f djangoSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Oktober 2017, Teil 6

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Django Reinhardt ist ein musikalischer Schlüsselbegriff für die Nachkriegszeit, aber seine überragende Bedeutung für die massenkompatible Übersetzung von Jazz und Gitarre schälte sich schon vor dem Krieg heraus, so daß selbst die Deutschen diese aufmunternde Musik mochten und den Gitarristen und Bandleader nach Berlin holen wollten, bis ihnen aufging, daß es erstens um Jazz ging und zweitens der Musiker ein Sinti war.

Dennoch - und das bekommen die Zuschauer direkt mit - überlebt hat Reinhardt die Besetzung Frankreichs, wo er erst in Paris lebte, nur, weil ihn sein Musikerstatus schützte und er alles tat, um nicht aufzufallen. Genau die Phase davor, wo er eher alles tat, um aufzufallen, ist Inhalt dieses Films. Beim Wiedersehen - wir hatten ihn auf der diesjährigen Berlinale im Wettbewerb gesehen - fallen dieselben Dinge auf, wie beim ersten Mal. Es gibt also Einschränkungen. Auf der anderen Seite ist diese Beschränkung auf die wenigen Verfolgungsjahre sehr eindrücklich dargestellt und vor allem die musikalische Seite kommt voll rüber. Es macht einfach Spaß, zuzusehen, daß auch die tierisch verknöcherten Nazis vor der Macht der Musik kapitulieren und mit im Rhythmus wackeln und tänzeln.

Keine Spaß dagegen macht es, sie in ihrer ganzen Tumbheit und grenzenlosem Haß zu erleben, mit dem sie die Roma und Sinti in Frankreich verfolgen und dafür sorgen, daß diese sich nicht in die Schweiz retten können.

Von vorne: Wir sind im besetzten Frankreich 1943. Der begnadete Jazzgitarrist Django Reinhardt ist auf dem Gipfel seines Erfolges. Abend für Abend spielt er in ausverkauften Sälen und begeistert das Publikum mit seinem Gypsy-Swing, einer Musik voller Lebenslust und Witz, der sich auch die deutschen Besatzer nicht entziehen können. Das sind herrliche Szenen, die trotz aller Vordergründigkeit einfach Spaß machen und zum Mitwippen im Kinosaal auffordern.

In Deutschland werden Sintis verfolgt und in KZs gesperrt mit der Aussicht der Vergasung und mit ähnlichem menschenverachtenden Eifer werden auch im übrigen Europa Roma und Sinti von den Deutschen verfolgt. Nur Django ist eine Ausnahme, weil seine Art, Musik zu machen, das Swingende und Emotionale,  genau das ist, was in den furchtbaren Kriegstagen Mut macht, auflockert, weshalb die Deutschen sogar beschließen, dieser Wunderwaffe gegen Frust und für Lebenslust nach Deutschland auf Tournee zu schicken. Doch das will Django, der längst ein Weiberheld und einer ist, dem der Erfolg zu Kopf gestiegen ist und sich für unsiegbar hält, auf keinen Fall. 

Mit Mutter und seiner schwangeren Frau flieht er an die Schweizer Grenze, wo sich viele Mitglieder der weitverzweigten Familie, einem Stamm, zusammengescharrt haben. Seine Pariser Geliebte Louise hat seine Flucht arrangiert und sie will ihm auch über die Grenze helfen in die Schweiz. Das nun ist als Verfolgungsszenario inszeniert, wo man grausliche Szenen sieht, und einfach die Angst der Menschen vor den Deutschen auf der eigenen Haut spürt. 

 In seinem Regiedebüt porträtiert Étienne Comar einen unkonventionellen Künstler und Freigeist, dessen Leben so improvisiert war wie seine Musik. Reda Katebe kann dem Künstler eine überzeugende Gestalt geben. Die Eitelkeiten des Künstlers, ach ja, auch die Eitelkeiten des Mannes kommen genauso zum Tragen, wie die Leichtigkeit, mit der er abgibt und seine Umwelt mit auf die musikalischen Reisen nimmt und einfach ein Hoffnungsträger ist und bleibt. Und eigentlich wäre der Film auch in seinem Element, wenn nicht die Geliebte und die Gefühle des Musikers für sie ein unvermuteter Schwerpunkt im Film. Das bringt nichts, auch wenn die César Gewinnerin Cécile de France als Louise schön anzusehen ist, verflacht der Film doch durch diese aufdringliche Liebesgeschichte. 

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Info:
Darsteller
Reda Kateb (Django Reinhardt), Cécile de France (Louise), Beata Palya (Naguine), Bimbam Merstein (Negros), Gabriel Mirété (La Plume), Vincent Frade (Tam Tam), Johnny Montreuil (Joseph Reinhardt), Raphaël Dever (Vola), Patrick Mille (Charlie Delaunay), Alex Brendemühl (Hans Biber), Ulrich Brandhoff (Hammerstein) Regie Étienne Comar