Serie: DAS DEUTSCHE FILMMUSEUM ZU GAST IM STÄDEL in der FILMNACHT am Samstag, 8. Dezember, Teil 2/2

Romana Reich


Frankfurt am Main (Weltexpresso) - So schwierig hatten wir uns die Entscheidung, in welchen Film wir gehen wollen, nicht vorgestellt. Filmnacht, das kam uns so vor wie eine Endlosfilmschleife, in der an bestimmten Standorten im Museum die Filme die Nacht über laufen. Aber nein, es gibt zwei Zeitpunkte, zu dem je sieben verschiedene Filme an verschiedenen Orten im Museum vorgeführt werden. Also kann man auch nicht mehr als zwei Filme sehen! außerdem dachten wir, es seien alle Filme auf die derzeitige Städelausstellung SCHWARZE ROMANTIK abgestellt.

 


Programm


„GROSSES KINO – Das Deutsche Filmmuseum zu Gast im Städel Museum“


ALTE MEISTER 1300–1800, RAUM 2


Beginn: 19.30 Uhr
LUTHER


USA, GB, D 2003. R: Eric Till
D: Joseph Fiennes, Bruno Ganz, Uwe Ochsenknecht. 118 Min.


Nachdem Martin Luther eines Abends einem fürchterlichen Sturm entronnen ist, erfüllt er sein Gelübde und tritt, gegen den Willen seines Vaters, in das Augustinerkloster in Erfurt ein. Nach seiner Weihe zum Priester wendet er sich immer stärker gegen die Politik der römisch-katholischen Kirche, was in dem Thesenanschlag von Wittenberg kulminiert. Die mit deutschen und internationalen Stars – so auch Sir Peter Ustinov in seiner letzten Filmrolle – besetzte Biographie beeindruckt durch die eindringliche Darstellung wie auch die visuelle Reproduktion der Lutherzeit. Als Drehorte dienten dafür neben Tschechien und Italien auch Originalschauplätze in Deutschland, etwa die Wartburg, wo Luther inkognito als „Junker Jörg“ das Neue Testament ins Deutsche übersetzte.



Beginn: 22.15 Uhr 

DIE MÜHLE & DAS KREUZ

(THE MILL AND THE CROSS) PL/S 2011.

 

R: Lech Majewski D: Rutger Hauer, Charlotte Rampling, Michael York. 96 Min. Englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln


Im Film von Lech Majewski wird Brueghels berühmtes Gemälde „Die Kreuztragung Christi" spektakulär lebendig und ist ein Kunstwerk für sich, näher kann man einem Gemälde nicht kommen. Es gelingt dem Regisseur, den Zuschauer mitten in die Bilderwelt des großen holländischen Malers hinein zu versetzen. Knapp 500 Personen hat Brueghel auf seinem Gemälde platziert, von denen Majewski sich etwa ein Dutzend herausgreift. In detailgenauem Naturalismus zeigt er deren Tagesablauf auf Feldern und Märkten, mit einer Brueghel entlehnten Farbpalette und Lichtstimmung. Zentral für den Film sind die Figuren des Kunstsammlers Nicolas Jonghelinck, der mit seinen Ausführungen zur religiösen Verfolgung durch die spanischen Herrscher einen Bezug zu den Leiden Christi herstellt, Brueghel selbst sowie die Jungfrau Maria, die über Jesu Tod reflektiert.


ALTE MEISTER 1300–1800, RAUM 11


Beginn: 19.30 Uhr

CARAVAGGIO

 

GB 1986. R: Derek Jarman D: Nigel Terry, Sean Bean, Dexter Fletcher, Tilda Swinton. 93 Min. Englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln


Nicht anders als dem Besucher der Caravaggio-Ausstellung, die 2009 im Städel gastierte, geht es dem Zuschauer von Derek Jarmans Film, in dem jede Einstellung eine traumhafte visuelle Hommage an den italienischen Künstler bildet. Mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet, beleuchtet Jarman vor allem einen Aspekt in Caravaggios Leben: dessen Hin- und Hergerissensein zwischen der Welt seiner Gönner und jener seiner mittellosen Modelle. Durch diese Opposition zur gesellschaftlichen Konvention wird er letztlich in allen sozialen Sphären zum Außenseiter und fällt am Ende einer ungewollt durch ihn ausgelösten Intrige zum Opfer.



Beginn: 22.15 Uhr

WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN

 

(DON´T LOOK NOW) GB 1973 R: Nicolas Roeg D: Julie Christie, Donald Sutherland. 110 Min.


