f fantastischefrauSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. September 2017, Teil 2

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Marina steht unter Schock. Ihr Geliebter ist tot. Noch vor wenigen Stunden hatten sie einen schönen Abend verbracht, getanzt und Sex gehabt. Dann folgte ein Sturz auf der Treppe, und Orlando musste mit einem Aneurysma in die Notaufnahme, wo man nichts mehr für ihn tun konnte.

Die Zurückgebliebene muss nicht nur diesen Schmerz verkraften. Die Familie des 20 Jahre älteren End-Fünfzigers begegnet ihr gehässig, schließt sie von der Beerdigung aus, bespuckt und bedroht sie. Vor allem der Sohn und die Ex-Frau, die Orlando ihretwegen verließ, stören sich daran, dass Marina als Mann geboren wurde.

Die Situation von Transsexuellen zwischen Diskriminierung und Identitätssuche, die der chilenische Regisseur Sebastián Lelio eindringlich aufgreift, beschäftigt das Kino schon seit geraumer Zeit. Seit „The Danish Girl“, starbesetzt mit Eddy Redmayne, ist das Thema auch im Mainstream angekommen. Wiewohl neuerdings auch prominente Schauspielerinnen in Transgender-Rollen zu erleben sind wie zum Beispiel Fanny Ardent in ihrem jüngsten Film „Lola Pater“, der kürzlich in Locarno Weltpremiere feierte, besetzte Lelio seine „fantastische Frau“ mit einer transsexuellen Künstlerin und mithin besonders authentisch.

Daniela Vega überzeugt als eine starke Persönlichkeit, die sich nicht unterkriegen lässt, überlegen schweigt, wenn Leute sie provokant als Mann ansprechen, aber auch auf ihrem Recht beharrt und selbstbewusst protestiert, wenn der Staat sie erniedrigt. In Chile ist die Intoleranz freilich noch stärker verbreitet als im westlichen Europa. In der schmerzreichsten Szene zwingt eine Kommissarin Marina zu einer medizinischen Untersuchung, bei der sie sich entblößen muss. Trotz alledem wahrt die Heldin ihre Würde und geht konsequent ihren Weg.

Die Kamera feiert sie dabei, taucht sie in warmes Licht, exponiert ihr apartes Gesicht in Großaufnahmen und schafft damit einen starken Kontrast zu all der Feindseligkeit.

Am Ende kann Marina schließlich doch noch trauern, ganz in Schwarz stimmt sie Händels berühmtes Lamento „Ombra mai fu“ an. Vega, selbst Sängerin, macht daraus ein kraftvolles, berührendes Finale.

Fazit: Feinfühliges Drama einer sich emanzipierenden Transsexuellen


Foto: © Verleih

Info: 
Der Film lief auf der diesjährigen Berlinale im Wettbewerb; hier unsere Kritik:
https://weltexpresso.de/index.php/kino/9090-una-mujer-fantastica