Zum 31. Mal: Jüdische Kulturwochen vom 26. August bis 9. September



Elisabeth Römer



Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was ist in dieser Stadt alles mit Juden und Jüdischem passiert! Es waren die Kaiserjuden, das heißt, die dem Kaiser und nicht der reichsfreien Stadt direkt unterstellten Untertanen, die hierzulande oft mißtrauisch beäugt wurden, ob ihrer 'Kaiserprivilegien', die von hier aus in die Welt zu den Großbankern einerseits und Aufrührern andererseits aufbrachen. Dann machten Hitler und die Nationalsozialisten die judenfreundliche, zumindest von besonders vielen jüdischen Frankfurtern bevölkerte Stadt durch Mord 'judenfrei'.



Seit 1981 gibt es nun die Institution der Jüdischen Kulturwochen, die für das Jahr 2012 vom Sonntag, 26. August bis zum Sonntag, 9. September stattfinden und von der Jüdischen Gemeine Frankfurt und dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main veranstaltet werden. Deren Kulturdezernent Felix Semmelroth kündigt an: „Hochkarätige Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Filme und Vorträge bieten zwei Wochen lang Einblicke ins jüdische Leben von heute und ermöglichen intensive Begegnungen mit der jüdischen Kultur, Religion und Geschichte“.

Erwartet wird unter anderem einer der Superstars aus Israel, der in Spanien aufgewachsene Sänger, Gitarrist, Komponist und Songschreiber David Broza. Er spielt eine Mischung aus urbanem Folk und passionierter Gitarrenmusik und singt in Hebräisch, Spanisch und Englisch. Die Internationalität zeichnet auch die in Frankfurt lebenden jüdischen Bürger aus. So hat es nach dem Völkermord einen Austausch der jüdischen Gemeine gegeben. Jüdische Frankfurter, die sich retten konnten, blieben meist in ihren Ländern, die ihnen zu Heimat wurde.



Im ersten Schwung kamen in den 50er Jahren sehr viele jüdische Polen, die den Krieg überlebt hatten, nach Frankfurt. Seit jeher waren die Ashkenazim aus dem Osten ins Reich gezogen und hatten ihren Fleiß und ihre Klugheit, ihr Fachwissen und handwerkliches Können bewiesen. Seit den 80ern, zunehmend nach der sogenannten Wende kamen russische Juden, was zuerst durchaus zu Konflikten führte und heute zu einem status quo. Israel bleibt für alle der gemeinsame Nenner, wo sich Zugehörigkeit, Verantwortlichkeit, nicht aber unbedingt Kenntnis des Landes oder israelischer Kultur treffen.

Die Frankfurter Veranstalter wollen während der zwei Wochen besonders zeigen, wie sehr jüdische Künstler das Frankfurter Kulturleben heute wieder bereichern. So sagt der Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Dieter Graumann: „Es ist wichtig, den interessierten Gästen deutlich zu machen, dass mit dem Zuzug russischer Zuwanderer Musiker, Schriftsteller, Sänger und Maler auch nach Frankfurt gekommen sind, die das Kulturangebot bereichern und aus der Kulturszene nicht mehr wegzudenken sind.“

Es spielen etwa das Adorno Quartett und die Pianistin Monica Gutman. Die Frankfurt Classic Players und Sängerin Oxana Arkaeva unterhalten mit Lied- und Orchesterstücken von George Gershwin und Leonard Bernstein. Shmuel Barzilai und der Synagogenchor der Westend-Synagoge eröffnen die Jüdischen Kulturwochen mit kantoralen Gesängen, israelischen und populären Lieder in der Westend-Synagoge.

Es lesen die aus Aserbaidschan stammende junge Autorin Olga Grjasnowa und der in Leningrad geborene Autor Vladimir Vertlib. Zum Bereich Lyrik und Musik gehören die beiden Veranstaltungen „Heinrich Heine – Lyrik und Jazz“ sowie die Lesung mit Gedichten der beiden Lyrikerinnen Nelly Sachs und Selma Meerbaum-Eisinger. Außerdem werden zwei Filme gezeigt, nämlich „David“, die berührende und spannende Geschichte des elfjährigen Daud, der Sohn eines Imams ist und für jüdisch gehalten wird, und „Amos Oz: The Nature of Dreams“, ein einfühlsames, leises und sehr persönliches Portrait des israelischen Schriftstellers.

Gezeigt werden auch die Fotoausstellung des Fotografen Rafael Herlich und die Ausstellung „Ein Wunder im Wunder“ im Museum Judengasse über den Humanisten Johannes Reuchlin (1455-1522) und den Streit um die jüdischen Bücher. Dazu gibt es auch einen einführenden Vortrag in deutscher Sprache von Professor David Price von der University of Illinois.

Info:

Karten für die Veranstaltungen gibt es bei Doris Adler, Jüdische Gemeinde Frankfurt, Telefon 069/768036122, E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Ausnahme sind die Filmvorführungen, bei denen der Kartenverkauf über das Filmmuseum abgewickelt wird.


Foto: Wir nehmen das zum Anlaß, ein Foto von Olga Grjasnowa zu bringen, die gar nichts mit den diesmaligen Kulturtagen zu tun hat, auch nicht in Frankfurt lebt, aber durch ihren Roman, „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, erschienen im Hanser Verlag, einen neuen Ton und auch neue Themen in die Gegenwartsliteratur brachte und derzeit auf der Zwanzigerliste zum Deutschen Buchpreis steht, aus denen die letzten Sechs dann auch den Preisträger beinhalten.