In dreieinhalb Tagen: neue Brücke in Frankfurt am Main
Roman Herzig
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das sieht man auch nicht alle Tage und hier sogar dreiundeinhalb Tage – geplant waren zwei - lang, wie eine weitere Brücke über den Main die 'Hibb de Bach mit 'Dribb de Bach' verbindet oder eben umgekehrt. Die Rede ist vom Frankfurter, dem nördlichen Ufer und dem Sachsenhäuser Ufer, dem südlichen. Nötig wurde sie, weil das gerade um- und neugebaute Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) direkter an Autobahnen und Schnellstraßen angebunden sein soll.
Für die Frankfurter auf jeden Fall war der Brückenschlag es wert, daß Tausende das Vorwärtskommen verfolgten. Für die Nichtfrankfurter muß man dazu sagen, daß es um eine weitere Brücke weit im Osten der Stadt geht, der nun auch die Stadtteile, den nördlichen Osthafen und das südliche Oberrad verbindet. Wie allerdings die 2800 Tonnen Stahl in ihre Parkposition kamen, in der sie nun die nächsten Jahrhunderte ruhen sollen, das war eine aufregende Geschichte, die filmreif war. Und auch pausenlos gefilmt und fotografiert wurde, denn solch Ereignis sieht man eben nicht alle Tage.
Am Montag war es morgens losgegangen. Was dann alles passierte brachte den gar nicht poetischen Verkehrsdezernenten Stefan Majer zur Aussage: „Im Zeitraffer hat die Brücke einen Tango auf dem Main hingelegt.“ Zuerst nämlich glaubte man kaum, auf welchen kleinen Plattformwagen die gesamte Brückenlast transportiert wurde. Auf jeder Uferseite wartete ein Ponton darauf, die Brückenende aufzunehmen. Das ist Millimeterarbeit. Die Fachleute reden vom „Einschwimmen“, das nötig sei, um die Brücke über den Main zu bringen. Immerhin ist sie 175 Meter lang und schwer beweglich.
Deshalb konnte man am Dienstag länger zusehen, wie die Brücke quer auf den Main zurollte. Das eigentliche Abenteuer geschah am Mittwoch. Die Brücke wollte nicht, wie ihre Logistiker geplant hatten. Anita Jokiel hatte als Projektleiterin Stahlbau der Firma Bögl die Ruhe weg und beruhigte die Nerven der anderen, die durch die langsamen Arbeiten des belgischen Schwertransporteurs Sarens beunruhigt waren. Dieser habe die Schwierigkeiten und die Zeitdauer nicht richtig eingeschätzt, wurde nicht nur unter der Hand verbreitet. Können wir nicht beurteilen, aber den Zeitplan brachte auch die Gewittermeldung vom Dienstag durcheinander. Denn Sicherheit – und ein Unwetter ist dessen Gegenteil – ist bei solchen diffizilen Arbeiten oberstes Gebot.
Am Donnerstag konnte man dann gegen 11 Uhr das letzte Einschweben der Brückenteile beobachten und ab 12 Uhr gingen die Ersten schon auf der Brücke spazieren. Allerdings wird die Brücke ihr jetzigen Aussehen nicht beibehalten. Sie hat zum Stabilhalten bei Transport und Befestigung Bogenstützen erhalten, die nun wieder abgebaut werden, denn optisch soll die Brücke nur durch ihre Hängeseile auffallen, die nachts leuchten und auch die dreispurige Fahrbahn sowie die zwei Rad- und Fußwege illuminieren.
Die Frankfurter sind beides: ärgerlich auf die Europäische Zentralbank, die ihre schöne ehemalige Großmarkthalle nur als Fußknochen für den in die Wolken ragenden Doppeltürmebau von COOP HIMMELB(L)AU benutzt und nun auch mit öffentlichen Geldern für ihre Spitzenmanager die Brücke vor die Türe gesetzt erhält und gleichzeitig stolz darauf, daß sie wieder einmal der Republik etwas vorzuzeigen haben, was Modernes, woanders nicht Sichtbares.
Deshalb sprechen die eigentlich politischen Gegner, der neue SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann und seine Dezernenten Majer (Grüne) und Frank (CDU) anläßlich des erfolgreichen Brückenschlages über den Main gemeinsam von „einem großen Moment für Frankfurt“. Daß die neue Brücke rund 30 Millionen Euro kostet, interessiert hier weniger als die Aussicht, daß sie als Brücke erst in einem Jahr benutzbar ist.