Mit den Jahren hat sich Roegs doppelbödiger, innovativ montierter Film einen wahren Kultstatus erworben, auch dank seiner faszinierenden Gestaltung Venedigs als eines Orts der barocken Schauerwesen und düsteren Vorsehungen. Dorthin reisen der Restaurator John Baxter und seine Frau Laura, nachdem ihre Tochter beim Spielen in einem Teich an ihrem englischen Landhaus ertrunken ist. Der Filmemacher Dominik Graf schrieb im Jahre 2008 in der Süddeutschen Zeitung über diesen Film: „Ein Höhepunkt des europäischen Kinos […], einer der schönsten, traurigsten und verwirrendsten Filme der ohnehin glorreichen siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Roeg schuf einen Traum aus Blutrot, aus Scherben der Erinnerung und aus Splittern von Glas, eine Mischung von Psychotrip und verfilmtem Existenzialismus.“


KUNST DER MODERNE 1800–1945, RAUM 6


Beginn: 19.30 Uhr

ES WAR EINMAL

 

(LA BELLE ET LA BÊTE) F 1946. R: Jean Cocteau D: Josette Day, Jean Marais. 90 Min.


Ein Kaufmann gerät bei Nacht in ein geheimnisvolles Schloss, in dem eine angsterregende Gestalt mit menschlichem Körper und dem Kopf eines Tieres wohnt. Als Strafe für das Pflücken einer Rose droht sie ihm mit dem Tod, wenn nicht eine seiner drei Töchter sich für ihn opfert. Bella, sein jüngstes Kind, erklärt sich als einzige bereit, für den Vater in das Schloss der Bestie zurückzukehren. Nach einiger Zeit verliert sie ihre Furcht vor dem Wesen, dessen Leiden und Menschlichkeit ihr immer bewusster werden. Der französische Dichter, Künstler und Filmemacher Jean Cocteau drehte mit dieser Variation des Märchens „Die Schöne und das Biest“ von Leprince de Beaumont einen Film, der vielfach als Meisterwerk der Poesie und Phantasie bezeichnet wurde, dessen zauberhafte Ausstattung noch heute fasziniert.



Beginn: 22.00 Uhr

8 ½ FRAUEN

 

(8 ½ WOMEN) GB/NL/LUX/D 1999. R: Peter Greenaway D: John Standing, Vivian Wu. 118 Min.


Nach dem Tod seiner Ehefrau beschließt der reiche, 55-jährige Geschäftsmann Philip Emmenthal, zusammen mit seinem Sohn in ihrem Genfer Herrenhaus ein Privatbordell mit 8 ½ Frauen einzurichten. Dafür wählen sie die unterschiedlichsten Frauengestalten aus, jede eine Verkörperung einer bestimmten männlichen Sex-Fantasie: eine Nonne, eine fragile Porzellanpuppe, eine Buchhalterin, eine Amazone und sogar eine Beinamputierte, die „½“ innerhalb der Reihung. Sie alle werden zu Objekten der Begierde für die beiden Männer. Inspiriert von Fellinis Meisterwerk 8 ½, gestaltet Greenaway aus einer per se unglaublichen Idee ein für ihn typisches Vexierspiel aus Zahlenkombinationen, Kompositionsmustern, (kunstgeschichtlichen) Anspielungen und einem feinen, reichlich schwarzen Humor.



KUNST DER MODERNE 1800–1945, RAUM 11

Beginn: 19.30 Uhr

TAGEBUCH EINER VERLORENEN

 

D 1929. R: G. W. Pabst D: Louise Brooks, Josef Rovenský, Vera Pawlowa. 95 Min. 16 mm


In der Nacht ihrer Konfirmationsfeier wird Marie, Tochter eines Apothekers, von einem Mitarbeiter ihres Vaters verführt. Nach der Geburt des Kindes veranlasst der Familienrat ihre Unterbringung in einer Erziehungsanstalt, die sich als Ort der Qualen und Erniedrigungen durch den Anstaltsleiter erweist. Ihr gesellschaftlicher Abstieg setzt sich auch nach ihrer Flucht fort: Als sie vom Tod ihres Kindes erfährt, folgt sie ihrer ebenfalls entflohenen Freundin Erika in ein Bordell. Erst der Tod ihres Vaters und eine unerwartete Erbschaft bringen ihrem Martyrium ein Ende. Ein Höhepunkt in Pabsts kurz nach seiner Uraufführung wegen seiner „entsittlichenden Wirkung“ zeitweise verbotenen Films ist die damals 23-jährige Hauptdarstellerin Louise Brooks in ihrer letzten großen Rolle.



