Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. November 2017, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Mark Felt (Liam Neeson) arbeitet 1972 als Deputy Associate Direktor beim FBI. Als J. Edgar Hoover am 2. Mai 1972 stirbt, vernichtet er zusammen mit einigen Mitarbeitern Hoovers persönliche Akten, bevor Mitarbeiter der Washingtoner Regierung sie in die Hände bekommen.
Kurze Zeit später wird klar, dass nicht er sondern Patrick Gray (Marton Csokas) neuer FBI-Direktor wird. Von Gray ist bekannt, dass er eng mit den Republikanern im Weißen Haus verbunden ist.
Es steht nicht nur die Wiederwahl von Richard Nixon als Präsident an, sondern da gibt es auch noch den Vietnamkrieg und die Bürgerrechtsbewegung ruft immer wieder zu Protestaktionen auf. Besonders aktiv sind die Weathermen, die für Bombenanschläge gegen Regierungsgebäude verantwortlich gemacht werden.
Dann wird am 17. Juni 1972 in Washington in den Watergate-Gebäudekomplex, in dem sich das Hauptquartier der Demokratischen Partei befindet, eingebrochen. Die Polizei nimmt fünf Einbrecher fest, die versucht haben, dort Abhörwanzen zu installieren und Dokumente zu fotografieren. Die verantwortlichen Untersuchungsbeamten schicken ihre Ergebnisse nicht direkt an den Direktor des FBI sondern an Mark Felt. Der Vize-FBI-Chef glaubt schnell erste Zusammenhänge zu erkennen. Er ist recht bald sicher, dass zumindest Mitarbeiter der Nixon-Regierung an diesem Einbruch beteiligt gewesen sein müssen.
Als der neue FBI-Direktor die Watergate-Ermittlungen nach Anweisungen aus dem Weißen Haus auffällig schnell beenden will, wird Felt misstrauisch und macht seinen Chef darauf aufmerksam, dass das FBI keine der Regierung untergeordnete Einrichtung ist, sondern unabhängig ermitteln muss.
Doch nach 30 Dienstjahren haben sowohl Patrick Gray als auch die Politiker die Rechnung ohne Mark Felt gemacht, der weiterhin an die Unabhängigkeit des FBI glaubt, deshalb seinem Gewissen folgt und sich mit ihm bekannten Journalisten trifft wie dem Time-Magazine Journalisten Sandy Smith (Bruce Greenwood) und dem jungen Ex-Marineoffizier und Washington-Post Redakteur Bob Woodward (Julian Morris). Er versorgt vor allem Woodward immer wieder mit streng geheimen Informationen.
Bald jagt ganz Washington den mysteriösen Whistleblower, der den Spitznamen "Deep Throat" bekommt. Von Seiten des FBI und der Regierung wird vermutet, dass es innerhalb der Organisation ein Leck geben muss, allerdings wird Mark Felt selbst nie direkt verdächtigt.
Parallel zu den Watergate-Ermittlungen sucht Felt nach seiner Tochter Joan, die politisch aktiv wurde und sich vermutlich in einem Camp der Weathermen aufhält. Dabei lässt er auch ohne richterliche Anordnung Wohnungen von Verdächtigen überwachen.
Obwohl es sich immer deutlicher abzeichnet, dass zumindest der Mitarbeiterstab von Richard Nixon den Einbruch befohlen hat, wird Nixon am 7. November 1972 als Präsident wiedergewählt. Da sich danach allerdings immer stärker abzeichnet, dass Nixon von dem Einbruch wusste, wird im Senat ein Amtsenthebungsverfahren angestrengt. Nixon kommt dem zuvor und tritt am 9. August 1974 zurück.
Mark Felt selbst wird später zusammen mit Deputy Assistant Director Edward Miller angeklagt, weil sie FBI-Agenten autorisiert hatten, in Wohnungen von vermuteten Weathermen ohne einen Durchsuchungsbefehl einzubrechen. Beide werden der Verschwörung angeklagt. Felt wird im November 1980 von einer Jury zu einer Geldstrafe von 5.000 US-Dollar verurteilt (Miller zu 3.500 US-Dollar).
Bereits 1976 wurden die Ereignisse rund um den Watergate-Einbruch unter dem Titel "Die Unbestechlichen" mit Robert Redford als Bob Woodward und Dustin Hoffman als Carl Bernstein verfilmt. Damals war aber noch nicht bekannt, wer "Deep Throat" war, da Woodward und Bernstein dem Informanten Stillschweigen bis zu dessen Tod zugesagt hatten.
