Filmheft
Paris (Weltexpresso) – WIE DIE MUTTER, SO DIE TOCHTER – Eine Mutter und ihre Tochter, zutiefst miteinander verbunden und dabei gänzlich verschieden, werden gleichzeitig schwanger... Wie kamen Sie zu diesem Stoff?
Die Idee stammt aus einer Frauenzeitschrift! Darin berichtete eine Leserin von dem Schockmoment, als ihre Mutter ihr beichtete, dass sie, wie ihre Tochter, schwanger ist. Agathe Pastorio und ich wollten schon lange zusammen ein Drehbuch schreiben. Wir hatten nur noch nach dem richtigen Stoff gesucht – ein Frauenthema, das berührt und auch zum Lachen bringt. Als wir die Geschichte dieser jungen Mutter und ihrer Mutter gelesen haben, war uns beiden klar, dass das der ideale Stoff für einen Film ist, und so setzten wir uns an das Drehbuch. Unsere Recherchen zum Thema Schwangerschaft bei Mutter und Tochter ergaben recht schnell, dass dieses Phänomen vor allem in Englands Mittelschicht nicht so selten ist. Unsere Geschichte war also gar nicht so absurd!
Mit Beendigung unserer Recherchen haben wir den Stoff nach dem Wollknäuel-Prinzip weiterentwickelt und hatten eine helle Freude daran, die üblichen Geflechte aufzudröseln, zu entwirren und daraus schließlich etwas Neues zu spinnen und die Rollen zu vertauschen. Hier ist es die Mutter, die ihrer Tochter auf der Tasche liegt, ihre Wohnung besetzt und sich wie ein schusseliger Teenager benimmt. Die Figur der Mutter haben wir unordentlich und ein bisschen durchgeknallt und dabei bewusst konträr zur Figur der Tochter gezeichnet, die äußerst gewissenhaft und verantwortungsbewusst ist und nicht nur ihre Mutter, sondern auch ihren Freund finanziert. Die Unterschiede zwischen den beiden Frauen haben wir aufs Äußerste ausgereizt, denn jede gute Komödie fußt auf einem ordentlichen Konflikt.
Man muss die Figuren ihren schlimmsten Albträumen aussetzen, aber auf eine Weise, dass das Komische das Dramatische aussticht. Und was gibt es Schlimmeres für eine frisch gebackene Schwangere, als 24/7 die eigene Mutter bemuttern zu müssen! Agathe und ich hatten großen Spaß daran, für dieses spannungsgeladene Mutter-Tochter-Verhältnis die passenden Situationen zu erfinden. Es war uns dabei aber auch sehr wichtig, dass der Film eine Ode an die Mutterschaft wird, auch wenn es Streitereien gibt, so sind diese doch niemals von Bitterkeit oder Boshaftigkeit begleitet. Trotz aller Konflikte funktionieren Mutter und Tochter wie eine Einheit, das war unsere Ausgangsbasis. Streitigkeiten und
Ärgernisse zuhauf, ja, aber immer von einem Mantel der Zärtlichkeit und Zuneigung umhüllt.
Warum verfassen Sie die Drehbücher Ihrer Filme selbst – und warum sind Sie dabei stets zu zweit?
Die Lust darauf, einen Film zu machen, kommt bei mir mit dem Schreiben. Ich habe immer einen Stift in der Hand. Als ich klein war, träumte ich davon, Schriftstellerin zu werden. Später dann wollte ich Journalistin werden, bin aber durch die Aufnahmeprüfung gerasselt. Zwischenzeitlich hatte ich an einem Dokumentarfilm gearbeitet und so kam alles ins Rollen. Ich finde, ein Drehbuch verlangt mindestens zwei Verfasser, es braucht einfach mehrere Köpfe für den Input, den sprachlichen Austausch, die Dialoge. In Frankreich ist der Autor meist auch der Regisseur, in anderen Ländern sind die Drehbücher oft das Ergebnis von Gemeinschaftsarbeiten – und das funktioniert gut! Wenn man zu zweit ist, weiß man sofort, ob etwas passt, lustig ist oder nicht.