Beginn: 22.15 Uhr

ANITA. TÄNZE DES LASTERS

 

BRD 1988. R: Rosa von Praunheim. D: Lotti Huber, Ina Blum. 89 Min.


Anita Berber war und bleibt eine Ikone der 1920er Jahre, Ausdruck des kurzlebig-leidenschaftlichen Ausbruchs des wilden Jahrzehnts. Berühmtheit erlangte sie als skandalträchtige Berliner Nackttänzerin, deren Bisexualität und Drogensucht stadtbekannt waren und deren Leben mit 29 Jahren ein Ende fand. Inspiriert von dieser Persönlichkeit beginnt der Film des in Frankfurt aufgewachsenen von Praunheim mit den Beschwörungen einer älteren Frau: „Ich bin eine Tänzerin und keine Nutte“. Vom schwarz-weißen Alltag der Irrenanstalt, wo die tatsächlich Frau Kutowski genannte Frau lebt, wechselt er zu grellbunten, Gemälden von Dix und Grosz nachempfundenen Tableaus, in denen sie eine imaginierte Vergangenheit zelebriert.



METZLER SAAL


Beginn: 19.30 Uhr

SCOOP – DER KNÜLLER

 

GB/USA 2006. R: Woody Allen D: Scarlett Johansson, Woody Allen, Hugh Jackman. 96 Min.


Woody Allens Muse Scarlett Johansson spielt in der an englischem Charme und Allenschem Witz reichen, in London gedrehten Komödie die junge Reporterin Sondra Pransky. Bei einem Auftritt des Zauberers Sid Waterman, der als „The Great Splendini“ auftritt, erscheint ihr der Geist eines verstorbenen Journalistenkollegen. Er bittet sie, seine Ermittlungen zu dem sog. „Tarotkiller“ fortzuführen, der von der Londoner Polizei wegen zahlreicher Morde an Prostituierten gesucht wird. Mit der Hilfe Watermans recherchiert Sondra bei dem vermeintlichen Täter, dem gutaussehenden Adeligen Peter Lyman, in den sie sich bald verliebt. Neben seinen wie immer brillant aufgelegten Schauspielern verzückt Allen, der als Jugendlicher mit Zaubertricks auftrat, in der selbstironischen Rolle als gekonnt lausiger Magier – mit vielen Vorhängen.




Beginn: 22.15 Uhr

RUSSIAN ARK – EINE EINZIGARTIGE ZEITREISE DURCH DIE EREMITAGE

 

(RUSSIAN ARK) RUS/D 2002. R: Alexander Sokurow D: Sergej Dontsow, Leonid Mosgowoj. 96 Min.


Alexander Sokurows Werk ist ein Meilenstein der Filmgeschichte: Dank digitaler Aufnahmetechnik konnte erstmals ein Film in einer einzigen Einstellung, in einer 90 Minuten langen Steadicam-Sequenz gedreht werden. Jahrelang bereitete sich Sokurow auf das Projekt vor und brauchte monatelange Proben, bevor die rund 3.000 Darsteller und Komparsen, drei Live-Orchester und 22 Regie-Assistenten die hochkomplizierten Bewegungsabläufe einstudiert hatten. Faszinierend wie die Produktionsgeschichte ist auch das Ergebnis: Sokurow und sein deutscher Kameramann Tilmann Büttner ziehen den Zuschauer sogartig durch die prächtigen Säle der Petersburger Eremitage, in denen ein russischer Regisseur zusammen mit einem französischen Diplomaten aus dem 19. Jahrhundert durch 300 Jahre russischer Geschichte reist.



BIBLIOTHEK/MEDIATHEK


Beginn: 19.30 Uhr

AZUR UND ASMAR

 

(AZUR ET ASMAR) F/B/E/I 2006. R: Michel Ocelot Animationsfilm. 95 Min. Ab 8 Jahren


Azur, ein Kind des Adels, wächst gemeinsam mit Asmar, dem Sohn seines Kindermädchens Jénane, auf. Diese erzählt den Jungen das Märchen von einer Fee, die in ihrer Kammer eingeschlossen darauf wartet, von einem Prinzen erlöst zu werden. Dann trennt Azurs Vater die beiden Jungen; Jahre später macht sich Azur in das Heimatland Asmars auf, um mit ihm die sagenumwobene Fee zu finden. Unter anderem von den Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht inspiriert, nannte der französische Animationsfilmer Michel Ocelot die niederländische Malerei des 15. Jahrhunderts, insbesondere die Brüder Limbourg und Jan van Eyck, sowie persische und frühe islamische Kunst als maßgebliche Einflüsse auf den visuellen Stil des Films. Architektur und Fayencen des „Märchenlandes“ sind von Marokko inspiriert.


