f circleSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. September 2017, Teil 5

Kirsten Liese

Berlin (Welexpresso) - Ein Guru propagiert perfide Visionen und alles jubelt ihm zu: „Würden Sie ein Verbrechen begehen, wenn man Ihnen dabei zuschaut?“ fragt er seine Gemeinde und wirbt dafür, mittels winziger Überwachungskameras jeglicher Form von Kriminalität vorzubeugen.

Etwas beängstigend Hypnotisches liegt in diesen Bildern, sie erinnern an sektenähnliche Versammlungen und beschreiben Auswüchse der Digitalisierung.

Regisseur James Ponsoldt gelingt es, die beunruhigende Atmosphäre, die sich durch Dave Eggers gleichnamigen Bestseller zieht, in seiner verdichteten, packenden Adaption in Bilder zu übersetzen. Es ist eine verstörende Fortschreibung von Huxleys „schöner neuer Welt“.

Am Anfang mag man sich noch identifizieren mit der jungen Mae, die neu im „Circle“ ist, einem mächtigen Internetkonzern. Emma Watson lässt sie nachdenklicher wirken als die übrigen Yuppies, denen jeglicher Menschenverstand abhanden gekommen zu sein scheint. Aber irgendwann lässt auch sie sich mitreißen, wiewohl sie merkt, dass mit diesem System etwas nicht stimmt. Gänzlich unverständlich ist das nicht. Im Hinblick auf ihren MS-kranken Vater, den das Unternehmen kostenlos mitversichert, erlebt sie eine bis dahin ungekannte Fürsorge. Und vor allem glaubt Mae fest daran, dass der charismatische Mann an der Spitze des übermächtigen, sozialen Netzwerks, den Tom Hanks trefflich als einen verkappten Steve Jobs gibt, das Leben aller Menschen verbessert.

Düster wird der Film, der auf Internetriesen wie Google, Facebook und Amazon anspielt, in der Erkenntnis, dass hier keineswegs ein totalitäres Regime eine moderne Form der Sklaverei einführt, sondern die Mitglieder freiwillig ihre Privatsphäre aufheben und einen derart sozialen Druck entwickeln, dass alle mitmachen müssen.

Nachdem die Heldin eines Nachts mit einem geklauten Kajak auf stürmischer See untergegangen wäre, wenn sie nicht ein Rettungshubschrauber hätte punktgenau orten können, will sie sogar als Erste eine Kamera an ihrem Körper tragen, so dass jeder rund um die Uhr an ihrem Leben teilhaben kann. Der fragwürdig hohe Preis, den sie dafür zahlt, wird ihr erst bewusst, als es kein Zurück mehr gibt.


Fazit: Beklemmender Thriller über eine digitalisierte Welt ohne Privatsphäre


Foto: © Verleih