Außerdem ist das Drehbuchschreiben an sich schon ausreichend mühsam. Man muss Tausende von Sätzen durchgehen, drehen und wenden, Ideen entwickeln und auch wieder verwerfen. So war Mado zu Beginn unserer Arbeit gänzlich verrückt, sehr zum Nachteil ihrer Tochter. Es war alles andere als einfach, dieses Verhältnis in ein gutes Gleichgewicht zu bringen.
Sie haben Avril einen sehr seltsamen Beruf gegeben – sie ist die "Nase" einer Haushaltsmarke. Ist das ein Beruf, den Sie für diese Rolle erfunden haben?
Ganz und gar nicht, diesen Beruf gibt es wirklich! Eine Freundin, die selbst als "Nase" für Parfums arbeitet, hat mir davon erzählt. Wissenschaftlich-akribisch, intelligent und ein wenig sexy – aber nicht zu sehr, dabei auch kreativ, der ideale Beruf für Avril. Zumal dieser Beruf mit dem veränderten Geruchssinn während der Schwangerschaft wunderbares Katastrophenpotenzial aufweist! Agathe und ich haben uns wirklich köstlich amüsiert! (lacht)
Hatten Sie beim Schreiben bereits bestimmte Schauspieler im Kopf?
Bei der Rolle der Tochter habe ich sofort an Camille Cottin gedacht, für mich ist sie die talentierteste und mutigste Schauspielerin ihrer Generation. Ganz egal, wie wunderlich, verzweifelt, überspitzt Szenen auch geschrieben sein mögen, ihr Spiel ist immer stimmig, nie "überspielt". Außerdem hat sie den nötigen Mut, alles auszuprobieren. Ihr Spiel ist ein sehr physisches, wenn sie spielt, spricht ihr ganzer Körper. Man möchte meinen, sie hätte jahrelang getanzt.
Ich finde es überwältigend, was sie vor der Kamera aus einer Rolle herausarbeitet, ich bin jedes Mal so begeistert, dass mir das Schneiden ihrer Szenen unheimlich schwer fällt. Und sie ist eine meiner engsten Freundinnen, ich kann mir nicht vorstellen, einen Film ohne eine Figur zu machen, die ihr oder mir ähnelt. Denn Camille ist meine Muse und mein Alter-Ego, für mich ist sie wie eine Zwillingsschwester. Meine eigenen Neurosen, Fragen und meine Fantasie stecken in den Figuren, die ich für sie kreiere. Camille eignet sich in ihren Figuren diese, meine Eigenheiten auf wundervolle Weise an.
Wie kam es, dass Sie Juliette Binoche gefragt haben, die Rolle der Mutter zu spielen?
Ich war schon immer ein großer Fan von Juliette. Auch sie gehört für mich zu den Schauspielerinnen, die mit all ihren Entscheidungen und ihrem Spiel großen Mut beweisen. Auch sie hat keinerlei Scheu vor Abweichungen von der Norm. Man hat sie lange nicht mehr in einer Rolle gesehen, in der sie zugleich strahlend und verrückt ist. Ich wusste, wenn sie die Rolle annimmt, wird es keine bessere Darstellung der Mado geben, denn sie ist wunderschön, eigen, schelmisch, geerdet und abgehoben zugleich, sie lacht gerne und bringt andere zum Lachen, und versteht es ebenso, zu Tränen zu rühren.
Ich habe ihr das Drehbuch geschickt, ohne wirklich daran zu glauben, dass sie zusagt. Ich habe mich selbst als überheblich empfunden, der großen Juliette Binoche eine Rolle anzubieten! Sie hat das Drehbuch gelesen und als sie mich anrief und zusagte, war ich schier verrückt vor Freude! Ich war mir sicher, dass sie und Camille ein wundervolles und rührendes Duo abgeben würden. Sie sind sich zwar nicht wirklich ähnlich, aber sie haben eine unbekümmerte Furchtlosigkeit gemein, ein tiefes Gespür für die Komödie und eine absolute Aufrichtigkeit und Großzügigkeit. Außerdem spielen sie beide sehr physisch, sehr "amerikanisch", was ich sehr gerne mag. Wodurch ihr Mutter-Tochter-Gespann unheimlich eindringlich und unwiderstehlich wird! Die Dreharbeiten mit den beiden waren ein wahres Vergnügen!
Was war Ihnen bei der Besetzung der männlichen Rollen wichtig?
Für die Rolle von Camilles Vater schwebte mir ein Schauspieler à la Hugh Grant vor – groß, schön, sexy, elegant und mutig, denn er musste ja Camilles Mutter, also Juliette, gefallen! Ich hatte sofort Lambert Wilson vor Augen. Da er ein großer Musikfan ist (er tanzt und singt), haben wir ihn in seiner Rolle Dirigent eines Orchesters werden lassen. Ein wunderbarer Beruf für seine Rolle, denn genauso ernsthaft, wie er ausgeübt werden muss, lässt er auch der Exzentrik die Türen offen. Lambert hat sehr viel an seiner Rolle gearbeitet und hat dabei jede Menge Selbstironie bewiesen!
Die Rolle des Louis, Avrils Mann und werdender Vater, war hingegen weitaus schwieriger zu besetzen. Er sollte um die dreißig sein, glaubhaft als Ehemann von Camille, gleichzeitig aber ein bisschen wie ein verträumter Spinner daherkommen. Ich habe mir sicher ein Dutzend Kandidaten angesehen, bevor ich eines Tages Michaël Dichter entdeckt habe, der einfach der Beste für diese Rolle war! Michaël ist Schauspieler und auch Regisseur und ich freue mich, wenn er durch den Film weitere Aufmerksamkeit bekommt. Denn er ist mir sehr ans Herz gewachsen und ich hoffe sehr, dass er noch viel Erfolg haben wird!
Welche Rolle spielt die Filmmusik? Die ja sehr mitreißend, sehr frech ist.
Ich liebe diese Musik! Sie unterstreicht den lebhaften Grundton des Films, die Heiterkeit, und begleitet dabei auch auf wunderbare Weise Mados Unbeschwertheit. Matthieu Chedid hat sie komponiert. Er hatte zu "Toute première fois" bereits einen großartigen Song geschrieben, wir haben uns für eine Coverversion von "Boum" von Charles Trenet entschieden und gemeinsam "Hey Hey" (er die Musik, ich den Songtext) geschrieben, den seine Tochter singt – ein voller Erfolg!
Genauso wie "Toute première fois" ist auch WIE DIE MUTTER, SO DIE TOCHTER eine fiktive Komödie, die aber in der Realität verankert ist...
Ein realer Ausgangspunkt ist für mich unabdingbar, wenn ich einen Filmstoff entwickle. Ich betrachte die Welt, meine Umgebung, studiere die Menschen. Und wenn ich dann irgendetwas Verrücktes entdecke, entwickle ich daraus Figuren und mein Kopfkino fängt an zu arbeiten. Im Fokus ist dabei immer die Familie, in all ihren Zuständen und Facetten. Das mag daran liegen, dass ich in einer etwas verrückten familiären Umgebung und einer bunt zusammengewürfelten Familie aufgewachsen bin.
Meine Mutter ist eine chaotische Künstlerin und mein anthropologischer Vater (der die Figur von Lambert sehr beeinflusst hat) ist ein total flippiger Intellektueller. Während meiner Kindheit im Senegal wartete er manchmal nach der Schule in einem Baum sitzend auf mich. Oh, was habe ich mich da geschämt! Glücklicherweise hat mein Schwiegervater, den ich sehr gerne mag, ein unheimlich ruhiges, ja beruhigendes Gemüt. Es ist seltsam, denn ich lerne haufenweise verrückte Leute kennen, dabei träume ich von ganz normalen Menschen! (lacht)
Wen wollen Sie mit ihrem Film erreichen?
