f radianceSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. September 2017, Teil 4

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein leiser Film, der uns sanft in eine andere Welt mitnimmt und je länger wir zusehen, desto ruhiger und kleinteiliger, also auch empfindlicher werden.

Misako Ozaki (Ayame Misaki) ist eine junge Frau, die Arbeit und Leidenschaft vereinen kann, denn sie erstellt Hörfassungen von Kinofilmen für die Menschen, die die Leinwand nur als graue Masse sehen, also sehbehindert sind. Der Film beginnt mit einer Versuchsanordnung, denkt man. Einer setzt sich auf den Kinostuhl und schon hört man aus dem Hintergrund: „Test, Test, Test....Und dann hört man Misako, wie sie langsam und deutlich alles aufzählt, was der Mann nun auf der Leinwand sieht: eine belebte Straße einer japanischen Stadt mit den Menschen, den Autos...

Wir sind im gesehenen Film inzwischen weiter. Denn zu dem Mann gesellt sich eine Frau. Der Altersunterschied ist groß und Misako führt ihrer Testgruppe das vor, was man offiziell Audiodeskriptionen nennt. Es geht um Liebe zwischen Ungleichen und die Gruppe hilft der Wortefinderin, genauere Ausdrücke zu verwenden.

Nur der erste aus der Gruppe, der sprach, es ist Nakamori (Nagase Masatoshi), dem sind die Worte viel zu viel, der will allein die Leinwand sprechen lassen und ncht Misako. Das Kontraproduktive oder auch, was psychoanalytisch seine Harschheit deutet, ist die Tatsache, daß er, ein berühmter Fotograf, sein Augenlicht verliert, eine progressive Augenkrankheit. Aber die laut gescholtene Misako ist darob tief verletzt. Sie ist eine von denen, die immer das Gute wollen. Darum versucht ihre Supervisorin – wir sind im effektiven Japan! -, der Gescholtenen mit einem Fotoband des Aufsässigen seinen Hintergrund deutlich zu machen: die wie dahingewehten Bilder, konturenlos und schwebend sind Ausfluß seiner Sehschwäche. Das rührt sie.

Auch Misakos private Situation bekommen wir mit. Ihr Vater verschwand bei einer Wanderung, sie die Vatertochter muß sich jetzt um die Mutter kümmern, die dement wird. Als wir dann erleben, daß Misako bei Nakamori eine Lupe vorbeibringen soll, er sie hereinbittet und ein Gespräch beginnt, denken wir schon, aha, jetzt geht es im Film so weiter wie der Film im Film, dieser Liebesgeschichte, die Misako mit Worten anreichert, aber dann streiten die beiden heftig...

Und doch geht es weiter in der von uns erwarteten Richtung. Aber ganz leicht und zart.. Sie kochen sie zusammen, dann streiten sie wieder, es ist etwas in Gang gekommen, von dem die Zuschauer, als der Film längst aus ist, immer noch annehmen, daß eine Annäherung der beiden stattfinden wird. Die Liebe scheint nicht weit, nicht im Film im Film und nicht bei unseren beiden Protagonisten.

Foto: © Verleih