fm ellenxEllen M. Harrington, die neue Direktorin des Deutschen Filminstituts / Deutschen Filmmuseums stellt sich vor, Teil 1/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Gespannt auf die neue Direktorin aus Amerika waren alle, die zu ihrer öffentlichen Vorstellung in das Deutsche Filmmuseum gekommen waren. Denn Ellen M. Harrington aus Los Angeles wird das Deutsche Filminstitut leiten, das Träger des Deutschen Filmmuseums ist, dessen Teil dann wiederum auch das Kino ist,  ehemals als Kommunales Kino noch vom Kulturdezernenten und Filmfachmann Hilmar Hoffmann gegründet.

Bisher war es in Deutschland schon auffällig, zumindest der besonderen Erwähnung wert, wenn aus dem deutschsprachigen Ausland Museumsdirektoren nach Frankfurt (und andere Städte) kamen. Das galt für den Schweizer  Kunsthistoriker und Kurator Jean-Christophe Ammann, der 1989  von der Kunsthalle Basel nach Frankfurt am Main kam und dort als Direktor im Juni 1991 das neue Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main eröffnete. Übrigens das Haus am Dom-Römer-Areal wurde vom österreichischen Architekten Hans Hollein entworfen und gebaut, dessen Sohn Max viel später erst die Schirn, die Frankfurter Kunsthalle, und dann das Städel übernahm, das 200jährige Kunstmuseum mit angebauter Kunsthochschule sowie das Museum für Skulpturen, das Liebieghaus. Sowohl Jean-Christophe Ammann wie auch dann insbesondere Max Hollein sind anerkannte, ja geliebte Direktoren in Frankfurt geworden. 

Das galt und gilt auch für die Leiter der Städelschulen, wo der Schwede Daniel Birnbaum lange wirkte und derzeit mit Philippe Pirotte ein Belgier diese Kunstschule leitet. 

Gerade verläßt Matthias Jenny, Schweizer, nach vielen Jahren in Frankfurt den Direktorenposten im Palmengarten. In dem Sinn nicht freiwillig, weil er es aus Altersgründen tut und durchaus gerne weitergearbeitet hätte und auch noch viele Projekte vorhat. Und das sind längst nicht alle 'Ausländer', die in Frankfurt im Museumgeschäft Karriere machten und sowohl der Stadt wie auch sich selbst Ehre brachten. In Deutschland ist das aber eher noch eine Ausnahme. Darum wurde auch die Berufung vom Briten Neil MacGregor  zum Leiter der Gründungsintendanz des Humboldt Forums im ehemaligen Berliner Stadtschloß sehr beachtet. Die Gründungsintendaz nimmt er ein mit dem Archäologen Hermann Parzinger und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp, beides Schwergewichter ihrer Profession.

Was Neil MaxGregor angeht, so können sich die Berliner, können sich die Deutschen tatsächlich etwas einbilden. Denn Neil MacGregor ist im gewissen Sinn der Weltmuseumsdirektor. Ein Kunsthistoriker, der jahrelang das meiner Meinung nach schönste Kunstmuseum der Welt leitete, die National Gallery in London, und dann dort weggeht, um das Londoner Britische Museum, die angesehenste Museumsposition Englands, zu leiten, ist schon mal ungewöhnlich. Und daß er dann nach Berlin geht, kann man nur verstehen, wenn man weiß, daß Neil MacGregor eben auch Fachmann für altdeutsche Malerei ist und wie der Australier Christopher Clark, Professor in Cambridge, die deutsche Kultur enorm schätzt - und sie sehr gut kennt, was wiederum die Voraussetzung für dieses Amt der Gründungsintendanz ist. 

Das war nur eine kleine Lageübersicht, denn wir sind sicher, daß das Frankfurter Beispiel Schule macht und immer mehr Besetzungen auf Direktorenpositionen in Deutschland auch von Fachleuten aus dem Ausland erfolgen. Umgekehrt war das schon länger der Fall. So war es nur für uns eine Überraschung, als der vormalige Generaldirektor der elf staatlichen Museens Dresdens, Martin Roth,  2011 Direktor des Victoria and Albert Museums in London wurde, übrigens dort als erster Ausländer! Und wenn man weiß, wie britisch sich die Engländer mit diesem Museum fühlen, den erstaunt das noch heute. Als Martin Roth 2016 aufhörte, hielt man das erst einmal für Auswirkungen des Brexit, gegen den er sich vehement ausgesprochen hatte. Bald aber wurde klar, daß Roth aufgrund seiner schweren Erkrankung aufhörte, an der er inzwischen verstorben ist, was traurig ist. 

Und der Österreicher Max Hollein, der so lange und so beliebt in Frankfurt blieb, ging übrigens an das Fine Arts Museum nach San Francisco, er arbeitet also besonders international, schließlich war er auch aus New York nach Frankfurt gewechselt. 

