Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. September 2017, Teil 8
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was sich da Regisseur Darren Aronofsky leistet und dafür auch noch die Schauspielkunst von Jennifer Lawrence als hehre, hilflose Ehefrau und zur Mutter Gewordene mißbraucht, während Javier Bardem als Erzeuger und Ehemann schon gleich schlecht wegkommt, also das ist schon allerhand, und man kann sich nur wundern, weshalb der Film bei den Filmfestspielen in Venedig dabei war.
Wenn man dann noch weiß, daß im richtigen Leben dieser Regisseur auch der Lebenspartner seiner Hauptdarstellerin ist, dann versteht man zwar, warum sie dauernd im Bild ist, aber nicht, warum sie nur einen Ausdruck haben darf: Angst, Angst, Angst. Er weiß doch, daß sie anderes, Differenzierteres bringen kann. Nun kann ab heute jeder im Kino sehen, was dran ist an diesem Film, der doch erst einmal alle Ingredienzien aufweist, die Horrorfilme – um einen solchen handelt es sich! - so haben: ein Mann und eine Frau. Einsam. In einem großen Haus. Mitten in der Natur. Dann kommen Gäste. Erst ein, dann zwei, dann drei....
Es beginnt unauffällig, möchte man schreiben, aber das stimmt ja nicht. Von Anfang an gibt es diese Bilder, die die Wände aufweichen lassen, schräg und fallend und sie wandeln sich zu einer amorphen Masse, die pulsiert, am ehesten wie eine Wand mit Herz, das schlägt. Man ahnt etwas Schreckliches, aber weiß nichts. Nur eines ist klar: die Frau ist unschuldig und ihr geschieht etwas Grauenvolles. Doch das kommt dann tatsächlich am Schluß, als unsere Geduld schon zu Ende ist und unser Mitleid darum auch.
Aronofsky hat oft schwierige Filme vorgelegt, aber im Jahr 2010 war THE BLACK SWAN ein großer künstlerischer und auch kommerzieller Erfolg. Was er hier eigentlich will, erschließt sich aus dem Film selbst überhaupt nicht. Was man erkennen kann, ist Folgendes. Da ist ein namenloser Schriftsteller, der ausgebrannt erscheint. Es fällt ihm nichts mehr ein. Ob er eine Schreibblockade hat oder was los ist, wird nicht deutlich, eben auch nicht, ob er einen Bund mit dem Teufel geschlossen hatte, der ihn wieder schreiben läßt, dafür aber sein warmherziges Frauchen holen darf.
Nein, wir phantasieren, weil klar ist, daß dieser Mann seine Frau nicht schützt, die ihn aber – leider – liebt. Sie kümmert sich um dieses alte schöne Haus, will es mit den eigenen Händen Stück für Stück wiederherrichten und nimmt wirklich dafür Unbill in Kauf. Eines Abends klopft es und der Eintretende findet das Interesse des Hausherrn, weshalb er ihn einlädt, doch über Nacht zu bleiben. Es ist ein Arzt, der sterbenskrank hustet und sich als Fan des Autors ausgibt. Aus einer Nacht werden viele und aus dem einen Besucher werden auch viele. Erst kommt die Ehefrau – süffisant und gemein: Michelle Pfeiffer –, dann deren Söhne und immer mehr trudeln ein, die besoffen erscheinen, aber vielleicht nur abgedreht sind, denn hier geht es nicht mehr mit guten Dingen zu, sondern gefährliche Wirren bereiten sich vor. Der Zuschauer zumindest weiß sofort, daß hier etwas nicht stimmt. Das merkt auch die Hausfrau sofort, aber der Ehemann verlängert die Qual der eigenen Frau und fordert die ihr unliebsamen Gäste zum weiteren Verweilen auf, ja sucht, ob er nicht noch ein paar mehr Gäste auftreiben kann, die ins Haus strömen.
Denn nachdem seine Frau schwanger wurde, finden sich die Buchstaben auch wieder zu sinnvollen Sätzen auf dem Blatt ein. Er kann wieder schreiben, die Bücher sind gut und das merken die Fans, die ihn belagern. Und nun wird aus diesen Fans wie bei Fußballrowdies die allerschlimmsten Übeltäter. Sie morden und brandschatzen.
Während bei der Invasion dieser Fans erst noch zivile Umgangsformen eine Rolle spielen, setzt sich der Horror nicht mehr nur in den Gedanken und Gefühlen der Ehefrau fort, sondern im wirklichen Geschehen, wenn Mord und Totschlag die Rolle der Angst und der düsteren Vorsehung auch in Wirklichkeit übernommen haben, wird erst das Baby geschlachtet, irgend so ein ritueller Mumpitz, dann gibt es den Brand, der alles vernichtet. Warum muß das so grauslich sein, warum wird mit Menschenfleisch solches Schindluder getrieben. Irgendwie wird die Brutalität des Ganzen nicht erklärbar.
Was das alles soll? Keine Ahnung. Nur fand ich es schrecklich, fand es unsinnig, fand es albern, der Lawrence über eine so lange Zeit denselben Ausdruck von Angst ins Gesicht zu schreiben. Und natürlich kann man Schwangerschaften unter unheimlichen Atmosphären im Film seit Rosemaries Baby und anderen Filmen, nicht mehr sinnfrei sehen, sondern führt sie auf böses Übernatürliches, auf Teufels- und Hexenwerk zurück.
Was das alles mit Frauen und Mutterschaft zu tun hat, ahnt man, will es aber eigentlich nicht so genau wissen.
Ein ziemlicher hochgestochener Schmarrn.
Fotos: immer Jennifer Lawrence als unbenannte Ehefrau und Mutter; wie sehr sie Ehemann (Javier Bardem) daneben und die Meute dahinter bedrängen, zeigt dies Filmbild © Verleih
Info:
Regie:Darren Aronofsky,
121 Min., USA 2017;
mit: Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, Michelle Pfeiffer