DER DEUTSCHE FREUND von Jeanine Meerapfel mit Max Riemelt und Benjamin Sadler

 

Miriam Leister und Rebecca Riehm

 

Frankfurt am Main(Weltexpresso)- Eigentlich hätte in die Überschrift der Name CELESTE CID gehört. Doch diese argentinische Schauspielerin, die im Film Sulamit ist, kennt man hier noch nicht weiter, was sich nach diesem Film ändern wird, denn sie spielt diese über Jahrzehnte verlaufende Rolle auf wunderbare Weise.

Die Premiere

Das Frankfurter Kino war randvoll, denn vom Film hatten viele schon gehört und die Regisseurin Jeanine Meerapfel leitete selbst den Film ein und stand nach der Vorführung für eine Diskussion zur Verfügung. Und auch der heftig beklatschte Max Riemelt war gekommen. Durch eine technische Panne hatten die Zuschauer besonders viel von der Vorführung. Denn es wurde die Originalversion auf Spanisch gezeigt mit deutschen Untertiteln. Doch die unterblieben ab irgendwann und so wurde auf die deutsche Fassung umgestellt. Das war interessant, denn das Deutsche und das argentinische Spanisch sind doch so unterschiedlich.

Als man dann im Gespräch nach dem Film erfuhr, daß beim Drehen Max Riemelt Deutsch sprach und Celeste Cid Spanisch, weil sie Deutsch nicht kann, konnte man die im Film spürbare Vertrautheit beider überhaupt nicht mehr verstehen. Dabei hat gerade die gegenseitige verbale Unverständlichkeit dazu geführt, daß Körpersprache das Wichtigste wurde – und genau das spürt man beim Zuschauen. Da unsere Kollegin in den wöchentlich anlaufenden Filmen auch über DEN DEUTSCHEN FREUND schreiben wird, haben wir uns jetzt auf den Inhalt konzentriert.

Der Film

Die unendlichen Weiten und eindrucksvollen Landschaften, später erfährt man, daß man Patagonien im Süden Argentiniens sieht,kommen schon im Vorspann sofort zur Geltung. Durch den Originalton Spanisch, wirken Dialog und Wendepunkte sehr authentisch.



In den Fünfzigern

Sulamit, ist ein jüdisch-deutsch stämmiges Mädchen, das sich mit ihren Eltern vor der Vernichtung durch die Nazis nach Argentinien retten konnte. Sie wächst in einem gut bürgerlichen Stadtteil von Buenos Aires auf, wo man Häuser besitzt, Dienstboten und auf Privatschulen geht. Die Nachbarn der jüdischen Familie sind ebenfalls Deutsche. Aber diejenigen, die sich erst nach dem Krieg nach Argentinien 'retteten', um der Bestrafung zu entgehen. Der Vater des so netten blonden Friedlich ist nämlich ein ehemals SS-Obersturmbannführer.



Die beiden Kinder kämpfen sich durch die Verfeindung der beiden Familien, dabei entwickelt sich eine tiefe und herzvolle Freundschaft. Sulamit verbringt viel Zeit bei der deutschen Familie, selbst Weihnachten ist sie ein geduldeter Gast. Der geliebte Vater von Sulamit ist sehr krank und verstirbt, Friedrich bleibt ihr ein stetiger Freund. Die Mutter muss die Villa verkaufen und zieht mit Sulamit in eine kleine Wohnung. Die beiden Freunde halten noch lange den Kontakt, dann verlieren sich aus den Augen, darunter leidet nicht nur ihre Freundschaft, vor allem ihre stille Liebe zueinander.

In den Sechzigern

Im Laufe der Jahre werden ihre Gefühlswelten immer wieder auf die Probe gestellt. Friedrich (Max Riemelt) findet alle Beweise, die die dunkle Vergangenheit des Vaters beweisen und will mehr darüber wissen, weshalb er sich entschließt, nach Deutschland zwecks Studium zu gehen. Er bekommt ein Stipendium und zieht nach Frankfurt. Das ist die äußere Welt, doch in Gedanken sind die beiden immer beieinander.

Sulamit hält es nicht mehr aus, sie vermisst Friedrich sehr und möchte ihm nachreisen. Deshalb geht sie wenige Jahre später – der DAAD macht es möglich, noch einmal ein Hoch auf diese Einrichtung, die ausländischen Studenten ein Studium in Deutschland ermöglicht - ebenfalls mit einem Stipendium nach Frankfurt. Man kann die Veränderung an Friedrichs Wesen bei ihrer Anreise deutlich spüren. Wir sind in den späten Sechzigern, die studentische Protestbewegung bestimmt und kontrolliert sein Leben.

Die beiden entfernen sich wieder einmal von einander und ihre Liebe droht erneut zu zerbröckeln, doch im Tiefen lassen die Gefühle nicht nach. Deutlich fühlt man, dass Sulamit sich eine gemeinsame Zukunft mit Friedrich wünscht, doch in seinem Leben ist dafür einfach kein Platz, er bemerkt es nicht einmal, dass er sie verlieren könnte.

Sulamit lernt den Universitätsassistenten Michael (Benjamin Sadler) kennen, einen rundherum passablen Mann, der Wissen und gesellschaftliches Engagement mit Gefühl verbinden kann; beide kommen sich näher. Er verliebt sich, Sulamit fühlt sich geborgen und gut aufgehoben. Jedoch weiß sie auch, dass es keine vergleichbare Liebe werden kann und bleibt immer etwas auf Distanz. Michael spürt das, doch er weicht nicht von ihrer Seite.

In den Siebzigern

Schließlich erfährt Sulamit, dass Friedrich – wir sind jetzt in den Siebzigern zur Zeit der Militärdiktatur - nach Argentinien zurückgegangen ist. Michael bittet sie in diesem schwachen Moment, mit ihm nach Köln zu kommen. Eine idyllische Wohnung am Rhein erwartet sie, doch richtig in der gemeinsamen Wohnung kommt Sulamit nie an. Schließlich erreicht sie die Nachricht, dass Friedrich in Argentinien verschleppt wurde, niemand weiß, ob er noch am Leben ist. Sie wird unruhig und hat Angst um ihn.



Als sie erfährt, dass er lebt und im Gefängnis sitzt, macht Sulamit sich kurzer Hand auf den Weg nach Argentinien. Sulamit nimmt eine lange und beschwerliche Busfahrt auf sich, unterzieht sich einer demütigen Besucherkontrolle der Gefängniswärterin, damit sie Friedrich einen kurzen Moment lang in die Augen schauen kann. Doch wieder einmal erkennt er nicht, wie sehr er Sulamits Gefühle verletzt und nur seinen eigenen Kampf in sich trägt. Er ist abgestumpft, versucht nur noch zu überleben.

In Deutschland wieder angekommen, trennen sich Sulamit und Michael im beidseitigen Guten. Die Liebe zu Friedrich überwiegt und Michael hat das nun akzeptiert. Nach der Haftentlassung von Friedrich, erhält Sulamit einige Briefe von ihm. Er bittet sie, nach Argentinien zurück zu kehren, er möchte ihr sein Leben zeigen, seine Einsicht und Entwicklung. Endlich hat er all seine jahrelangen Kriege beendet und seinen Platz gefunden. Sie stehen sich gegenüber, alles scheint so einfach und nah zu sein, doch wieder einmal bleibt es ungewiss, ob die Zukunft zusammen und vereint weiter geht.Aber man geht mit dem Gefühl aus dem Kino, daß es die beiden schon schaffen werden. Und wenn nicht, so haben sie es zumindest über Jahrzehnte versucht.