2005 veröffentlichte Vanity Fair dann einen Artikel, in dem der Informant als Mark Felt identifiziert wurde. Diese Veröffentlichung erfolgte mit Zustimmung von Felts Tochter Joan und John O'Connor, die sich auf Felts Zustimmung beriefen. 2006 veröffentlichten Mark Felt und John O'Connor dann selbst ein Buch: "A G-Man's Life: The FBI, Being 'Deep Throat,' And the Struggle for Honor in Washington".
Der Drehbuchautor und Regisseur von "The Secret Man" Peter Landesman hat für seinen Film dieses Buch als Grundlage genommen und zieht dabei die Geschichte aus der Sicht von Mark Felt auf, während "Die Unbestechlichen" sich vor allem auf die Arbeit der Journalisten bezogen hat.
Es ist Landesmans dritter Film als Regisseur und Drehbuchautor nach "Parkland" (2013) über das Attentat auf John F. Kennedy, und "Erschütternde Wahrheit" (2015), in dem der Pathologe Bennet Omalu auf Probleme nach Schädel-Hirn-Traumata im American Football aufmerksam macht.
Landesman versucht in seinem Film über Mark Felt die doch recht komplizierten Fakten allgemein verständlich darzustellen. Dadurch ist ein spannender und informativer Politthriller entstanden. Der Film ist bewusst sachlich gehalten. Da gibt es keine Verfolgungsjagden sondern vor allem Männer in Anzügen, die konspirativ Informationen austauschen. Der Regisseur verzichtet bewusst auf Effekthascherei und bleibt bei den gar nicht langweiligen Fakten.
Allerdings zeigt Landesman zwar die politische und historische Tragweite des Falles auf, er verzichtet aber auf die persönliche Komponente, die Felt zum Whistleblower hat werden lassen. Dabei hat nicht nur der ehemalige FBI-Direktor Patrick Gray später behauptet, dass Felt die Informationen aus Ärger darüber weitergegeben hätte, weil er von der Nixon Administration nicht zum FBI-Direktor ernannt worden sei.
Auch die Nebenhandlung mit der Suche von Felts Tochter Joan erscheint etwas aufgesetzt und wirkt wegen ihrer Rührseligkeit am Ende im Gegensatz zur trockenen Thrilleratmosphäre zuvor doch etwas unpassend. Auch wenn im wahren Leben Felt nach dem Tod seiner Frau Audrey 1991 zu seiner Tochter nach Kalifornien gezogen ist und es 2005 Joan war, die das Geheimnis von "Deep Throat" aufgedeckt hat. Felt starb am 18. Dezember 2008 im Alter von 95 Jahren in seinem Haus in Santa Rosa.
Vor allem die Schauspieler machen die Personen glaubhaft und den Film interessant. Dies gilt besonders für Liam Neeson, der als Mark Felt den moralischen Konflikt zwischen innerer Überzeugung und Pflichtgefühl glaubhaft auf die Leinwand bringt. Josh Lucas als FBI-Agent Charles Bates, Tony Goldwyn as Deputy Assistant Director Edward Miller, Ike Barinholtz als der Chefuntersucher Angelo Lano und Brian d'Arcy James als FBI-Agent Robert Kunkel sind Felts loyale Mitarbeiter.
Michael C. Hall als Nixons Rechtsberater John Dean, Marton Csokas als Interimsdirektor Patrick Gray, Tom Sizemore als Bill Sullivan, Gegner von Felt beim FBI, Bruce Greenwood als Time Reporter Sandy Smith und Julian Morris als Bob Woodward können auch in ihren teilweise winzigen Rollen glänzen. Diane Lane hat als Felts Ehefrau Audrey eine sehr undankbare Rolle und muss ihrem Mann eigentlich immer nur privat den Rücken freihalten.
Auch, wenn die Nebenhandlung über Felts Tochter Joan eigentlich überflüssig ist, ist dem Regisseur Peter Landesman mit "The Secret Man" ein spannender Politthriller gelungen. Dabei zeigt vor allem Liam Neeson als Mark Felt eine herausragende Leistung. Der Film ist gerade bei dem augenblicklichen politischen Klima in den USA absolut sehenswert. Natürlich schadet es nichts sich vor einem Kinobesuch noch einmal "Die Unbestechlichen" auf DVD anzusehen.
Foto: Liam Neeson als Mark Felt © Wild Bunch Germany
Info:
The Secret Man (USA 2017)
Originaltitel: Mark Felt: The Man Who Brought Down The White House
Genre: Polit-Thriller
Filmlänge: 103 Min.
Regie: Peter Landesman
Drehbuch: Peter Landesman nach dem Buch "A G-Man's Life: The FBI, Being 'Deep Throat,' And the Struggle for Honor in Washington" von Mark Felt und John O'Connor (2006)
Darsteller: Liam Neeson, Diane Lane, Marton Csokas, Josh Lucas, Brian d'Arcy James u.a.
Verleih: Wild Bunch Germany
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 02.11.2017