Alle! Und unter allen vielleicht vor allem die Frauen. Was ich natürlich nicht sagen sollte, weil der Film ja Frauen wie Männer ins Kino locken soll. Seltsam, man würde nie sagen, dass sich ein Männerfilm an ein männliches Publikum richtet. Im Grunde möchte ich, dass der Film Mütter und Töchter zusammenbringt. Und ich wollte zeigen, dass es in der Liebe keine Altersgrenzen gibt und dass nie etwas verloren ist.
Was kommt als nächstes?
Ich möchte einen Film über den Feminismus machen. Eine Frau aus der heutigen Zeit wacht plötzlich im Jahr 1964 auf und erlebt alle entscheidenden Stationen der Frauenbewegung in Frankreich noch einmal. Und dann arbeite ich mit Agathe an einer Serie, in der es um Frauen um die sechzig gehen soll, die sich nach dem Auszug ihrer Kinder nochmal ein neues Leben einrichten – ich finde dieses Thema großartig!
Foto: © Verleih
Man muss die Figuren ihren schlimmsten Albträumen aussetzen, aber auf eine Weise, dass das Komische das Dramatische aussticht. Und was gibt es Schlimmeres für eine frisch gebackene Schwangere, als 24/7 die eigene Mutter bemuttern zu müssen! Agathe und ich hatten großen Spaß daran, für dieses spannungsgeladene Mutter-Tochter-Verhältnis die passenden Situationen zu erfinden. Es war uns dabei aber auch sehr wichtig, dass der Film eine Ode an die Mutterschaft wird, auch wenn es Streitereien gibt, so sind diese doch niemals von Bitterkeit oder Boshaftigkeit begleitet. Trotz aller Konflikte funktionieren Mutter und Tochter wie eine Einheit, das war unsere Ausgangsbasis. Streitigkeiten und
Ärgernisse zuhauf, ja, aber immer von einem Mantel der Zärtlichkeit und Zuneigung umhüllt.
Warum verfassen Sie die Drehbücher Ihrer Filme selbst – und warum sind Sie dabei stets zu zweit?
Die Lust darauf, einen Film zu machen, kommt bei mir mit dem Schreiben. Ich habe immer einen Stift in der Hand. Als ich klein war, träumte ich davon, Schriftstellerin zu werden. Später dann wollte ich Journalistin werden, bin aber durch die Aufnahmeprüfung gerasselt. Zwischenzeitlich hatte ich an einem Dokumentarfilm gearbeitet und so kam alles ins Rollen. Ich finde, ein Drehbuch verlangt mindestens zwei Verfasser, es braucht einfach mehrere Köpfe für den Input, den sprachlichen Austausch, die Dialoge. In Frankreich ist der Autor meist auch der Regisseur, in anderen Ländern sind die Drehbücher oft das Ergebnis von Gemeinschaftsarbeiten – und das funktioniert gut! Wenn man zu zweit ist, weiß man sofort, ob etwas passt, lustig ist oder nicht.
Außerdem ist das Drehbuchschreiben an sich schon ausreichend mühsam. Man muss Tausende von Sätzen durchgehen, drehen und wenden, Ideen entwickeln und auch wieder verwerfen. So war Mado zu Beginn unserer Arbeit gänzlich verrückt, sehr zum Nachteil ihrer Tochter. Es war alles andere als einfach, dieses Verhältnis in ein gutes Gleichgewicht zu bringen.
Sie haben Avril einen sehr seltsamen Beruf gegeben – sie ist die "Nase" einer Haushaltsmarke. Ist das ein Beruf, den Sie für diese Rolle erfunden haben?
Ganz und gar nicht, diesen Beruf gibt es wirklich! Eine Freundin, die selbst als "Nase" für Parfums arbeitet, hat mir davon erzählt. Wissenschaftlich-akribisch, intelligent und ein wenig sexy – aber nicht zu sehr, dabei auch kreativ, der ideale Beruf für Avril. Zumal dieser Beruf mit dem veränderten Geruchssinn während der Schwangerschaft wunderbares Katastrophenpotenzial aufweist! Agathe und ich haben uns wirklich köstlich amüsiert! (lacht)
Hatten Sie beim Schreiben bereits bestimmte Schauspieler im Kopf?
