Eröffnung der Ausstellung: ‚Kinder haben Rechte!‘ auf der Zwischenebene der Frankfurter Hauptwache (4. April bis 31.Oktober 2017)


Heinz Markert


Frankfurt am Main (Weltexpresso) - ‚Kinder an die Macht‘, eine Songforderung, die programmatisch wurde, entstammt dem unbewussten Sehnen: möge doch das kindlich Reine, Unverfälschte und Spontane wieder im Leben Einkehr halten und die Verbogenheit des Erwachsenlebens überwinden.

Galt die Kindheit lange als minderbemittelte Phase des Menschseins, so erscheint sie nunmehr als ernstzunehmender Gegenentwurf. Gleichzeitig wird die Kindheit von bau-, verkehrs- und umweltpolitischen Umwälzungen aufs schwerste bedrängt.


Soweit so gut, bzw. auch weniger gut, aber im Ernst: mit der Eröffnung der interaktiven Ausstellung ‚Kinder haben Rechte!‘ unter der Frankfurter Hauptwache, geht es darum, zum fünfundzwanzigsten Jahrestag der Inkraftsetzung der UNO-Kinderrechtskonvention in Deutschland (1992), die Prinzipien dieser Konvention wie Schutz, Versorgung und Beteiligung von Kindern aktuell ins Bewusstsein zu rufen. Die Rahmenbedingungen des Lebens von Kindern bleiben überall ungesichert, sie verschlechtern sich sogar, worauf unter anderem auch die Kinderarmut im reichen Deutschland hindeutet.


Noch gilt eher: Ja, Kinder haben Rechte, aber bitte nicht gleich mein Kind!


Das kinder museum frankfurt wurde 1992 gegründet, drei Jahre nach Verabschiedung der Kinderrechtskonvention. Eine solche Einrichtung lag damals in der Luft, sie wurde durch die glorreiche 68er-Zeit vorbereitet - parallel startete auch die Bewegung der Frauenemanzipation -; beide hatten eine befreiende Wirkung von dem Muff der Talare und unangenehmen Vormünder wie Sadisten an Schulen, die noch halb in der NS-Zeit und der Schwarzen Pädagogik steckten (diese ist übrigens immer noch Steckenpferd in Bayern, das gerade erst ‚die Preissen‘ nachvollzieht).


Oberbürgermeister Peter Feldmann gab die Anregung, ob man nicht aus gegebenem Anlasse im geplanten – und noch umstrittenen - neuen Viertel im Nordend genau in der Mitte gleich einen Abenteuerspielplatz errichten könne, um damit dem kindlichen Verlangen nach Dschungel und Wildnis entgegenzukommen. Für Parkplätze wird gesorgt, erbärmlich wenig aber für Kinderzonen. Das kinder museum frankfurt, das Kinderbüro wie auch der Oberbürgermeister und alle, die in der Sache politisch einig sind, versuchen Kind- und Jungsein immer zu befördern, unter anderem mit der RMV-Clevercard und dem Schülerticket Hessen(weit)/für nur einen Euro pro Tag.


Im Zentrum der Ausstellung: das Kinderparlament


Ein erster Gang durch die Ausstellung führte sogleich in die Praxis mit der 5 b der Leibniz-Schule. Sie hatte zuvor schon vor dem Museum demonstriert und betrieb nun ihr ernsthaftes Spiel mit den Stationen, die durch die Ausstellung leiteten. Diese betreffen die Leitthemen: „Gleichheit“, „Freie Meinungsäußerung und Information“, „Schutz im Krieg und auf der Flucht“, „Bildung und Kultur“, „Schutz der Privatsphäre“ und „Gutes Leben“. Kinder erhalten zu Beginn den Pass „Meine Rechte“, mit den Wortlauten der 54 Artikel der Kinderrechtskonvention.


Entsprechend dem im Einführungsbereich, der auch für Film und Rap sorgt, ausgegebenen Pass durchlaufe sie sechs Bereiche und sammeln dort ihre Stempel. An der Station „Sag Deine Meinung“ sitzt ein Mädchen, das gerade einen Eintrag gemacht hat: Alle Kinder sollen gefahrlos lernen können! Das Motto zur Ausstellung kündigt an, dass sie den Kindern der Stadt eine Stimme verleiht, ihnen Gehör schenkt: es möchte sie anregen, Themen und Gedanken einzubringen, um ‚unsere Gesellschaft mitzugestalten‘.


Ausstellung interaktiv


Die Ausstellung ist interaktiv angelegt, dazu enthält sie ein großes elektronisches Wandspiel, ‚bei dem man sich zu zweit damit befasst‘, wo und wie Schutz nötig ist: Schutzobjekte helfen, Schutz zu garantieren. In einer ‚Nummer gegen Kummer‘ wird ermittelt, wie Schutz helfen könne. Im Bereich „Tut mir leid. Privat“ können die Probanden ‚einem Geheimautomaten ihr geheimstes Geheimnis anvertrauen‘. Auch können an einer Unterstation ‚Wahlplakate malen/machen‘ Plakate gestaltet werden, von denen erste draußen auf dem Treppenabgang zur B-Ebene getragen wurden. Kinder entwickeln Ausdrucksformen, die ihre Forderungen an die Welt unterstützen.


Mit der Ausstellung ist die Kinderrechtskampagne „Stadt der Kinder“ verbunden, die am 2. Juni 2017, dem Tag des Kindes, begangen wird. An diesem Tag wird es im Stadtgebiet 60 Veranstaltungen zu den vielerlei Anliegen geben. Einrichtungen, Kinos, Träger bringen sich ein. Kern des Begehens ist die Forderung, dass Kinder und Jugendliche unabhängig vom Bildungsstandard des Elternhauses, der sozialen Herkunft und des Geldbeutels der Eltern ihren Bildungsweg machen können. Dazu dient nicht die kaltherzige Chancengleichheit, sondern die Chancengerechtigkeit, die auf die unterschiedlichen Voraussetzungen, für die Kinder nichts können, eingeht.


Am Ausgang der Ausstellung können Kinder mit einem Diskussionsprotokoll, das sie nach dem Ausfüllen in den roten Briefkasten werfen, jeweils einzeln Fragen, Beschwerden, Ideen an die/den Kinderbeauftragte/n oder das Kinderbüro richten, die garantiert auch beantwortet werden.
Das Ziel, Kinderrechte bekannt zu machen, geht auf ein beständiges Defizit der Beachtung von Kinderrechten zurück. Rousseaus Roman ‚Emile‘ hatte die vornehme Rolle der Kindheit erkannt, deren Sensibilität und Eigenständigkeit ins Zentrum gerückt. Kinder sind keine Anhängsel der Erwachsenenwelt, sondern Wesen mit eigenen angestammten, unveräußerlichen Interessen und Rechten (‚Die Entdeckung der Kindheit im 18. Jahrhundert‘, Florian Schippmann, 2010). „2015 wussten nur knapp 40 Prozent der 18jährigen in Frankfurt von der Existenz der Kinderrechte, ein Viertel hatte noch gar nicht von ihnen gehört“ (kinder museum frankfurt).

Foto: Ina Hartwig und Peter Feldmann (c) Heinz Markert

Info:
Einführung in die Ausstellung mit Peter Feldmann (OB der Stadt Frankfurt), Ina Hartwig (Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt), Susanne Feuerbach (Leiterin Kinderbüro Frankfurt) und Susanne Gesser (Leiterin Kindermuseum).
kinder museum frankfurt, An der Hauptwache 15/Zwischenebene, Di-So: 10-18 Uhr, Mo: 10-18 Uhr nur in den hessischen Ferien und an Feiertagen
Foto: © Heinz Markert