Claus Wecker
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie es scheint, können wir gerade ein Aufblühen des deutschen Genrefilms beobachten. Denn es sind in letzter Zeit gleich mehrere Thriller fertiggestellt worden, bei denen man die Betulichkeit, die gewissermaßen der Markenkern des deutschen Films ist, nicht finden kann. Und doch sind es deutsche Filme, denn sie wurzeln in der Romantik, in den Geschichten von Doppelgängern beispielsweise, von zweifelhafter Identität und der »german Angst«.
»Freddy/Eddy« (ohne Fördermittel finanziert) sowie, mit kleinen Abstrichen, »Luna« (Kinostart am 15.2.2018) zählt zu ihnen und Oliver Kienles Film »Die Vierhändige«, eine verstörende Geschichte von zwei Schwestern, die in ihrer Kindheit Zeuginnen eines brutalen Mordes an ihren Eltern geworden sind.
Jessica, die ältere, hat Sophie die Augen zugehalten und ihr später versprochen, sie immer zu beschützen. Ein psychologisches Gutachten bezeichnet sie als traumatisch gestört. Jessica (Friederike Becht) habe Schuldgefühle am Tod ihrer Eltern. So hat sie sich zu einer aggressiven jungen Frau entwickelt, der man besser aus dem Weg geht. Beide leben zwanzig Jahre später noch immer zusammen, und sie verbindet das Klavierspiel, das dem Film zugleich eine romantische Note verleiht. Sophie (Burgschauspielerin Frida-Lovisa Hamann) musiziert ernsthaft und nimmt an einem Wettbewerb für Nachwuchspianisten teil. Kurz vor ihrem Vorspieltermin kommt ihre Schwester und teilt ihr mit, dass das osteuropäische Pärchen, das ihre Eltern umgebracht hat, aus der Haft entlassen worden ist. Es kommt zwischen den Schwestern zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, die mit einem Krankenhausaufenthalt von Sophie und Jessicas Tod endet.
In der Klinik kümmert sich der Arzt Martin (Christoph Letkowski) um Sophie. Sie scheint bereit zu sein, sich in Martin zu verlieben, der mit täglichen Miniabenteuern sein Leben zu intensivieren versucht. Zwischen dem Arzt, dessen Bruder vor Jahren ertrunken ist, und der Patientin, die gerade ihre Schwester verloren hat, entwickelt sich ein zartes Band, so etwas wie ein Ersatz für Jessica, die vielleicht doch noch lebt oder aber zu einem Teil Sophies geworden ist. Der Film entwickelt aus dieser Möglichkeit ein faszinierendes Verwirrspiel, das vollends eskaliert, als das entlassene Mörderpaar Sophie tatsächlich bedroht.
Regisseur Oliver Kienle, der auch das Drehbuch verfasst hat, will nicht alles erklären, schafft vielmehr mit düsteren Bildern und suchenden Kamerabewegungen eine bedrohliche Atmosphäre, einen Sog, in den er den Zuschauer zieht. Ganz besonders profitiert sein Film davon, dass er nicht alles zeigen muss. Gerade die Mordszene zu Beginn bezieht ihre Suggestionskraft mehr aus den Geräuschen als aus den diffusen Bildern. So könnte sie Alfred Hitchcock gedreht haben, an dessen »Psycho« auch das Wohnhaus der Schwestern erinnert (allerdings zumeist von oben gefilmt). Erstaunlich, dass »Die Vierhändige« Fördergelder bekam und von zwei Fernsehredaktionen, vom SWR, der auch für das Highlight »Casting« verantwortlich ist, und von arte, koproduziert wurde. Da hierzulande ohne das Fernsehen kaum etwas möglich ist, lässt dies auf ein länger anhaltendes Blühen des deutschen Genrekinos hoffen.
In der Klinik kümmert sich der Arzt Martin (Christoph Letkowski) um Sophie. Sie scheint bereit zu sein, sich in Martin zu verlieben, der mit täglichen Miniabenteuern sein Leben zu intensivieren versucht. Zwischen dem Arzt, dessen Bruder vor Jahren ertrunken ist, und der Patientin, die gerade ihre Schwester verloren hat, entwickelt sich ein zartes Band, so etwas wie ein Ersatz für Jessica, die vielleicht doch noch lebt oder aber zu einem Teil Sophies geworden ist. Der Film entwickelt aus dieser Möglichkeit ein faszinierendes Verwirrspiel, das vollends eskaliert, als das entlassene Mörderpaar Sophie tatsächlich bedroht.
Regisseur Oliver Kienle, der auch das Drehbuch verfasst hat, will nicht alles erklären, schafft vielmehr mit düsteren Bildern und suchenden Kamerabewegungen eine bedrohliche Atmosphäre, einen Sog, in den er den Zuschauer zieht. Ganz besonders profitiert sein Film davon, dass er nicht alles zeigen muss. Gerade die Mordszene zu Beginn bezieht ihre Suggestionskraft mehr aus den Geräuschen als aus den diffusen Bildern. So könnte sie Alfred Hitchcock gedreht haben, an dessen »Psycho« auch das Wohnhaus der Schwestern erinnert (allerdings zumeist von oben gefilmt). Erstaunlich, dass »Die Vierhändige« Fördergelder bekam und von zwei Fernsehredaktionen, vom SWR, der auch für das Highlight »Casting« verantwortlich ist, und von arte, koproduziert wurde. Da hierzulande ohne das Fernsehen kaum etwas möglich ist, lässt dies auf ein länger anhaltendes Blühen des deutschen Genrekinos hoffen.