Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. November 2017, Teil 1
Hanno Lustig
Köln (Weltexpresso) – Ein Film, der zeigt, wie einer, der so normal lebt, aus dieser Normalität herausgeschleudert wird, noch dazu, weil er selbst für das Treibmittel gesorgt hatte. Ein Film, der zeigt, wie man aus tiefster Verzweiflung in aussichtsloser Situation durch phantastische Ideen dann doch noch aus dem Loch herausfindet.
Wenn das nicht alles so menschelnd daherkäme, dann wäre das eine absurde Geschichte, wo jeder sagt: selber schuld und die Weltgeschichte geht weiter. Durch die Darstellung des Baltasar Näf durch den Schweizer Komiker Beat Schlatter, der auch das Drehbuch mitschrieb, sind wir als Zuschauer auf einmal dabei auf dieser Lebenskurve, die unhaltbar ins Aus schießt. Dabei geht es um einen Schweizer Deutschlehrer, ein Liebhaber und Experte des Schweizer Nationaldichters Gottfried Keller, Präsident der Gottfried Keller Stiftung , der endlich ein Gottfried-Keller-Museum initiieren will, das in Zürich seine Stätte finden soll. Gibt es etwas Solideres?
Wenn man dann noch hört, er ist glücklich verheiratet, hat eine geliebte Tochter und ist bei seinen Schülern und deren Eltern beliebt, so haben wir es mit einem Musterexemplar zu tun.
Aber über solche Existenzen werden keine Filme gedreht und deshalb muß auch hier etwas passieren, daß etwas Unwiderstehliches auf die Leinwand gerät. Die privaten Komponenten sind: die Ehefrau des Deutschlehrer stirbt und seine Tochter Elisa (Luna Wedler) pubertiert in Höchstform. Noch dazu bekommt Balz, wie er genannt wird, dies von morgens bis nachts mit, denn die Tochter geht in seine Klasse. Die Kleinstadt Baden bei Zürich ist halt nicht so groß und dennoch kommt für seine Idee eines Keller-Museums eine Menge Geld zusammen, das er als verantwortlich für die Schulfinanzen verwaltet. Doch auf einmal weiß der Direktor nichts mehr von einer Museumsidee und das gesammelte Geld wird von der Schulkonferenz in demokratischer Abstimmung (Kein Land stimmt so gerne ab wie die Schweiz) für ein anderes Projekt verwendet: ein Sportplatz mit FIFA-zentriertem Kunstrasen. Das Museum lehnen die Lehrer ab.
Doch längst hatte der Lehrer schon einen Teil des Geldes in das Projekt investiert. Was tun? 741 000 Franken muß er eintreiben, erzählt er seinem Friseur und Exil-Albaner Kushtrim (Bentra Barja), der aus seinem kleinen Wettbüro mehr Knete kassiert als im bürgerlichen Beruf und deshalb genau diesen Weg dem armen Lehrer vorschlägt. Sportler sind bestechlich und Sportwetten im Fußball – das hat die Wirklichkeit mehrfach erwiesen – sind eine Spielwiese für solche Glücksritter. Doch die Spielergebnisse sind auch durch andere Ereignisse zu beeinflussen.
Jeder kennt die Flitzer aus den Stadien. In Fußballkreisen besonders beliebt. Seit wann gibt es eigentlich diese Benennung für Nackte, die sich öffentlich zeigen und durch die Gegend flitzen. Deshalb flitzen, weil sie sich der Verfolgung entziehen wollen, gefaßt und wieder angezogen zu werden. Ein völlig irrationaler Vorgang. Eigentlich. Aber unser braver Lehrer wächst über sich selbst hinaus und hat abenteuerliche Ideen, wie man x-beliebige Menschen zu echten Flitzern ausbildet, die dann die Wetten in die richtigen nackten Bahnen lenken. Endlich kann er sein pädagogisches Geschick, gepaart mit Witz geldbringend anwenden, was Regisseur Peter Luise in entsprechende komische Bilder bringt.
Daß dann noch ein Krimi daraus wird und eine Liebesgeschichte dazu, wollen wir jetzt nicht auserzählen. Aber solch witzigen, schrägen, richtig frechen und eben nicht 08/15 Film hätte man den Schweizern gar nicht zugetraut – hätten wir gesagt, wenn so was nicht eindeutig chauvinistisch wäre, was wir natürlich nicht sind.
Foto:
Info:
Darsteller
Beat Schlatter Balz Näf
Bendrit Bajra Coiffeur Kushtrim
Doro Müggler Polizistin
Luna Wedler Elisa Näf
Una Rusca Annina Strebel
Pablo Aguilar Sportplatz Bauleiter
Philippe Graber Der Profi-Flitzer
Dani Mangisch Surprise-Verkäufer und Flitzer
Gilles Tschudi Präsident Fussballverband
Aaron Hitz Superagent