Serie: Eine Ausstellung des Deutschen Filmmuseums in Zusammenarbeit mit der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Los Angeles vom 14. November 2012 bis 28. April 2013 in Frankfurt am Main, Teil 7

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man kann sich die Ausstellung aber auch anders ansehen – den zehn aus den USA geliehenen und hier ausgestellten Oscars entlang. Eigentlich sollte man das aber entweder ganz am Anfang tun, zum Kennenlernen oder am Schluß und noch besser: bei einem Zweitbesuch! Wie wir.

 

Hat man nämlich die gesamte Ausstellung schon einmal gesehen, die ein spannender, aber auch angesichts so vieler Ausstellungsobjekte blickintensiver Besuch ist, dann betrachtet man diese Details mit sehr viel mehr Ruhe. Wir haben uns die zehn Oscars vorgenommen, die über die Ausstellung verteilt aus Los Angeles nach Frankfurt gekommen sind. Warum der Academy Award Oscar heißt? Keiner weiß es hundertprozentig. Im Umlauf sind drei Erklärungen, von denen bevorzugt wird, daß Bette Davis – sie gewann den Oscar 1936 und 1939 – beim Anblick der Statue ausgerufen hätte: „ Der sieht von hinten wie mein Mann Oscar aus!“ Womit sie den Hintern meinte.

 

Schaut man sich die Oscarstatue, die von einem Bildhauer aus Los Angeles, George Stanley, 1928 nach Vorgaben von Metro Goldwyn-Mayer für 500 Dollar pro Statue geschaffen wurde, genau an, sieht man den Zeitbezug sofort, der etwas leicht Martialisches hat, zumal die vergoldete Bronze ein übriges tut. Die Statue stellt einen Ritter mit dem Schwert eines Kreuzfahrers dar. Er steht auf einer Filmrolle, deren fünf Speichen die fünf ursprünglichen Branchen der Academy symbolisieren: Produktion, Schauspiel, Regie, Drehbuch, Technik. Das Aussehen des Oscars wurde nie verändert, sieht man vom Liften um Hals und Kinn ab, der seine Kantigkeit verloren hatte. Nur der ehemals marmorne schwarze Sockel wurde seit 1945 durch Metall ersetzt.

 

Ursprünglich mit der Hand gegossen, gießt man die Statue seit 1930 in einer Legierung aus Zinn, Kupfer und Antimon und überzieht sie danach mit Kupfer, Nickel, Silber und 24-karätigem Gold! Die Trophäe ist ca. 34, 5 Zentimeter hoch, 27 Zentimeter gehen auf Oscar und 7,5 auf den Sockel, der einen Durchmesser von etwa 13 Zentimetern. Sie wiegt rund 3, 9 Kilogramm, das ist viel und erklärt, warum die Ausgezeichneten sie oft so merkwürdig nach unten halten.

 

Da jede Oscarverleihung inzwischen in 24 Kategorien stattfindet, gehen die hergestellten und übergebenen Oscars in die Tausende. Jeder kostet die Academy heute rund 300 Dollar. Davon haben also als Leihgaben der Academy zehn Oscars den Weg nach Frankfurt gefunden, die wir in der Ausstellung nun der Reihe nach erkunden. Eigentlich aber beginnt die Geschichte des Oscars mit dem Oscar, der hier nicht steht. Denn tatsächlich ist Emil Jannings, der berühmte deutsche Schauspieler (1884-1950), den die meisten nur noch aus seiner ersten Sprechfilmrolle in DER BLAUE ENGEL mit Marlene Dietrich kennen, derjenige, der den allerersten Oscar bekam für zwei männliche Hauptrollen in den letzten Stummfilmen bekam. Er blieb auch der einzige Deutsche. Das war 1929 und er arbeitete bis Mitte 1929 in den USA, wohin so viele deutsche Regisseure gegangen waren. Seine Statue steht heute in der Berliner Filmothek und wurde nach Frankfurt nicht ausgeliehen. Schade eigentlich.

 

Der Österreich-Schweizer Maximilian Schell hatte 1962 für DAS URTEIL VON NÜRNBERG ebenfalls den Oscar als Bester Schauspieler erhalten. Er ist für uns auch ein Deutscher – erst recht, wenn man seine schöne Biographie aus dem Verlag Hoffmann und Campe kennt. Sein Oscar steht in der Dauerausstellung des Filmmuseums und bleibt auch dort, während sich in der Sonderausstellung oben seine zehn Gesellen tummeln. Fortsetzung folgt.

