a tukur1Hessischer Film- und Kinopreis 2017, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Der Oktober ist gemeint, denn tatsächlich fällt der Ehrentag für diejenigen Hessen, die mit dem Film zu tun haben oder Filmleute, die mit Hessen zu tun haben, auf diesen Tag, der manchen als Unglücksfall dünkt, anderen wurscht ist und die ganz hart Gesotteten sogar dazu führt, zu sagen: jetzt erst recht!, wie den Hessischen Minister für Kunst, Boris Rhein – und ehrlich gesagt: uns auch.

Die Gala des diesmal 28sten Filmpreises findet also wie gewohnt am Freitagabend der Buchmessenwoche statt, auch wenn die Veranstaltung selber schon sehr lange nicht mehr an der Buchmesse, dafür in der Alten Oper stattfindet, und auch wenn – leider, leider – sich die Buchmesse mit ihrem Literaturpreis von diesem Abend und dem Ministerium zurückgezogen hatte und den Preis auf der Messe selbst verkündet und feiert. Auch darüber berichten wir noch. Man muß den Hessischen Film- und Kinopreis, den wir immer zum Fernsehpreis ummodeln, weil das Fernsehen eben auch dabei ist, in der Filmlandschaft der Bundesrepublik orten. Und genau das Tat Minister Rhein, der ebenso für genaues Analysieren zuständig ist, als Minister für Wissenschaft, und erste Erfolge konstatiert. Nein, Hessen ist kein derart großes Filmland wie Bayern und auch keines wie Nordrhein-Westfalen, die nicht nur von Bevölkerung und Fläche her dominieren, sondern als Filmländer auch historisch gewachsen andere Finanzierungsmodalitäten besitzen. Von daher geht der Blick an dieser Stelle nicht nach vorne, sondern eher zurn Seite und nach hinten, es gibt schließlich Bundesländer, die sehr viel weniger Filmproduktionen in ihren Städten und Landkreisen haben – denn hessische Gebiete und hier vor allem Frankfurt am Main sind einfach beliebte Drehorte geworden.

Minister Rhein hat aber dabei etwas ganz Spezielles im Blick: die aus Staatsmitteln finanzierte Filmförderung in Hessen, die inzwischen in einer Hand ruht, was Widerspruch hervorrief, aber dem Minister auch heute noch gut dünkt. Denn eine Zentralisierung schien ihm angesichts der finanziellen Erhöhung der Förderung nötig. Das könnte man natürlich genauso gut andersherum sehen: je mehr Töpfe, desto mehr Verteiler. Auf jeden Fall geht es um rund 10 Millionen Euro für die hessische Filmförderung.

Deutlich merkte man bei der Vorstellung für die Presse Boris Rhein an, daß er sich im Filmgeschäft zu Hause fühlt und auch zufrieden ist, daß Hessen inzwischen nicht nur als Standort von Banken und Museen, sondern auch als Filmland bekannter wird: „Der Hessische Film- und Kinopreis ist zu einem festen Bestanteil der deutschen Filmszene geworden. Darauf sind wir stolz. Ich freue mich sehr, dass in diesem Jahre wieder bekannte Persönlichkeiten zugesagt haben, wie unsere beiden Jury-Mitglieder Nina Kronjäger und Florian Bartholomäi, aber auch David Rott, Max Giermann, Anna Fischer und noch einige mehr. Ebenso freue ich mich natürlich auf die vielen Filmschaffenden, die für das nationale und internationale Ansehen des Filmstandortes Hessen stehen.“, äußerte er.

Die Überzahl der Preise wird erst am Freitag, den 13. Oktober in der Alten Oper bekanntgegeben. Aber der heutige Tag dient Zweierlei: es wird der Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten verlautbart, zusammen mit den Nominierungen für die Film- und Darstellerpreise sowie die der ausgewählten Kinos, denn insgesamt kam es zu 74 Einreichungen. Der Hessische Film- und Kinopreis  - der Ehrenpreis ist wirklich undotiert, da muß die Ehre reichen, ist auch gut so - ist in diesem Jahr mit insgesamt 192.500 Euro dotiert. Da gibt es also allerhand zu verteilen. 


Ulrich Tukur erhält Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten

Diesen Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten erhält also für 2017 Ulrich Tukur. Der 60 Jahre alte, im hessischen Viernheim geborene Schauspieler muß dem Publikum und auch den Lesern eigentlich nicht mehr vorgestellt werden, denn er ist dem Publikum aus vielfach preisgekrönten Kino- und Fernsehfilmen bekannt. Sogar ziemlich viele wissen, daß er seit über 20 Jahren in Venedig wohnt, wobei man sich angesichts seiner Präsenz in Kino und Fernsehen – die einem nie, nie zu viel wird, so wandlungsfähig, aber jedesmal intensiv spielt er – wundert, wann er überhaupt dort sein kann.