Beginn: 22.00 Uhr

MARY & MAX – ODER: SCHRUMPFEN SCHAFE, WENN ES REGNET?

 

(MARY AND MAX) AUS 2009. R: Adam Elliot Animationsfilm. 96 Min. Ab 12 Jahren


Als „herzlich, traurig, witzig“ bezeichnete ein großer Teil der Zuschauer Adam Elliots erfolgreiche Knetanimation, die Eröffnungsfilm des Sundance Festivals 2009 war und auf dem Festival d’Animation Annecy den Preis für den besten Langfilm gewann. Er handelt von der achtjährigen Mary, die im Jahre 1976 in einem Vorort von Melbourne in Australien bei ihren Eltern, aber trotzdem einsam lebt. Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob in den USA Babys auf dem Boden von Biergläsern gefunden werden, lernt sie über das Telefon den 44-jährigen Max Horowitz kennen. Der übergewichtige Mann leidet am Asperger-Syndrom, das sein Verhältnis zu anderen Menschen behindert und ihn genauso einsam macht wie Mary. Sie beginnen eine Brieffreundschaft, die entscheidenden Einfluss auf beider Leben hat.


GEGENWARTSKUNST, RAUM 16

Beginn: 19.30 Uhr

DIE HÖHLE DER VERGESSENEN TRÄUME

 

(CAVE OF FORGOTTEN DREAMS) GB/USA/D/F/CAN 2010. R: Werner Herzog Dokumentarfilm. 89 Min.


Die Chauvet-Höhle in Südfrankreich bewahrt über 30.000 Jahre alte Höhlenmalereien in ihrem Inneren, die ältesten erhaltenen Beispiele menschlicher Kunst und der Beginn menschlicher Zeichensysteme. Die Darstellungen alltäglicher Szenen, die mit der Beschaffenheit der Höhlenräume zu spielen scheinen, sind ein sinnliches Erlebnis, das erst durch Werner Herzogs Film der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Denn aufgrund der Fragilität der Werke wie der Höhle selbst ist der Zutritt nur Wissenschaftlern vorbehalten. Herzog und sein dreiköpfiges Filmteam erhielten eine Sondergenehmigung des französischen Kulturministeriums, durften aber nur wenige Stunden und mit besonderen Auflagen drehen. Die Aufnahmen ergänzte Herzog mit voice-over Kommentaren und Interviews mit Wissenschaftlern.


Beginn: 22.15 Uhr

BANKSY – EXIT THROUGH THE GIFT SHOP GB 2010.

 

R: Banksy Dokumentation. 87 Min. Englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln


Die Identität des weltbekannten Street-Art-Künstler Banksy ist eines der größten Geheimnisse der Gegenwartskunst, umso höher das Interesse, als er im Jahre 2010 sein als Dokumentation beworbenes Filmdebüt präsentierte. Man sah das Portrait des Franzosen Thierry Guetta, eines leidenschaftlichen Filmemachers, der im  Frühjahr 2006 Banksy kennenlernte, als er seinen Cousin beim Anbringen von Graffiti aufnahm. Zunächst versprach Guetta, eine große Dokumentation über Banksy zu drehen, dann überzeugte dieser ihn, selbst als Street-Art-Künstler zu arbeiten. Daraufhin produziert Guetta unter dem Pseudonym Mr. Brainwash Kunst, die im Wesentlichen aus schlechter, aber erfolgreicher Nachahmung, hauptsächlich von Banksys Werken, besteht - ein famoser und verspielter Seitenhieb auf die heutige Kunstszene.




INFO:

SAMSTAG, 8. DEZEMBER 2012, EINLASS AB 19 UHR


Städel Museum, Schaumainkai 63 an verschiedenen Stationen im Städel Museum
Einlass 19.00 Uhr, Beginn 1. Filmblock 19.30 Uhr, Beginn 2. Filmblock 22.00 Uhr
Eintritt 18 Euro, ermäßigt 16 Euro, VVK 16 Euro

Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Städel Museums mit dem Deutschen Filmmuseum Frankfurt und findet im Rahmen der 1822-Städel-Nächte statt. Sie wird von der Frankfurter Sparkasse gefördert.