Den ersten zweiteiligen Tatortkrimi bewältigt Kommissarin Maria Furtwängler gegen Männerbünde

 

Rebecca Riehm

 

Berlin (Weltexpresso) – Ziemlich schlecht gelaunt ist die Dame. Das ist Charlotte Lindholm, die mit enttäuschter oder eiserner Miene durch Hannover düst, weil das Leben nicht so will, wie sie, was sich sowohl auf ihren eher potentiellen Freund und Liebhaber  Jan bezieht, wie auf die häßlichen Fratze von Mädchenhandels und Zwangsprostitution, Mord eingeschlossen, dessen sich die Großkopferten bedienen.

 

Wir finden das richtig, daß  die Drehbuchschreiber beim wirklichen Leben abkupfern, denn hätten sie es erfunden, daß hochrespektable Konzerne wie Ergo und VW und andere ihre Mitarbeiter durch Sexspiele motivieren oder durch Puffbesuche ihre Dankbarkeit über die Leistungen zusätzlich zu honorieren, hätten sie also so etwas erfunden, dann hätte die Republik aufgestöhnt, ob solcher Drehbuchmißgriffe. So aber wird umgekehrt ein Schuh daraus, daß auch wir gerne diesen zweitteiligen Tatort nutzen, um auf die unglaubliche Praxis dieser feinen Herren in den oberen Etagen hinzuweisen.

 

Die Geschichte wird auf die zwei Sendetermine jeweils Sonntag aufgeteilt, und wer den gestrigen Tatort gesehen hat, kann sowieso gut nächsten Sonntag folgen. Aber alle anderen auch, weil sich das Drehbuch einen Dreh ausgedacht hatte, wie man diese Sonntagsereignisse für die Neueinsteiger ohne Langeweile oder Zeigefinger wiederholen kann. Das ist sachlich einfach geboten, weil es eine neue Mitarbeiterin gibt, der Charlotte Lindholm natürlich die Ereignisse um Larissa Pantschuk genau erzählen muß. Diese durch Emilia Schüle dargestellte junge Frau, darf dem Terror entkommen und bleibt die immer von Neuem gefährdete Figur, hat sie doch überlebt und weiß um die Täter, die uns aus ihren Erfahrungen das Schreckliche mitteilt, aber auch die Hintergründe, warum sie in diese Situation gekommen ist. In dem ersten Teil

 

Das ist die äußere Ebene, aber im Kern bloßgelegt wird eine innere Struktur unserer Gesellschaft, wo Filz innerhalb von Männerbünden herrscht, wobei dann wiederum der Drehort Hannover richtig angesiedelt ist, weil dort die Käuflichkeit von Politik und die Käuflichkeit der Ware Sex für verdienstvolle Mitarbeiter, für das obere Management sowieso, am stärksten öffentlich wurde, auch was den Einfluß von Wirtschaft auf die Politik eingeht. Der Täter namens Kaiser trägt ziemlich deutlich die Züge des dort residierenden AWD-Gründers Carsten Maschmeyer, dessen Autobiographie Drehbuchunterlage sein könnte. Und wenn man im Zug an Hannover vorbeifährt, leuchtet erst in Rot ERGO auf und kurz später VW.

 

Bei der Thematisierung dieses zweitteiligen Tatorts ist uns auch gründlich aufgestoßen, was wir vorher nur so nebenbei registrieren. Daß nämlich die Ergo-Versicherungen in diesen Fernsehansagen durch diese so nette harmlose Verweise darauf, daß sie die Wetteransagen im Fernsehen finanziell möglich machen, gleichzeitig um gutes Wetter beim Zuschauer für ihre sexuelle Mißwirtschaft bitten. Einen Ablaß erbringen, sozusagen. Maria Furtwängler hatte im Spiegelinterview extra darauf hingewiesen, was für sie der besondere Punkt der Entrüstung bei der Belohnung mit Damen durch den Ergo-Vorstand in einem Hotel in Budapest gewesen sei.

 

Daß die Prostituierten als Gruppe noch einmal differenziert unter den anwesenden Männern aufgeteilt worden seien, in dem die – jüngsten, schönsten, attraktivsten, erfahrensten??? – Frauen weiße Bändchen erhielten und für den Vorstand und besondere Gäste reserviert gewesen waren. Die andersfarbigen Bändchen haben dann so eine Art Abstieg des weiblichen Personals auf der Mitarbeiterebene nach unten bedeutet. Zudem wurde jede der Frauen nach einem Besucher abgestempelt, damit die Frequenz der Akte statistisch festgehalten wurde. Und so etwas im ‚zivilisierten’ Europa. Es ist wirklich unglaublich. Männerbünde.

 

WEGWERFMÄDCHEN als erster Teil hat das alles vorbereitet, in die Höhle des lasterhaften  Löwen geraten wir erst recht in DAS GOLDENE BAND. Das ist das eine. Das andere ist, wie eine Liebelei zwischen der Kommissarin und dem Journalisten durch ihre Arbeit belastet und nicht lebbar wird. Denn Jan, den Sadler in seinem investigativen Eifer zeigt, ist gerade der, der diesem Kaiser dessen Vita schreiben soll, mittendrinnen also im Geschehen der Gegenseite. Daß über 10 Millionen Zuschauer dem ersten Teil folgten, was folgern wir daraus? Hoffen wir das Beste. Fortsetzung am nächsten Sonntag.