit Mannheim probiert. Aber die Mannheimer wollten das nicht sehen, sie wollten ihr eigenes Theater haben.

 

 

Was würden Sie sich wünschen, um die Kulturszene in der Region weiter zu stärken?

 

Die Region ist schon toll, Hessen hat immerhin drei Staatstheater. Wir müssen achtgeben, dass wir unsere Theater nicht verlieren. Der Ausgangspunkt dazu ist die Bildung. Wenn man Kindern nicht beibringt, wie wundervoll die deutsche Sprache ist, gehen sie nicht mehr ins Theater.

 

 

Sie haben in diesem Jahr rund 100 Auftritte in ganz Deutschland. Wo und in welchem Stück sind Sie als nächstes in der Region zu erleben?

 

Ich habe gerade erst in Frankfurt im Fritz-Rémond-Theater auf der Bühne gestanden. Dort werde ich im Juni den „Kontrabass“ spielen, mit dem ich bereits seit 1987 auf Tournee bin. Mit „Deutschland Deine Hessen“ trete ich im April in Babenhausen auf. Und im Mai spiele ich unter anderem in Bensheim Kafkas „Bericht für eine Akademie“ und Tschechows „Über die Schädlichkeit des Tabak“. Der Kafka ist für mich ein schweres Stück, weil ich es im Affenkostüm spiele. Vor zwei Jahren noch habe ich im Jahr 160 Auftritte absolviert, das habe ich etwas reduziert.

 

 

Doch nicht etwa, weil Sie gerade Ihren 75. Geburtstag gefeiert haben und jetzt kürzertreten wollen?

 

Nein, wenn einem etwas Spaß macht, kann man damit doch nicht aufhören. Ich bin so glücklich, dass ich diesen Beruf ausüben kann. Ich höre noch gut und kann die Souffleuse verstehen. Meinen Text lerne ich wie früher. Und es gibt noch so tolle Sachen, auf die ich neugierig bin. Aber im Mai kommt mein erster Enkel in Berlin zur Welt. Und für den möchte ich mir auch ein bisschen Zeit nehmen.

 

 

INFO:

Die Fragen stellte Sabine Börchers. Entnommen von pia, der Stadtinformation Frankfurt

 

Für die Veranstaltung in der Paulskirche steht für Bürger ein begrenztes Kontingent von Einlasskarten zur Verfügung, die die Stadt über die Medien der Region - beispielsweise über Verlosungen – weitergeben möchten. Bitte bis Dienstag, 7. April mitteilen, wie viele Karten Sie bekommen möchten. Ansprechpartner ist Thomas Waldherr, Telefon 069/212-32761, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!