f madameSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. November 2017,  Teil 6

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Ich brauche mal Aufklärung. Denn der nicht so tiefsinnige, aber heiter satirische, zum Lachen verführende Film MADAME wird als ‚Cinderella‘ - Story verkauft. Aber dies ist doch nur die Nachahmung des schönen, tief im Bewußtsein verankerten Märchens vom Aschenputtel.

Aschenputtel, das bedeutet, da wird jemand, den die Herrschaft nach unten, zum niederen Putzen verdammt hat, durch einen Königssohn erlöst, zur Schönsten des Landes und zur eigenen Frau, also der Königin erklärt. Das schafft natürlich viele Widerstände und jetzt wird sich erweisen, was das Wort eines Königs wert ist, ob er den Widerständen trotzt oder aufgibt und sich den Normen der anderen anpaßt. Für das Märchen ist klar, daß Ersteres passiert....

Unser Aschenputtel heißt Maria, der Rossy de Palma eindrucksvoll Temperament und Gestalt leiht. Sie ist eine Wucht und wer die Filme von Pedro Almodovar liebt, der liebte diese Schauspielerin schon immer und freut sich einfach, sie auf der Leinwand zu sehen, auch wenn der Rahmen einem erst einmal absonderlich dünkt. Daß es das noch gibt. Doch, in den besseren Kreisen wohl schon.

Wir sind bei einer ‚Societylady‘ zur Dinnerparty geladen. Das ist Anne Fredericks (Toni Collette), zweite und viel jüngere Ehefrau des neureichen und sehr geschäftstüchtigen Bob Fredericks (Harvey Keitel), die als US-Amerikaner in Paris ein großes Haus führen. Anne setzt bei allem auf die umsichtige Maria (Rossy de Palma) aus Spanien, die das Haus als Haushälterin mit einigen Angestellten im Griff hat. Nun kommt überraschend und mehr als angeheitert Annes Stiefsohn Steven (Tom Hughes) ins Haus, der am Essen teilnehmen möchte, aber o weh, er wäre der 13. am Tisch und diese Zahl ist Amerikanern ein Graus. Also muß eine vierzehnte Person her – und schnell kommt die agile Anne auf ihre Bedienstete Maria, die hier eine den anderen Unbekannte spielen soll.

Die wehrt sich erst einmal, sie ist ja schüchtern und dann am Tisch mit den Leuten, die sie sonst bedient. Das schickt sich nicht. Das ist das eine. Aber das andere ist, daß sie zum einen der überzeugungstüchtigen Hausherrin nicht gewachsen ist und sowieso ein harmonischer lieber Mensch, der gerne hilft. Sie wird in ein elegantes Kleid gesteckt und soll den Mund halten, so ist die Devise. Und kaum Wein trinken. Das gilt auch.

Aber hat man erst einmal ein Glas getrunken, weiß man wenig von seinen Vorsätzen. Hinzu kommt, daß sich Maria mit ihrem Tischnachbarn hervorragend versteht, der in ihr eine ungewöhnlich faszinierende Frau entdeckt. Denn Maria äußert einfach unerschrocken und ohne political correctness ihre Meinung. Und schon ist es passiert, was Anne auf jeden Fall hätte vermeiden wollen, hätte sie überhaupt an die Möglichkeit gedacht, daß jemand ihrer doch eigentlich biederen Hausangestellten einen zweiten Blick gönnen, ja sich in sie verlieben könnte. Genau das ist aber dem Kunsthändler David Reville (Michael Smiley) passiert. Und Maria fühlt sich geschmeichelt.

Das ist die Ausgangssituation, zu der gehört, daß das Dinner der gesellschaftliche Einstand des Ehepaares in Paris sein sollte. Damit da nichts schiefläuft ist nun Annes schnelles Handeln erforderlich, denn die gesellschaftliche Ordnung und die Anerkennung ihrer Position ist ihr wichtig. Und nun?

Das muß man die Regisseurin Amanda Sthers fragen, die in Frankreich eine bekannte Autorin ist. Sie habe bisher neun Romane veröffentlicht, die meisten Bestseller und in 14 Sprachen übersetzt, vielleicht am berühmtesten die Biographie vom legendären Pop- und Rockstar Johnny Hallyday, heißt es im Presseheft. Auch fürs Theater hat sie geschrieben und für Kinder Musicals eingerichtet. Erfolgreich ist sie immer, nicht auf dem höchsten literarischen oder künstlerischen Level, aber geistreich immer. Geistreich kann man auch diesen, ihren zweiten Film nennen, dessen Drehbuch ebenfalls von ihr stammt.

Denn normalerweise werden solche Verwechselungskomödien sehr viel platter inszeniert. Amanda Sthers aber hat nicht nur hervorragend Darsteller gewonnen, sondern auch in ihr Drehbuch herrliche Sätze geschrieben, die insbesondere aus dem Mund der Maria, auch dem ihres Stiefsohnes Steven zu allgemeinen Wahrheiten werden. Zur Inszenierung des vierzehnten Gastes gehörte, daß man Maria als katalanische Adlige eingeführt hatte. Nun gut, das Sprechen fällt Maria nicht schwer, der Akzent im Französischen auch nicht. Aber was soll sie sagen, wie ihre Familie dem neugierigen Kunsthändler, der aus altem englischen Adel stammt, vorstellen? Und dann gibt es noch ein Geheimnis im Leben von Maria.

Wie es ausgeht. Eine solche Geschichte hat kein Ende, nur laufende Möglichkeiten und bleibt insofern ehrlich. Keine verschenkten 91 Minuten. Zudem bleibt einem die aufrechte und aufregende Maria der Rossy de Palma noch lange im Gedächtnis. Vielleicht die einzige Frau, die oft potthäßlich auf einmal schön wird und dies als Attribut von männlicher verliebter Seite auch gnädig und selbstverständlich entgegennimmt.

Foto: ©

Info: