Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. Juni 2017, Teil 18
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Doch bevor es zum abschließenden Bruderzwist von Amerika kommt, müssen die Ehefrauen, die perfekt ihre jeweiligen Rollen spielen, zu Wort kommen, ein Wort, das sie sowieso ständig führen. Bei Stans Frau hat man den Eindruck, daß sie aus ihrem Politikerehefraufrust nicht mehr herausfindet. Sie ist auf Dauer genervt und bestraft ihren Mann verbal und vom Verhalten her, der, wie wir zunehmend mitbekommen, gerade derjenige ist, der klar die notwendigen Konsequenzen aus dem furchtbaren Fehlverhalten, dem Verbrechen der Söhne ziehen wird, während die drei anderen, am schärfsten Bruder Paul, die Verdränger vom Dienst sind und die Tat der Söhne als Versehen wertend weglügen. Dieser Bruder, ein, einem immer unsympathisch werdender seelisch kranke Mensch, wird von seiner Frau auch als Kranker behandelt und nicht wie im normalen Leben. Dadurch hält sie seine Lebenslügen aber auch lebendig. Er auf jeden Fall muß sich nicht ändern.
Tacheles redet mit ihm nur sein Bruder Stan, der ohne lange herumzufackeln, allen die Lösung präsentiert, die als einzige die Antwort auf die unmenschliche Tat der Söhne sein muß: Selbstbezichtigung bei der Polizei und das Strafverfahren, das folgt. Die Klarheit mit der der Politiker das private Verhalten als gesellschaftliches Phänomen erkennt, ohne dessen gerichtliches Verfolgen für die Söhne keine Zukunft moralisch möglich wird, erstaunt vor allem deshalb, weil dem Politiker klar ist, daß die Bekanntmachung der Straftat der Söhne das Ende seiner politischen Karriere ist. Aber nicht deshalb tritt er nach dem erfolgreichen Stimmensammeln für den Gesetzentwurf zurück, sondern weil er durch die Tat des Sohnes seine Legitimation als Politiker selbst nicht mehr erkennt.
Auf geradezu unheimliche Art nimmt der Film, der ja schon vor der gegenwärtigen politischen Lage in den USA entstand, alles das vorweg, was derzeit geschieht: die Verrohung der Sitten, das Lügen und Betrügen der politischen Führung. Der Fisch stinkt vom Kopf her. Aber innerhalb der Politikerkaste gibt es auch diejenigen, die für Klarheit und Wahrheit eintreten, auch gegen die eigenen Privilegien. Ein aktueller Film wie er nicht aktueller sein könnte. Und spannend und überraschend gemacht dazu.
P.S. Unterschlagen wird hier, daß die Grundlage der niederländische Roman ANGERICHTET von Herman Koch ist, der schon zweimal verfilmt wurde und der seinen Titel doppeldeutig einmal aus dem Geschehen bezieht, das die Jugendlichen angerichtet haben, aber auch aus der exquisiten Speisefolge im Luxusrestaurant. Dort wird der Widerspruch zwischen den durch x-Kellnern aufgetragenen, als Kunstwerke garnierten Speisen und dem aus nachvollziebaren Gründen abnehmenden Appetit der Tischgesellschaft, die zudem selten vollzählig ist, um so auffälliger. Bizarr einfach.
Foto: © Verleih
Info:
STAB
Regie und Drehbuch OREN MOVERMAN
Nach dem Roman
„Angerichtet“ von HERMAN KOCH
Produktion COTTY CHUBB, LAWRENCE INGLEE,
EDDIE VAISMAN, JULIA LEBEDEV
BESETZUNG und .....................SYNCHRONSTIMME
Stan Lohman RICHARD GERE Hubertus Bengsch
Claire Lohman LAURA LINNEY Katrin Fröhlich
Paul Lohman STEVE COOGAN Marcus Off
Katelyn Lohman REBECCA HALL Marie Bierstedt
Barbara Lohman CHLOË SEVIGNY Luise Helm
Michael Lohman CHARLIE PLUMMER Cedric Eich
Rick Lohman SEAMUS DAVEY-FITZPATRICK Amadeus Strobl
Beau Lohman MILES J. HARVEY David Kunze
Nina ADEPERO ODUYE Katharina Spiering
Antonio JOEL BISSONNETTE Patrice Luc Doumeyrou