FRANKFURT HILFT. Willkommens- und Dankesfeier in der Paulskirche am 1. November, Teil 2
Hans Weißhaar und pia
Am Nachmittag des 1. November hat Frankfurt mit einem Fest in der Paulskirche ein Zeichen des Willkommens gesetzt. 450 Flüchtlinge, 200 Helfer und Gäste aus Politik, Kultur und Wirtschaft waren begeistert und haben in der Paulskirche zu internationaler Musik getanzt.
In dem international musikalisch-artistischen Programm traten alle Künstler ohne Honorar in einer Kooperation von Tigerpalast Varieté Theater, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und dem Schauspiel Frankfurt auf. Der weltweit agierende Frankfurter Musiker Shantel hat mit seinem „Bucovina Club Orkestar“ mit Musikern aus acht Ländern den Auftakt zum dem Programm bestritten.
Der 37-jährige Syrer Mashem Katnaji ist seit wenigen Wochen in Frankfurt. Er sagte nach dem Fest: „Die Einladung in die Paulskirche war eine große Ehre für uns alle. Wir haben heute gespürt, dass wir in Frankfurt von ganzem Herzen willkommen sind und unterstützt werden. Getragen von diesen Gefühlen glaube ich an unsere Zukunft in Deutschland.“
Begleitet wurde Katnaji und eine große Gruppe von Flüchtlingen von der 45-jährigen ehrenamtlichen Helferin Daniele Yumus. „Helfer und Flüchtlinge haben sich über die Einladung gefreut. Es ist toll, dass unsere Arbeit so geschätzt wird. Das schönste ist aber die Liebe und die Emotionen der Flüchtlinge, die wir Helfer zurückbekommen“, sagt Yumus.
„Mit dieser Veranstaltung haben wir ein hoffnungsvolles Zeichen gesetzt. Die Paulskirche symbolisiert Menschlichkeit und Demokratie. Wir haben einen Akzent gesetzt für die kommenden Herausforderungen unserer Gesellschaft“, sagt Johnny Klinke, Initiator der Veranstaltung.
„Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt. Wer diesen wegweisenden Satz in Sonntagreden sagt, muss ihn von Montag bis Samstag in die Realität umsetzten. Wer das Grundgesetz in Sonntagreden hochhält, muss es von Montag bis Samstag lebendig werden lassen. Menschen, die fliehen müssen aufzunehmen, ist Menschenrecht. Asyl ist gelebter Humanismus“, sagt Michel Friedman, der die Veranstaltung gemeinsam mit Klinke initiiert hat.
„In unserer traditionell international ausgerichteten Stadt Frankfurt gehen wir das Thema Flüchtlinge konstruktiv an. In Frankfurt ist Vielfalt zu Hause und die Stadt hat immer von Zuwanderung profitiert. Während andere in Europa über die Höhe der Grenzzäune diskutieren, haben wir die Flüchtlinge und Helfer zu diesem Fest eingeladen und haben gesagt: 'Willkommen in Frankfurt!'“, sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann, der die Schirmherrschaft übernommen hat.
„Ich heiße die jungen Flüchtlinge ganz herzlich in unserem Land willkommen und bedanke mich bei denen, die ihnen bei den ersten Schritten in die neu gewonnenen Freiheit geholfen haben und helfen; ich bin stolz auf mein Land und auf meine Landsleute! Seien Sie versichert, dass wir in der gegenwärtigen Situation mit aller verfügbaren Kraft an guten Lösungen arbeiten“, sagte Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung Peter Altmaier, der per Video-Botschaft zugeschaltet wurde, weil die aktuellen Beratungen der Bundesregierung zum Thema Flüchtlinge in Berlin während der Veranstaltung in Frankfurt noch andauerten.
„Ich freue mich, dass ich bei dieser Willkommensfeier für Menschen, die ihre Heimat hinter sich lassen mussten, die alles verloren haben, dabei sein kann. Die Zivilgesellschaft in Frankfurt zeigt Offenheit, Wärme und wahre Nächstenliebe. Man kann gar nicht genug anerkennen, was die Helfer in dieser Stadt, im ganzen Land leisten. Das zeigt, dass Solidarität nicht out, sondern mega in ist“, sagte die Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth in ihrer Rede in der Paulskirche.
Wie es in Frankfurt weitergeht
Eine eigens eingerichtete Stabsstelle „Flüchtlingsmanagement“ nimmt am 1. November die Arbeit auf. Rund 600 Mitarbeiter wurden von der Stadtverwaltung für ehrenamtliche Einsätze freigestellt. Unter der Leitung von Dezernentin Daniela Birkenfeld wird das ehrenamtliche Engagement für Flüchtlinge im Bündnis "Frankfurt Hilft" koordiniert. Zu den Gästen der Veranstaltung gehören auch neun Frankfurter Stiftungen, die zusammen mit dem Sozialdezernat der Stadt Frankfurt das Bündnis tragen.
Zum Stichtag 31. September 2015 wurden von der Stadt Frankfurt rund 1.700 Asylbewerber und Kontingentflüchtlinge (2/3 männlich, 1/3 weiblich) untergebracht, verteilt über das ganze Stadtgebiet an mehr als 120 Standorten. In Sporthallen sind darüber hinaus rund 1.000 Flüchtlinge untergebracht, die Frankfurt jedoch noch nicht zugewiesen sind. Bis 31. August 2015 sind in Frankfurt zusätzlich 1.672 (93,5 Prozent männlich, 6 Prozent weiblich) unbegleitete Kinder und Jugendliche angekommen und in Obhut genommen worden.