Boris Rhein hatte einem schon die Arbeit abgenommen und in seiner Presseverlautbarung mitgeteilt: Tukur gilt als einer der renommiertesten Filmschauspieler seiner Generation in Deutschland.

Ulrich Tukur begann seine Schauspielkarriere nach dem Studium bei den Städtischen Bühnen Heidelberg. Es folgten zahlreiche Engagements an Theatern in Hamburg und Berlin, 1986 wurde er von den deutschen Theaterkritikern zum Schauspieler des Jahres gekürt. Auch in Hollywood kam er gut an: 2002 spielte er an der Seite von George Clooney im Science-Fiction-Film „Solaris“. In Deutschland brillierte Turkur in Florian Henckel von Donnersmarcks oscarprämiertem Meisterwerk „Das Leben der Anderen“ in der Rolle eines Oberstleutnants der DDR-Staatssicherheit.

Seit 2010 ermittelt Tukur als Kommissar Felix Murot im Wiesbadener Tatort. Besonderen Erfolg feierte die Episode „Im Schmerz geboren“: Sie bediente sich bei klassischen Theaterelementen, stellte Parallelen zu Tarantino und Shakespeare her und begeisterte sowohl das Publikum als auch die Kritiker. Es war vor allem Tukurs Kunst zu verdanken, dass der Film die „Goldene Kamera“ und den „Grimme-Preis“ erhielt.

Besser und kürzer kann man es nicht ausdrücken und der Ministerpräsident Volker Bouffier kam ob seiner Entscheidung per Zitat auch zu Wort: „Seit Jahrzehnten weiß Ulrich Tukur in unzähligen Rollen mit der Vielseitigkeit in seiner Schauspielkunst zu begeistern. Dabei liegt es auf der Hand, dass er als gebürtiger Hesse auch in die Rolle des hessischen Tatort-Kommissars Felix Murot ‚geschlüpft‘ ist. Zahlreiche große Filmproduktionen dokumentieren Tukurs großartige Schauspielkarriere und nicht zuletzt in ,Grzimek‘ – womit wir wieder in Hessen sind – demonstrierte er wiederholt, wie eindrucksvoll und feinsinnig er sich in die Charaktere, die er vor der Kamera verkörpert, hineinversetzen kann. Und damit nicht genug: Nicht nur auf der Schauspielbühne oder vor dem Filmset hat er in den letzten Dekaden brilliert, auch als Musiker, Sänger, Pianist und Akkordeon-Spieler hat er sich erfolgreich hervorgetan. Somit ist Ulrich Tukur ein Allrounder, stets sicher im Takt und nichts bringt ihn dabei aus dem Rhythmus.“

Das ist alles richtig, aber wenn dies am Abend, Freitag, den 13. Oktober so verkündet wird, dann hoffen wir, daß der Ministerpräsident auch den Schriftsteller Ulrich Tukur würdigt. Im Ernst, das hätten viele – wir auch nicht – nicht geglaubt, daß dieser Tausendsassa auch noch richtig gut schreibt. Denn seine Bücher sind nicht autobiographisch oder Filmskripte, sondern ernsthafte Literatur, die vom Thema her durchaus skurril einen ganz eigenen Ton haben, an den man sich gewöhnen kann. Auf jeden Fall ist Ulrich Tukur auch im Literaturhaus in Frankfurt zu Hause, was die unten angegebenen Besprechungen zeigen.

Fortsetzung folgt.

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Info:
Hinweis:
Der Hessische Rundfunk strahlt am Sonntag, dem 15. Oktober 2017, um 19 Uhr eine 30-minütige Sondersendung mit dem Titel „Die hessischen Oscars - der Hessische Film- und Kinopreis 2017“ aus. Die Moderatoren Monika Kullmann und Holger Weinert führen Interviews mit den Nominierten, den Siegern, dem musikalischen Stargast und berichten auch von der Party danach.

Aktuelle Informationen zum Hessischen Filmpreis unter www.hessischer-filmpreis.de


Artikel in Weltexpresso zu Tukurs Büchern

https://weltexpresso.de/index.php/buecher/2150-tukur-fuer-zuspaetkommende

https://weltexpresso.de/index.php/kino/2151-glick-gehaabt-ulrisch

https://weltexpresso.de/index.php/buecher/2152-tukur-mehrdimensional-sinnlich-und-uebersinnlich