Bei der Rolle der Tochter habe ich sofort an Camille Cottin gedacht, für mich ist sie die talentierteste und mutigste Schauspielerin ihrer Generation. Ganz egal, wie wunderlich, verzweifelt, überspitzt Szenen auch geschrieben sein mögen, ihr Spiel ist immer stimmig, nie "überspielt". Außerdem hat sie den nötigen Mut, alles auszuprobieren. Ihr Spiel ist ein sehr physisches, wenn sie spielt, spricht ihr ganzer Körper. Man möchte meinen, sie hätte jahrelang getanzt.
Ich finde es überwältigend, was sie vor der Kamera aus einer Rolle herausarbeitet, ich bin jedes Mal so begeistert, dass mir das Schneiden ihrer Szenen unheimlich schwer fällt. Und sie ist eine meiner engsten Freundinnen, ich kann mir nicht vorstellen, einen Film ohne eine Figur zu machen, die ihr oder mir ähnelt. Denn Camille ist meine Muse und mein Alter-Ego, für mich ist sie wie eine Zwillingsschwester. Meine eigenen Neurosen, Fragen und meine Fantasie stecken in den Figuren, die ich für sie kreiere. Camille eignet sich in ihren Figuren diese, meine Eigenheiten auf wundervolle Weise an.
Wie kam es, dass Sie Juliette Binoche gefragt haben, die Rolle der Mutter zu spielen?
Ich war schon immer ein großer Fan von Juliette. Auch sie gehört für mich zu den Schauspielerinnen, die mit all ihren Entscheidungen und ihrem Spiel großen Mut beweisen. Auch sie hat keinerlei Scheu vor Abweichungen von der Norm. Man hat sie lange nicht mehr in einer Rolle gesehen, in der sie zugleich strahlend und verrückt ist. Ich wusste, wenn sie die Rolle annimmt, wird es keine bessere Darstellung der Mado geben, denn sie ist wunderschön, eigen, schelmisch, geerdet und abgehoben zugleich, sie lacht gerne und bringt andere zum Lachen, und versteht es ebenso, zu Tränen zu rühren.
Ich habe ihr das Drehbuch geschickt, ohne wirklich daran zu glauben, dass sie zusagt. Ich habe mich selbst als überheblich empfunden, der großen Juliette Binoche eine Rolle anzubieten! Sie hat das Drehbuch gelesen und als sie mich anrief und zusagte, war ich schier verrückt vor Freude! Ich war mir sicher, dass sie und Camille ein wundervolles und rührendes Duo abgeben würden. Sie sind sich zwar nicht wirklich ähnlich, aber sie haben eine unbekümmerte Furchtlosigkeit gemein, ein tiefes Gespür für die Komödie und eine absolute Aufrichtigkeit und Großzügigkeit. Außerdem spielen sie beide sehr physisch, sehr "amerikanisch", was ich sehr gerne mag. Wodurch ihr Mutter-Tochter-Gespann unheimlich eindringlich und unwiderstehlich wird! Die Dreharbeiten mit den beiden waren ein wahres Vergnügen!
Was war Ihnen bei der Besetzung der männlichen Rollen wichtig?
Für die Rolle von Camilles Vater schwebte mir ein Schauspieler à la Hugh Grant vor – groß, schön, sexy, elegant und mutig, denn er musste ja Camilles Mutter, also Juliette, gefallen! Ich hatte sofort Lambert Wilson vor Augen. Da er ein großer Musikfan ist (er tanzt und singt), haben wir ihn in seiner Rolle Dirigent eines Orchesters werden lassen. Ein wunderbarer Beruf für seine Rolle, denn genauso ernsthaft, wie er ausgeübt werden muss, lässt er auch der Exzentrik die Türen offen. Lambert hat sehr viel an seiner Rolle gearbeitet und hat dabei jede Menge Selbstironie bewiesen!
