f jugendohne2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. August 2017, Teil 12

Filmheft

Berlin  (Weltexpresso) –  Von Ende April bis Ende Juni 2016 drehte das Team von JUGEND OHNE GOTT für insgesamt 36 Tage an diversen Originalschauplätzen in Bayern, Hessen und Berlin, die die Filmcrew nach langer Suche ausfindig gemacht hatte. Jedes Bundesland verkörpert dabei jeweils einen der Handlungsorte.

Als die verschiedenen Teile der Großstadt im Film – einerseits die Sektoren für die Oberschicht oder „Leistungsträger“ mit ihren modernen Gebäuden, andererseits die äußeren Sektorenbereiche, wo die ärmeren Menschen und Dienstleister leben, die „Leistungsempfänger“ – dienen die Straßen von Frankfurt und Berlin. Den Wald, in dem das Camp der Jugendlichen liegt und in dem der Großteil der Story stattfindet, fanden die Macher hingegen bei Garmisch-Partenkirchen in Oberbayern. „In Bayern wollten wir etwas haben, was sich ganz stark absetzt von dem, was Frankfurt und Berlin als Innenstädte bieten“, erläutert Produzent Aselmann. „Wir erzählen die Geschichte ja so, dass diese Jugendlichen aus gutsituierten Verhältnissen stammen, selten in der Natur sind und nun überwältigt werden vom Alpenpanorama. Deshalb brauchten wir Motive, die diesen Kontrast möglichst gut wiedergeben.“

Doch der Drehort in den Bergen hatte auch seine Tücken, wie das Filmteam feststellen musste. So erforderte die abgeschiedene Lage eine gute Planung seitens Produktions- und Aufnahmeleitung. Täglich mussten die diversen Stabs- und Besetzungsmitglieder über einen Waldweg zum Drehort befördert werden, den nur eine begrenzte Anzahl von Fahrzeugen befahren konnte. Darüber hinaus war es vor allem das Wetter, das die Dreharbeiten um einiges erschwerte, wie Alain Gsponer zugibt: „Wir hatten ziemliches Wetterpech. Es hat sehr viel geregnet und das Team musste sehr flexibel sein. Dem Film merkt man das glücklicherweise nicht an, weil es inhaltlich ohnehin öfter regnet. So konnten wir diese Szenen dann zum Teil einfach auf die Regentage legen. Ein ganz anderes Problem war, dass im Mai teilweise immer noch Schnee lag, die Vegetation noch nicht so weit war und es wirklich kalt war. Das hat sich zwar mit der Zeit gegeben, aber es waren eben keine leichten Bedingungen für uns.“

Allerdings war es mit dem Tauwetter nicht getan, wie Sophia Aldenhoven hinzufügt: „Anfangs war der Boden gefroren. Aber als er dann langsam auftaute, mussten wir große Eisenplatten durch die Wälder legen, damit die Lastwagen oder die Mitarbeiter und Schauspieler da nicht einsacken.“

Im Rahmen der diversen wetterbedingten Drehplanänderungen erwies es sich vor allem von Vorteil, dass die Produzenten in Alain Gsponer einen bestens strukturierten und sehr gut vorbereiteten Regisseur hatten, wie Aldenhoven fortfährt: „Dass Alain so außerordentlich durchdacht arbeitet, ist bei einem solchen Logistikprojekt doppelt soviel wert. Wenn man nicht so gut strukturiert ist wie er oder auch unser Kameramann Frank Lamm, dann kann das sehr schnell den ganzen Dreh umwerfen. Aber gerade diese beiden haben als Team bestens funktioniert. Es gab sehr viel Flexibilität, weil sie genau wussten, was ansteht und was geplant ist, und sie jederzeit den Film vor Augen hatten. Bei solchen schnellen Umplanungen ist es keinesfalls selbstverständlich, dass alle so pragmatisch denken.“