 

bis 28. April 2013

 

Die Nominierungen für den Oscar 2012 werden am 10. Februar 2013 bekanntgegeben. Dann organisiert das Deutsche Filmmuseum einen OSCAR TIP zum Besten Film. In einer langen Nacht am Sonntag, 24. Februar kann man verfolgen: „And th Oscar goes to...“ und gehört potentiell zu den Siegern.

 

Katalog:

 

And the OSCAR goes to ...85 Jahre Bester Film . Eine Ausstellung der deutschen Filmmuseums in Zusammenarbeit mit der Academy of Mition Picture and Sciences, Deutsches Filmmuseum, hrsg. von Deutsches Filminstitut – DIF e.V., Frankfurt am Main 2012. Edel. Edel ist die erste Eigenschaft, die man dem Katalog beim Aufblättern zuerkennt. Schon der Titel – diesmal DIN A 4 im Querformat – ist ein Hingucker. Wie die männlichen Torsi der griechischen Klassik, ist auch dieser Oscar eine muskulöse Büste, die im Gesicht bis zur Nase reicht und an den schmalen Hüften aufhört. Dazwischen aber breite Schultern und die Arme vor der Brust um eine Filmrolle gedreht. Goldbronze auf schwarzem Grund. Blättert man auf, bronzener Goldgrund. Blättert man weiter. Schwarzer Lack.

 

Das Entscheidende ist die vollständige Aufzählung der Oscars aller Jahre in der Kategorie Bester Film von 1927/28 bis 2011, was bedeutet, daß der Oscar anfängt mit einem der letzten Stummfilme und die Ausstellung und der Katalog enden mit THE ARTIST, ebenfalls ein Stummfilm, der gegen große Konkurrenz den Oscar gewann und auch in der Erinnerung ein wunderschöner Film bleibt. Die lange Reihe von Jahren wird in vier Etappen bewältigt: bis 1939, von 1940 bis 1967, 1968 bis 1999, 2000 bis 2011, wobei man wissen muß, daß die Preisverleihung inzwischen im Jahr darauf im Februar stattfindet, für uns also der Gewinnerfilm THE ARTIST, Sieger des 84. Academy Awards 2011 ist.

 

Die Oscars für den Besten Film, die also eigentlich ACADEMY AWARDS heißen und von den Produzenten entgegengenommen werden, sind in der selben Manier dargestellt. Zum Jahr und dem Titel des Films sind zusätzlich alle weiteren Nominierten aufgeführt, mit Produktionsfirmen und den Regisseuren, sowie dem Original- und dem deutschen Titel, aber auch einem Filmbild. 1927/28 hieß der Sieger WINGS – Flügel aus Stahl, ein Kriegsdrama und auf der rechten Seite ist das Erstaufführungsplakat zu sehen neben der Silhouette eines Oscars mit dem deutschen Filmtitel, so daß man auch als Überblick gleich die rechten Seiten durchblättern kann und immer auf die Gewinner stößt. Nur drei Filme standen im ersten Jahr am Schluß zur Wahl, schon im nächsten wurden es fünf, was bis ins Jahr 2008 blieb, dann aber sind die Nominierungen für den Besten Film seit 2009 auf zehn Filme ausgeweitet worden.

 

Eingeleitet ist der Band mit der Gründungslegende, die ja in unseren Zeiten stattfand, von daher gar nichts Legendenhaftes hat, sondern gut protokolliert ist, mit der einen Dame – Mary Pickford – und den 17 anwesenden Herren, zu denn nochmal 18 Herren dazukamen, so daß dies Gruppenbild mit Dame geradezu verdoppelt werden muß. Die Bilder vom Gründungsbankett zeigen, daß die Einrichtung des Oscars durchaus wirtschaftliche Gründe hatte, den Film als Gattung und auch als Kunstgattung gesellschaftlich aufzuwerten. Übrigens auch an den Tischen beim Bankett: überwiegend Männer. Ganz wichtig sind die eingestreuten Essays, die bestimmt Themen vertiefen, wie beispielsweise das jährliche Procedere ist, oder Aussagen von Oscargewinnern weitertragen und vor allem ausführlich die Oscarnacht zu Wort und Bild kommen lassen. Eine rundherum runde Sache, denn dies ist ein Buch, das einen im Leben weiterbegleitet.

 

 

www.deutsches-filminstitut.de

www.deutsches-filmmuseum.de