Die Rolle des Louis, Avrils Mann und werdender Vater, war hingegen weitaus schwieriger zu besetzen. Er sollte um die dreißig sein, glaubhaft als Ehemann von Camille, gleichzeitig aber ein bisschen wie ein verträumter Spinner daherkommen. Ich habe mir sicher ein Dutzend Kandidaten angesehen, bevor ich eines Tages Michaël Dichter entdeckt habe, der einfach der Beste für diese Rolle war! Michaël ist Schauspieler und auch Regisseur und ich freue mich, wenn er durch den Film weitere Aufmerksamkeit bekommt. Denn er ist mir sehr ans Herz gewachsen und ich hoffe sehr, dass er noch viel Erfolg haben wird!
Welche Rolle spielt die Filmmusik? Die ja sehr mitreißend, sehr frech ist.
Ich liebe diese Musik! Sie unterstreicht den lebhaften Grundton des Films, die Heiterkeit, und begleitet dabei auch auf wunderbare Weise Mados Unbeschwertheit. Matthieu Chedid hat sie komponiert. Er hatte zu "Toute première fois" bereits einen großartigen Song geschrieben, wir haben uns für eine Coverversion von "Boum" von Charles Trenet entschieden und gemeinsam "Hey Hey" (er die Musik, ich den Songtext) geschrieben, den seine Tochter singt – ein voller Erfolg!
Genauso wie "Toute première fois" ist auch WIE DIE MUTTER, SO DIE TOCHTER eine fiktive Komödie, die aber in der Realität verankert ist...
Ein realer Ausgangspunkt ist für mich unabdingbar, wenn ich einen Filmstoff entwickle. Ich betrachte die Welt, meine Umgebung, studiere die Menschen. Und wenn ich dann irgendetwas Verrücktes entdecke, entwickle ich daraus Figuren und mein Kopfkino fängt an zu arbeiten. Im Fokus ist dabei immer die Familie, in all ihren Zuständen und Facetten. Das mag daran liegen, dass ich in einer etwas verrückten familiären Umgebung und einer bunt zusammengewürfelten Familie aufgewachsen bin.
Meine Mutter ist eine chaotische Künstlerin und mein anthropologischer Vater (der die Figur von Lambert sehr beeinflusst hat) ist ein total flippiger Intellektueller. Während meiner Kindheit im Senegal wartete er manchmal nach der Schule in einem Baum sitzend auf mich. Oh, was habe ich mich da geschämt! Glücklicherweise hat mein Schwiegervater, den ich sehr gerne mag, ein unheimlich ruhiges, ja beruhigendes Gemüt. Es ist seltsam, denn ich lerne haufenweise verrückte Leute kennen, dabei träume ich von ganz normalen Menschen! (lacht)
Wen wollen Sie mit ihrem Film erreichen?
Alle! Und unter allen vielleicht vor allem die Frauen. Was ich natürlich nicht sagen sollte, weil der Film ja Frauen wie Männer ins Kino locken soll. Seltsam, man würde nie sagen, dass sich ein Männerfilm an ein männliches Publikum richtet. Im Grunde möchte ich, dass der Film Mütter und Töchter zusammenbringt. Und ich wollte zeigen, dass es in der Liebe keine Altersgrenzen gibt und dass nie etwas verloren ist.
Was kommt als nächstes?
Ich möchte einen Film über den Feminismus machen. Eine Frau aus der heutigen Zeit wacht plötzlich im Jahr 1964 auf und erlebt alle entscheidenden Stationen der Frauenbewegung in Frankreich noch einmal. Und dann arbeite ich mit Agathe an einer Serie, in der es um Frauen um die sechzig gehen soll, die sich nach dem Auszug ihrer Kinder nochmal ein neues Leben einrichten – ich finde dieses Thema großartig!
Foto: © Verleih