f dasistunserlandFilme zum Thema Rechtsextremismus im Filmforum Höchst vom 31.8. – 6.9.

Siegrid Püschel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Kurz vor den französischen Präsidentschaftswahlen dieses Jahres startete in Frankreich Lucas Belvaux´ neuer Film Chez Nous – Das ist unser Land, der die Kandidatur einer jungen ambulanten Krankenschwester für eine vermeintlich in die politische Mitte gerückte Partei zum Inhalt hat.

Über den wahren Charakter der rechtradikalen Ausrichtung der Partei wurde die Protagonistin getäuscht. Es zeigt sich bald, dass die bürgerliche Verkleidung täuscht, dass immer noch Kontakte zu Identitären bestehen, die die „entdämonisierte“ Partei nach außen leugnete. Eine Ähnlichkeit zum Front National war nicht von der Hand zu weisen und so wehrte sich dieser gegen den Film. Es gelang aber nicht, den Film wegen Einflussnahme während des Wahlkampfs abzusetzen. Belvaux hat sehr genau die Mechanismen des Rechtsextremismus studiert und mit überzeugenden ProtagonistInnen (Emilie Dequenne, André Dussollier) authentisch inszeniert.

Kurz vor den Bundestagswahlen findet der Film jetzt den Weg in die deutschen Kinos und wird im Filmforum Höchst zusammen mit dem deutschen Film 6 Jahre, 7 Monate und 16 Tage: Die Morde des NSU gezeigt. Dass die faschistische Rechte in Europa immer noch sehr aktiv ist und war, zeigte in Deutschland die Mordserie des NSU, der über Jahre hinweg rassistische Morde beging. Die vielen Pannen bei den Ermittlungen, die falschen Fährten denen nachgegangen wurde, das Schreddern von Beweismaterialien, die Verstrickungen von V – Männern, die Verdächtigungen gegen die Opfer sind ein großer Skandal der deutschen Nachkriegs-geschichte. Sobo Swobodnik nähert sich in seinem Film dieser Mordserie des NSU mit Bildern, die durch Textcollagen unterstützt werden - gelesen von SchauspielerInnen des Berliner Ensembles.


CHEZ NOUS – DAS IST UNSER LAND!

Lucas Belvaux, FR/ Belgien 2017, 117 min., OmU

Do, So 18.30 / Fr, Sa, Mo, Di, Mi 20.30

Eine Stadt in Nordfrankreich. Pauline (Emilie Dequenne) ist Krankenschwester, ihre Patienten sind meist Alte oder arme Leute. Sie hat Zugang zu den Wohnungen und den Menschen, auch in den sog. Problemvierteln. Man vertraut ihr, sie engagiert sich für ihre Patienten.Die ideale Kandidatin für die kommenden Kommunalwahlen und so fragt sie der örtliche „nette“ und engagierte Arzt (André Dussollier), ob sie nicht für seine Partei, den Patriotischen Block kandidieren will. Schon bald steht sie im Wahlkampf für die vermeintlich in die politische Mitte gerückte rechtradikale Partei und trifft sogar deren Vorsitzende. Zudem hat sie einen neuen Freund, der sie allerdings über seine Vergangenheit im Unklaren lässt. Schon bald kommen ihr Zweifel, da sie den unverhohlenen Rassismus bemerkt und die Verbindungen ihrer Partei zu deren alten Kampfgefährten realisiert, die jetzt in den Reihen der identitären Bewegung stehen.


6 JAHRE, 7 MONATE UND 16 TAGE: DIE MORDE DES NSU

Sobo Swobodnik, D 2017, 76 min.

Do, So 20.45 / Fr, Sa, Mo, Di, Mi 18.30

​In 6 Jahre, 7 Monate und 16 Tage, dem Zeitraum in dem der „Nationalsozialistische Untergrund“ zehn Morde gegenüber Migranten und einer deutschen Polizistin verübt haben, nähert sich der Regisseur essayistisch dieser unvergleichlichen rechtsextremistischen Mordserie ausschließlich mit Bildern der zehn Tatorte in einer visuellen kardiographischen Vermessung. Die Orte als stumme Zeugen der Anklage, der Reflexion und Erinnerung. Diese Bilder werden ergänzt von einer Textcollage, bestehend aus Zeitungsmeldungen, Ermittlungsprotokollen, Prozessaussagen, den Statements von Hinterbliebenen und Fach-leuten - gelesen von Schauspielern des Berliner Ensembles - die wiederum eingebettet werden in eine Musik-Ton-Komposition des Berliner Musikers Elias Gottstein („Guaia Guaia“).

Dafür gabs beim diesjährigen Münchner Dokumentarfilmfestival den Dokumentarfilmmusikpreis.


Hinweis
In Weltexpresso wurde gerade die Filmkritik veröffentlicht, zusammen mit einem spannenden Interview des Regisseurs
https://weltexpresso.de/index.php/kino/10704-das-ist-unser-land
https://weltexpresso.de/index.php/kino/10705-interview-mit-lucas-belvaux-teil-1
https://weltexpresso.de/index.php/kino/10706-interview-mit-lucas-belvaux-teil-2


Foto: Das ist unser Land © Verleih

Info: 
Informationen und Trailer der Filme finden sich unter www.filmforum-höchst.de
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Str. 46a, 65929 Frankfurt a.M.
Eintritt 7 € (Frankfurt Pass 3,50 €), Kartenreservierung unter Telefon 069 212-45714