Es sind allerdings nicht nur Alain Gsponers strukturelle Fähigkeiten, die Uli Aselmann beeindruckt haben, sondern vielmehr seine künstlerischen: „Ich denke, dass Alain einer der besten Schauspielerregisseure ist, die wir in Deutschland haben. Er geht mit viel Respekt und Einfühlungsvermögen auf seine Darsteller ein, führt sie aber ebenso mit einer klaren Handschrift. Seine visuelle Kraft und seine Konzentration sind außergewöhnlich, gerade bei so einem großen Projekt, das immer auf Messers Schneide steht, was die Drehbedingungen angeht. Und selbst wenn er doch mal ein wenig verunsichert sein sollte – wegen Umständen, auf die wir alle keinen Einfluss haben – dann nimmt man ihn unter den Arm und sagt ‚Komm, Alain, wir schaffen das!‘ Und dann ist er der Letzte, der sagt ‚Nein, ich will aber nicht.‘ Er ist ein wirklich kraftvoller Mensch. Das schafft viel gute Laune und motiviert einen auch als Produzenten. Es war wunderbar mit ihm zu arbeiten.“

Eine der aufwändigsten Szenen von JUGEND OHNE GOTT sieht vor, dass einer der Schüler in einen Fluss klettert, um auf die andere Seite zu gelangen, und dabei den Halt verliert. Aufgrund des Wetters wurde auch dieser Dreh noch gefährlicher, da der betreffende Fluss im Mai das Schmelzwasser aus den Alpen mitführte und somit die Strömung noch reißender war. Alain Gsponer erinnert sich: „Die Flussszene war wirklich problematisch, weil mir vorher gar nicht bewusst war, wie gefährlich so etwas tatsächlich ist. Unsere Stunt-Leute meinten, sie springen lieber aus 40 Metern Höhe in die Tiefe als in diesen Fluss, mit seinen Wirbeln und Strömungsschwankungen, die sie nicht kontrollieren können – und die sie vom Ufer aus nicht sehen. Sie haben vorab sehr viele Probeläufe gemacht, damit vor laufender Kamera alles klappt. Bei anderen Stunts, Stürzen und ähnlichem, hatten sie eher einen Adrenalinschub, aber hier bekamen sie echt Angst. Wir hatten natürlich Rettungsleute und auch Kanufahrer überall, aber es war schon ein ziemlicher Aufwand, das zu drehen.“

„Die Szene am und im Fluss war vor allem deshalb recht anspruchsvoll“, ergänzt Sophia Aldenhoven, „weil es eine sehr interessante Mischung war. Es musste möglichst gefährlich aussehen, durfte gleichzeitig aber nicht so gefährlich sein, dass die Stuntleute in Gefahr gekommen wären. Das war eine große Herausforderung für das ganze Drehteam, aber Herausforderungen wie diese haben alle irgendwie zusammengeschweißt.“

Doch weder das Wetter noch die erschwerten Bedingungen vor Ort oder die teils aufwendigen Szenen konnten die Laune am Set trüben, wie sich der Regisseur erinnert: „Die Stimmung war wirklich super. Trotz der tagesbedingten Erschöpfung wurde hin und wieder noch spät abends gefeiert. Der ganze Dreh war natürlich irgendwie wie eine Klassenfahrt, deshalb musste man manchmal aber ein wenig darauf achten, dass diese Stimmung nicht zu dominant wurde. Viele Komparsen waren täglich da und sind dadurch auch ein Teil des Teams geworden. Und blieben eben nicht nur Komparsen, sondern wurden zu Darstellern. Das war sehr schön.“

Auch Uli Aselmann nahm diese Stimmung so wahr: „Die Schauspieler haben sich teilweise erst bei dem Dreh kennengelernt, doch sie wurden dann schnell eine eingeschworene Gemeinschaft. Das habe ich auch beim Bergfest mitbekommen, dass sicherlich eines der außergewöhnlichsten meiner ganzen Produzentenlaufbahn war. Da hat man gemerkt, dass wir alle ein gut gelauntes, motiviertes Team waren und wussten, dass wir einen Film machen, der auch Spaß macht, was das Production Value, die Figuren und die Geschichte angeht.“


Foto: © Constantin Verleih

Info:

DIE BESETZUNG

FAHRI YARDIM (Lehrer)
EMILIA SCHÜLE (Ewa)
ANNA MARIA MÜHE (Loreen)
ALICIA VON RITTBERG (Nadesh)

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