Auch in Frankreich gibt es deutsche Museumsdirektoren, allerdings haben wir bisher nur von Männern berichtet. In Italien ist allerdings auch Cecilie Hollberg willkommen geheißen worden. Sie leitet die Galleria dell'Accademia in Florenz, die Nachbarkonkurrenz zu den Uffizien, die übrigens auch von einem Deutschen, von Eike Schmidt geleitet werden. Aus Italien weiß man auch, daß Gabriel Zuchtriegel als Leiter der Ausgrabungen von Paestum bestellt wurde. Und insbesondere im ehemaligen Ostblock sind Deutsche in den Wissenschaften und als Museumsfachleute sehr beliebt.

Es ist also die Fachkompetenz das Ausschlaggebende bei der Besetzung von Museumsleiterposititonen. Allerdings ist überall jeweils die Sprachfähigkeit in der Sprache des Gastland die Voraussetzung gewesen. Inzwischen glaubt wohl die ganze Welt, daß Englisch zur Grundkompetenz menschlichen Daseins gehört. Deutsche, die auf Posten in englischsprachigen Ländern berufen werden, haben keine Sprachprobleme. Aber deutsche Kunsthistoriker, die nach Italien gehen, auch nicht. Denn, wer beispielsweise Kunstgeschichte studiert und dort Mittelalter oder auch Renaissance als Schwerpunkt, braucht das Italienische und lernt es. 

Von daher gelten die Fragen an die neue Direktorin gleich in doppeltem Sinn. Einmal, was sie für das Museum vorhat und zum zweiten, wie sie es mit dem Deutschen hält, das sie bisher nicht beherrscht. Das wird sie auch nicht lernen können, wenn alle sich so verhalten, wie an diesem Vorstellungstermin im Filmmuseum deutlich wurde. Während sich Ellen M. Harrington erst bei einem zweiten Termin auf Deutsch äußerte, nämlich als sie zur Vorstellung der diesjährigen SchulKinoWochen ihre Aussagen auf Deutsch vorlas, was sehr gut ankam, weil man ihr Bemühen dadurch registrierte, hatte sie bei der Vorstellung durch die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig und den ehrenamtlichen Vorstand des Deutschen Filminstituts, Nikolaus Hensel, noch ihre Begrüßungsrede auf Englisch gehalten.

Es ist vielen Deutschen eine etwas peinliche Angewohnheit, päpstlicher zu sein als der Papst. Sie überschütten geradezu einen englischen Gast, selbst den, der sich bemüht hat, Deutsch zu lernen, mit ihrem eigenen, angelernten Englisch, wohl um sich als Weltbürger zu zeigen und vielleicht auch aus einer falsch verstandenen Höflichkeit.  Denn natürlich ist es höflicher, das Deutschlernen zu honorieren, auch wenn es noch am Anfang steht. Nicht nur als Motivation für denjenigen, der lernt, sondern einfach als Geste. Schließlich bewirbt sich niemand auf einen deutschen Museumsdirektorenposten, der nicht ernsthaft vorhat, diesen in der Sprache des Landes auszuüben. Dabei sollte man dem- und derjenigen helfen und nicht das Bemühen durch eigenes Auftrumpfen mit Englisch torpedieren. 

Nachdem Ina Hartwig die neue Direktorin begrüßt und vorgestellt hatte und auch Nikolaus Hensel das Seine zum Willkommen gesagt hatte und die neue Direktorin ihre Rede auf Englisch gehalten hatte, die auf Deutsch als Text vorlag, war ursprünglich  eine Fragerunde vorgesehen, wie es bei Pressekonferenzen üblich ist, erst recht, wenn ein neuer Direktor das erste Mal vor der Presse spricht. Allerdings kamen keine Fragen. Das ist leicht zu erklären. Es war einfach keine Atmosphäre zum Fragenstellen. Am Podium war die neue Direktorin mit so vielen Lobesworten begrüßt worden, im Plenum saßen zwar Journalisten, aber noch mehr Angehörige des Hauses oder Sonstige, die nach den jeweiligen Reden laut klatschten. Da ist etwas faul im Staate Dänemark, wenn auf Pressekonferenzen geklatscht wird. Aber das merken eben nur Journalisten und sicher auch nur diejenigen, die schon lange im Geschäft sind und wissen, daß der Presse eine besondere, eine unabhängige Funktion zukommt. 

Daß die Mitarbeiterinnen des Filmmuseums - darauf hinzuweisen ist wirklich wichtig - die Presseunterlagen so wie immer hervorragend strukturiert und ausführlich vorbereitet haben, die als Grundlage für eine Berichterstattung dienen können, ist ja kein Nachteil und vor allem kein Hinderungsgrund für Fragen, sondern eher eine gute Voraussetzung. Es ist eher diese weihevolle Atmosphäre, die immer stärker wahrnehmbar auf Frankfurter Pressekonferenzen herrscht.  Unangenehm und das Gegenteil von professionell. 

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