
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Der Film „Lady Macbeth“, der jetzt in die Kinos kommt, erzählt recht frei die Geschichte der „Lady Macbeth von Mzensk“ des russischen Autors Nikolai Leskow; er basiert nicht auf William Shakespeares Drama.
Trotz seiner letztlich ziemlich monströsen Handlung ist Lady Macbeth kein aufgeregter Film und erst recht kein Kostümfilm. Stattdessen wird die Geschichte der gedemütigten Katherine in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit langen Einstellungen und düsteren Bildern erzählt. Die schöne blutjunge Frau ist von ihren Eltern an den reichen Minenbesitzer Alexander gleichsam verkauft worden, der mit seinem Vater in einem heruntergekommenen Schloss in der britischen Einöde wohnt. „Zieht Dich aus“ herrscht Alexander (Paul Hilton) sie in der Hochzeitsnacht an, lässt Katherine (Florence Pugh) die Wand ansehen und befriedigt sich selbst.

Nach der Rückkehr von seinen Geschäften vergiftet sie den grausamen Schwiegervater mit Hilfe ihres Dienstmädchens Anna. Als später Alexander heimkommt, sie als Hure beschimpft und Sebastian bestrafen will, gibt sie sich obszön dem Lover vor den Augen ihres Mannes hin - eine unglaubliche Filmszene! Im darauf stattfindenden Handgemenge erschlägt sie den Ehemann. Während Sebastian von seinem schlechten Gewissen gequält wird, „immer sehe ich sein Gesicht“, bleibt sie nach den vorausgegangenen Erniedrigungen der eiskalt wirkende Racheengel... Des Weiteren geschehen noch unglaubliche Wendungen in der spannenden Geschichte, die hier aber nicht verraten werden.
Kathrin mordet wie Lady Macbeth in Shakespeares Drama, wird jedoch nicht so stark von ihren Schuldgefühlen gequält. Sie wäscht sich nicht unaufhörlich ihre Schuld von den Händen, sondern verfolgt letztlich cool ihre Ziele. Der Verfilmung liegt die Erzählung „Die Lady Macbeth von Mzensk“ des russischen Autors Nikolai Leskow zugrunde. Regisseur William Oldroyd verlegt die Handlung auf die britische Insel, verändert das Ende der Erzählung und arbeitet deutlich die Unterdrückung der Frauen im England des 19. Jahrhunderts heraus: So werden die Motive Lady Macbeths deutlich. Den moralischen Zeigefinger erhebt er nicht, stattdessen meint er im Regiekommentar: „In literarischen Texten dieser Zeit leiden die Frauen in der Regel entweder stillschweigend, sie verschwinden oder begehen Selbstmord. Aber in dieser Geschichte haben wir eine junge Protagonistin, die für ihre Unabhängigkeit kämpft und ihr Schicksal auf eine blutrünstige Art selbst in die Hand nimmt.“
Um das ausdrücken ist seine Bildsprache mächtig - es wird nicht viel geredet in dem großartigen Film, die inhaltlichen Zusammenhänge klären sich mit der Zeit. Und ganz beiläufig, auf dramatische, die Gefühle manipulierende Musik wird weitgehend verzichtet. Oldroyd vertraut seinen faszinierenden, gut komponierten Bildern und den fantastischen Schauspieler*innen.
Fotos: Das Titelfoto zeigt die Hausherrin in der Abwesenheit von Schwiegervater und Ehemann, erst durch Reisen, dann durch deren Ermordung, wie sie sich mit ihrem Liebhaber, dem Knecht, von der Bedienerin bedienen läßt; auf dem anderen Foto sieht man den Luxus, in dem sie lebt und die unendliche Langeweile, weil sie etwas anderes, als auf dem Sofa zu sitzen, nicht machen soll © Koch Films
Info:
Lady Macbeth, GB 2016, 89 Minuten FSK 12 Jahre, Filmstart 2.November 2017
Regie William Oldroyd, mit Florence Pugh, Cosmo Jarvis, Paul Hilton, Naomi Ackie und anderen
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Lady_Macbeth_von_Mzensk