f The PromiseSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 17.August 2017, Teil 9

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - 1914 darf Michael Boghosian (Oscar Issac), der aus einer alten armenischen Apothekerfamilie stammt, aus seinem kleinen Städtchen nach Konstantinopel gehen, um dort Medizin zu studieren. Er finanziert es durch ein Eheversprechen mit Maral (Angela Sarafyan). Sein Schwiegervater in spe gibt ihm dafür die Mitgift seiner Tochter.

In Konstantinopel wohnt er bei der Familie seines Onkels. Dort lernt er eines Tages die armenische Künstlerin Ana Khesarian (Charlotte Le Bon) kennen, die nach dem Tod ihres Vaters zusammen mit dem amerikanischen Journalisten Chris Myers (Christian Bale) gerade aus Paris ins osmanische Reich gekommen ist. Während seines Studiums lernt Michael auch den reichen Türken Emre Ogan (Marwen Kenzari) kennen, der eigentlich kein Interesse am Medizinstudium hat, sondern sich lieber in Bars vergnügt und der Chris Myers und Ana bereits aus Paris kennt.

Doch dann tritt das osmanische Reich an der Seite des deutschen Kaiserreiches in den Krieg ein. Schlagartig verändert sich das Klima für die ethnischen Minderheiten, besonders für die Armenier: Zuerst werden die Intellektuellen in den Städten verhaftet, dann gibt es Pogrome gegen sämtliche Armenier nicht nur in den großen Städten sondern auch in den Dörfern.

Michael wird verhaftet und muss beim Bau der Eisenbahn schuften. Durch ein Attentat des Mitgefangenen Garin (Tom Hollander) kann Michael fliehen und in sein Heimatdorf zurückkehren. Doch auch dort ist nach jahrhunderte langem Zusammenleben von Armeniern und Türken der Mob unterwegs. Michael heiratet Maral und lebt die nächsten Monate versteckt in den Bergen.

Inzwischen haben Ana und Chris einige Michaels Verwandte und armenische Waisenkinder aus Konstantinopel in eine protestantische Station des roten Kreuzes gebracht. Chris hat erfahren, dass von dort Flüchtlinge an die türkische Südküste gebracht werden sollen, die von französischen Schiffen aufgenommen werden. Michael erfährt von der Aktion und möchte darüber auch seine Familie außer Landes bringen und dadurch retten. Doch dann schlägt die Armee auch in seinem Heimatdorf zu.

Auf dem Weg zur Küste treffen sie auf einen Trupp Armenier, die entschlossen sind, sich auf einem Berg zu verschanzen und sich den türkischen Truppen entgegen zu stellen. Zur gleichen Zeit will Chris, der nach einer Verhaftung und einer Intervention des amerikanischen Botschafters Henry Morgenthau (James Cromwell) nach Malta ausgewiesen wurde, Admiral Fournet (Jean Reno), den Kapitän eines französischen Kriegsschiffes, dazu überreden, die armenischen Flüchtlinge zu evakuieren....

"The Promise - Die Erinnerung bleibt" ist einer der Filme, die auf das Massaker an 1,5 Mill. Armeniern durch die Türken vor 100 Jahren hinweisen wollen. Andere Film, die in den letzten Jahren entstanden sind, sind die mit dem deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete ARD-Dokumentation "Aghet – Ein Völkermord" (2010) von Regisseur und Drehbuchautor Eric Fiedler, "Das Haus der Lerchen" (2007) eine Koproduktion von Italien, Frankreich, Spanien, Bulgarien und Deutschland, Regie und Drehbuch von Paolo und Vittorio Taviani nach dem gleichnamigen Roman von Antonia Arslan oder "The Cut" (2014) von Regisseur Fatih Akin, der auch zusammen mit Mardik Martin das Drehbuch geschrieben hat.

Allen Filmen ist eines gemeinsam: Kaum wurden die Filme gezeigt, gab es schon massive Proteste von türkischen Verbänden oder der türkischen Regierung, denn es ist selbst nach 100 Jahren in der Türkei per Gesetz verboten, den Tod und die Vertreibung der Armenier als Genozid zu bezeichnen.

Genau das passierte auch bei "The Promise". Der Film wurde zuerst im September 2016 auf dem Toronto International Film Festival vor einen begrenzten Anzahl von Zuschauern gezeigt. Direkt danach wurden bei IMDB über 86000 Ratings gezählt, von denen etwa 30000 den Höchstwert von 10 Sternen und über 55000 den niedrigsten Wert von 1 Stern gaben. Interessant war, dass die Mehrheit der negativen Stimmen von Männern kamen, die nicht in Nord-Amerika leben. Es ist deshalb zu vermuten, dass die meisten Personen, die den Film abgewertet haben, ihn nie gesehen haben und Teil einer arrangierten Kampagne waren, die als Genozid-Leugner den Film herunterwerten wollten. Als Gegenzug wurden positive Stimmen durch armenische Nachkommen gestartet.

