f lady1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. November 2017, Teil 2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auch über diesen Film hatten wir schon berichtet, denn nicht nur MATHILDE ist ein russischer Stoff, sondern auch die Lady Macbeth von Mzensk, die Nikolai Leskow 1865 veröffentlichte und die durch die Vertonung von Schostakowitsch 1934 weltberühmt wurde.

Ladi Makbet nannte Leskow seine Figur, weil er sie mit ähnlichen Leidenschaften und Verhaltenszügen ausstattete, wie es Shakespeare mit seiner Lady in MACBETH tat, die ja dann auch wiederum in einer Oper von Verdi zur dramatischen musikalischen Figur wird, die eigentliche furiose Mordantreiberin für ihren Mann. Regisseur William Oldroyd holt nun die in seinem Regisseurdebüt nach Rußland entführte Lady wieder zurück nach England, was deshalb keine Probleme macht, weil ‚Mzensk‘ ja das Synonym für tiefe Provinz ist, also irgendwo auf dem Land war. Also wird die Lady Macbeth jetzt in den Norden Englands verbannt, wo es noch dazu eiskalt ist, zu viktorianischen Zeiten, wo es im klar abgegrenzten gesellschaftlichen Oben und Unten noch kälter war als zu anderen Zeiten.

Beim Namen der Ladies müssen wir uns jedoch nicht aufhalten. Denn es geht schlicht darum, auf welche Rache eine junge, isoliert auf dem platten Land lebende, durch Männer unterdrückte und insbesondere psychisch mißhandelte Frau kommt, wenn sie sich denn tatsächlich verliebt. So nämlich ergeht es Katherine (Florence Pugh), die wie ein Stück Vieh von zwei Männern gekauft wird, wobei der Vater Boris seinem Sohn, dem Ehemann Alexander – aha die russischen Namen bleiben, konkret sind Katherine und Boris übernommen – diese Frau an die Seite stellt, damit er endlich Enkel erhält.

Psychosomatisch lebt Katherine erst einmal ihre Situation durch ständige Müdigkeit und neben der Schläfrigkeit auch ewiges Kopfweh aus. Sie sieht keinen Ausweg und puppt sich in ihrer Lethargie geradezu ein. Sympathisch wird sie einem nicht, aber sie dauert einen schon, wenn man die beiden reichen Ekelpakete kennenlernt, die ihr Geld als Minenbesitzer anhäufen. Eigen auch die Situation, daß der Schwiegervater ihr gegenüber als geiles Arschloch auftritt, während der zutiefst untertänige und sehr unsichere Sohn, ihr Ehemann, sie nicht einmal in der Hochzeitsnacht anrührt.

Der Kälte und Verklemmtheit der Herrschaft steht ein lebhaftes Treiben der Arbeiter gegenüber. Unter ihnen einer, Sebastian (Cosmo Jarvis), der die vereiste Katherine nicht nur auftaut, sondern diese motiviert, zur lodernden und sich rächenden Flamme zu werden. Anders als beim russischen Original, wo sich Katherine in der Leidenschaft verliert und aus diesem Gefühl heraus ihren Schwiegervater und Ehemann ermordet, bleibt diese Katherina kühl, zwar genießt sie die sexuelle Begierde, aber sie setzt die miese Behandlung, mit der man sie behandelt, in ihren Verhaltensweisen mit anderen fort. Einfach gemein, wie sie ihre persönlich Bedienstete, die farbige Hausangestellte Anna (Naomie Ackie) behandelt.

Während – man muß es einfach betonen – in der russischen Version die erweckte Leidenschaft zum Ausgangspunkt für den Ablauf wird und Liebe und Eifersucht das Motiv bleiben, spielt in dieser englischen Variante die menschliche Kälte die Hauptrolle. Aus der liebestollen Katharina wird die kalt kalkulierende Katherine, die gleichwohl eine noch härtere gesellschaftliche Gangart wählt, denn wenn sie mit Gutsknecht Sebastian schläft, ist das nicht nur ein sozialer Frevel. Er ist ein Farbiger, so daß sie neben der Klassenfrage auch die Rassenfrage eiskalt erledigt.

Kalt wird einem noch im Kinosessel.



Foto: © Verleih

Info:
Die Links zu den bisherigen Besprechungen ganz unten

LADY MACBETH

Regie William Oldroyd
Drehbuch Alice Birch nach einer Novelle von Nikolai Leskow

Besetzung

Katherine      Florence Pugh
Sebastian     Cosmo Jarvis
Alexander     Paul Hilton
Anna             Naomi Ackie
Boris             Christopher Fairbank
Agnes           Golda Rosheuvel
Teddy           Anton Palmer
Mary             Rebecca Manley
Tessa            Fleur Houdijk
Father Peter Cliff Burnett