Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. Dezember 2012, Teil 2

 

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Mögen andere Filmländer die großen Überwältigungsfilme drehen, das Filmland Deutschland bringt derzeit kleine, menschlich anrührende Filme zuwege, die dennoch das große Thema vom Leben gebührlich bewältigen.

 

DIE LIBELLE UND DAS NASHORN

 

Endlich wieder einmal Mario Adorf, von dem die Deutschen doch kaum wissen, was sie an ihm haben, weil er seit den 50er Jahren stabil den Deutschen in ausländischen Filmen verkörperte und in deutschen Filmen immer wieder den Ausländer, den Zukurzgekommenen oder – mit grauen Schläfen – den Patriarchen bis zum Mafiaboß. In DIE LIBELLE UND DAS NASHORN ist er wieder einer dieser schon müde gewordenen alten Männer, erfolgreich, aber einsam. Als Nino Winter ist er Erfolgsautor und hat eine Lesung in Dortmund gut hinter sich gebracht – gibt es dort also noch mehr als den BVB? -, was auch für die junge Nachwuchsautorin Ada gilt, die Fritzi Haberlandt so jung naiv wie durchtrieben unkonventionell gibt.

 

Die Lesung war gemeinsam und gemeinsam ist nun das getrennte Schicksal: beide können Dortmund nicht verlassen, weil der Flug in die Toskana - natürlich wegen der streikenden Italiener - ausgefallen ist und der Freund von Ada, der gewesene Freund muß man sagen, hier durch das Nichtabholen der doch eigentlich Geliebten den Schlußpunkt der Beziehung setzt. MENSCHEN IM HOTEL fällt einem unwillkürlich ein, wenn man feststellt, daß beide Protagonisten nun in Dortmund eine weitere Nacht im Hotel gestrandet sind. Wie es mit nichtvorgesehenen Nächten leicht passiert, wird diese von beiden auf unterhaltsame Weise durchgemacht.

 

Ja, sie unterhalten sich auch, aber unterhaltsam ist dieses Miteinander erst recht für den Zuschauer, denn es prallen zwei Leben aufeinander, zu denen man heute unterschiedliche Lebensentwürfe sagt, wobei zwei Unterschiede struktureller Natur sind: ein Frau und ein Mann, eine Junge (37 Jahre) und ein Alter ( 81 Jahre). Beide merken, daß sie sich etwas zu sagen haben, was zumindest der Alte weit von sich gewiesen hätte. Das Tiefschürfende wird von Regisseurin Lola Randl leichter Hand inszeniert und herauskommt ein Schauspielererlebnis, das es mit Hollywood sehr gut aufnehmen kann, nur, daß alles natürlicher daherkommt und man keine konventionellen Schablonen sieht, sondern Menschen, die im Spiel wieder zu sich selbst kommen.

 

 

MÜLL IM GARTEN EDEN

 

Fatih Akins Dokumentarfilm spielt in seiner türkischen Heimat, genauer: in Heimatdorf seiner Großeltern. Aber das, was man daraus lernen kann, gilt für alle beabsichtigten Mülldeponien der Welt: daß man sich beizeiten auf die Hinterbeine stellen muß, will man den Umweltskandal vor der eigenen Haustüre verhindern. Hier zeigt Akin was passiert, wenn die Regierung sich durchsetzt und das Gift der Deponie in die Häuser spült. Immer war ein Kameramann zur Stelle, wenn etwas Neues und Schreckliches passierte, so daß eine blitzsaubere Dokumentation die Welt lehren könnte, daß es so nicht geht.

 

 

 

7 PSYCHOS

 

Richtig gute Filme, die diese Kinowoche anlaufen. Martin McDonagh setzt seine Schwarze Serie fort und bringt nicht einen Psycho, sondern gleich sieben auf die Leinwand, die trotzdem standhält und den Zuschauer zwischen Lachen und Weinen und Atemanhalten die Wahl läßt. Es geht um eine selbstreferentielle Geschichte, weil ein Drehbuchautor in Hollywood eine Schreibblockade hat, was einer, der in seinen noch nicht geschriebenen Filmen mitspielen will, mit vielen Vorschlägen zu durchbrechen versucht. Mit allen Mitteln; der Zuschauer vermag ab irgendwann zwischen Realität und Fiktion nicht so genau zu unterscheiden.

 

 

RALPH REICHT'S

 

Was genug ist, ist genug. Auf jeden Fall mag er nicht mehr, der gutmütige Dicke, der im Computerspiel immer den Außenseiter geben muß, was ihn nervt, denn er will auch Freunde haben und braucht dazu eine neue Rollenzuschreibung!

 

 

WHERE THE CONDORS FLY

 

Ein Film für Liebhaber vom Kino, für die Filme, die das Filmemachenerklären liebhaben. Hier ist es Carlos Klein, der den russischen Regisseur Victor Kossakowsky bei Dreharbeiten begleitet, die Orte aufzuspüren, die sich auf der Weltkugel, sprich Erde, gegenüberliegen.

 

SHUT UP AND PLAY THE HITS

 

Hier geht’s um das Ende der Auftritte von James Murphy, dem Gesicht der Band LCD. Beim letzten Konzert verabschiedet er sich, was hier dokumentiert wird.

 

 

DAS VENEDIG PRINZIP

 

So nennt Andreas Pichler seine Dokumentation über die Lagunenstadt, in der die Venezianer immer weniger ein Zuhause, sprich eine bezahlbare Wohnung finden, wenn der MYTHOS VENEDIG mit sich bringt, daß nur noch für das Geld von wohlbeleibten Touristen gesorgt wird.