Regisseur und auch Drehbuchautor des Filmes ist der Brite Terry George, der bereits Erfahrung mit dem Thema Völkermord hat, denn er erhielt für sein Drehbuch zu "Hotel Ruanda" (2004) eine Oscar-Nominierung; bei diesem Film hatte er auch Regie geführt.

"The Promise" wurde beinahe vollständig von dem US-amerikanischen Unternehmer und Multimilliardär Kirk Kerkorian finanziert, der 1917 in den USA als Sohn armenischer Immigranten geboren wurde und 2015 starb, so dass er die Premiere des Films nicht mehr erlebte. Kirk Kerkorian ging es dabei vor allem darum, auf den Völkermord in einer größeren Hollywood-Produktion aufmerksam zu machen und nicht darum, die Kosten wieder hereinzuholen, denn alle Einnahmen des Films sollen an verschiedene wohltätige Organisationen gehen. Dies gilt auch für den während des Abspanns gesungenen Song "The Promise" von Chris Cornell, dessen Einnahmen zur Unterstützung des International Rescue Committee zur langfristigen Hilfe für Flüchtlinge und Opfer von Katastrophen dienen soll.

Für die Hauptrollen konnten mit dem Guatemateken Oscar Isaacs, der kanadischen Schauspielerin Charlotte Le Bon und dem in Wales geborenen Christian Bale drei bekannte Darsteller gewonnen werden. Auch für kleinere Rollen wurde bekannte Schauspieler verpflichtet, wie der Niederländer Marwan Kenzari als Michaels türkischer Freund Emre, die in Teheran geborene Shohreh Aghdashloo als Michaels Mutter, der Amerikaner James Cromwell als Henry Morgenthau oder der Franzose Jean Reno als Flottenkapitän. Viele der armenischen Nebenrollen wurden von armenischen Schauspielern übernommen.

Jetzt zum Film selbst: Damit das Thema beim Publikum auf Interesse stößt, wurde es bewusst personalisiert und die ganze Geschichte um die Dreiecksbeziehung zwischen Michael, Ana und Chris angeordnet. Dies mag etwas klischeehaft wirken, doch nur so kann man sich mit den Personen auch solidarisieren. Gerade durch die Personalisierung gelingt es dem Film, das Ausmaß des Genozids in anrührenden Szenen nachvollziehbar darzustellen. Dabei macht der Film aber auch deutlich, dass die armenische Bevölkerung auch türkische Freunde und Unterstützer hatte.

Vor allem die Figur des AP-Journalisten Chris Myers ist sicher sehr modern. Denn er hat die Chance durch seine Veröffentlichungen größtmögliche Aufmerksamkeit zu erreichen. Und gerade heute wieder werden in der Türkei kritische Journalisten wegen angeblicher Spionage verurteilt oder verschwinden ohne Gerichtsverfahren in Gefängnissen.

Ansonsten wird dem Film gerade von armenischer Seite - auch von Historikern der Verfolgung in der Türkei - sehr große Genauigkeit in Bezug auf die Ausrottung der Armenier attestiert. Leider hat sich dann doch ein historischer Fehler eingeschlichen: Deutsche Offiziere singen bei einem Fest der türkischen Militärs 1914 die zweite Strophe des Deutschland-Liedes. Nur das Deutschland-Lied ist erst seit 1922 Nationalhymne; davor sang man bei einer solchen Gelegenheit die sog. Kaiserhymne (Heil Dir im Siegerkranz), aber sie hatte dieselbe Melodie wie die britische Nationalhymne, was in so einem Film natürlich irritierend gewirkt hätte.

Insgesamt mag " The Promise - Die Erinnerung bleibt " an einigen Stellen etwas langatmig sein und die Dreiecksgeschichte wirkt etwas aufgesetzt, aber der Film ist ganz sicher ein sehr gut gespieltes und sehenswertes Plädoyer, das auf den Völkermord an den Armeniern aufmerksam machen will - auch gegen alle Versuche von beteiligter Seite, diesen auch nach 100 Jahren noch immer zu leugnen.

Foto: Filmplakat © Capelight Pictures

Info:
The Promise - Die Erinnerung bleibt (USA 2016)
Originaltitel: The Promise
Genre: Historiendrama
Filmlänge: 133 Min.
Regie: Terry George
Drehbuch: Terry George, Robin Swicord
Darsteller: Oscar Isaac, Charlotte Le Bon, Christian Bale u.a.
Verleih: Capelight Pictures
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 17.08.2017