Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Januar 2013, Teil 1
Helga Faber und Roman Herzig
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das wäre schon eine Sache für den Chef der Frankfurter Buchmesse. Denn Juergen Boos ist jedesmal freudig angetan, wenn das eine Medium das andere hervorlockt und deshalb Film und Buch eine Symbiose eingehen. Dazu gibt es sogar den Preis der besten Literaturverfilmung. Meistens Hollywood. Wir setzen auf Ritter Rost!
RITTER ROST – EISENHART & VOLL VERBEULT
Denn dieser Film ist am Dreh- und Wendepunkt einer ganzen Buch- und CD-Reihe. Angefangen hatte es mit den von Felix Janosa illustrierten Büchern von Jörg Hilbert, denen immer eine CD mit den Liedern oder gesprochenen Texten hinzugefügt ist und die im Carlsen Verlag als KINDERBUCHMUSICALS erscheinen. Bisher elf Bücher und einige drumherum. Aus den Grundgeschichten wurde von Mark Slater und Gabriele Walther ein Drehbuch verfaßt, das Thomas Bodenstein verfilmt hat, als einen 3 D-Animationsfilm, der heute in die Kinos kommt. Schon vorher aber hat der Carlsen Verlag zwei Bücher zum Film herausgegeben.
Das ist einmal ein Bilderbuch mit einer CD mit „den besten Ritter-Rost-Hits“ und das Drehbuch in Romanform. Der 156 Seiten Roman hat allein 17 Kapitel! Im Bilderbuch mit der Musik-CD dagegen werden erst einmal kindgemäß die vier Helden vorgestellt. Das ist RITTER ROST selber, der sich für den stärksten und klügsten Ritter von ganz Schrottland hält. Seine Rüstung besteht aus einer Registrierkasse von anno dazumal.
Das BURGRÄULEIN BÖ ist diejenige, die den Laden, sprich die Burg schmeißt. Was aber keiner mitbekommen soll, denn schließlich ist Ritter Rost der Held. Dann gibt es als Grundpersonal noch KOCKS DEN DRACHEN, der aber ein Drachenkind ist und seit 10 Millionen Jahren nicht größer wird, aber dessen Atem Feuer spuckt. FEUERSTUHL dagegen hat mit Feuer nichts am Hut, ist aber das treue Ross von Ritter Rost. Allerdings funktioniert er nur, wenn man ihn jeden Morgen aufzieht.
Die Filmgeschichte beginnt am Tag des königlichen Ritterturniers. Alle sind aufgeregt und der Ritter will ritterhaft, das Fräulein schön angezogen, das Turnier begehen, nur das Ross macht nicht mit. Der Rostfresser hat zugeschlagen, weshalb der Ritter einfach das Zahnrad aus der Nähmaschine der Bö nimmt und dem Roß einsetzt, was nicht funktioniert und Bö keine Nähmaschine mehr hat. Also sucht Ritter Rost auf dem Schrottplatz ein Ersatzzahnrad und findet auch einen neuen Motor für Feuerstuhl. Mit diesem gewinnt er das Turnier, doch wehe, es wurde seinem Konkurrenten Prinz Protz gestohlen, weshalb König Bleifuß der Verbogene vom Königreich Schrottland ihm den Preis wieder wegnimmt und die Burg einfach schließt.
Ritter Rost mußte mit Kocks und Feuerstuhl auf einem Wagen davonfahren, während Bö ihrer Wege geht. Und was dann passierte und wie glücklich sie wurden, wenn sie nicht gestorben sind, entwickelt der Film. Neben der visuellen Gestaltung sind die von Schauspielern gesprochenen Texte wichtig. Das machen Christoph Maria Herbst, Dustin Semmelrogge, Rick Kavanian, Tom Gerhardt, Pierre Peters-Arnolds und Carolin Kebekus, wobei man schon sieht, daß diese Ritter Rost Reihe Jungens stärker ansprechen soll als Mädchen. Außerdem finden wir die Rolle der Bö dann doch zu konventionell, fast reaktionär.
Was Erwachsene daran interessiert, sind die Bezüge, die die Autoren dem Ritter auf den Weg gaben. Denn er bildet kindgemäß das ab, was für die Welt des untergehenden Rittertums damals Cervantes Don Quixote war. Also einer, der mit Rosinen im Kopf das größte Unheil anstellt, sich aber ritterhaft und edel vorkommt. In Verbindung mit der Ausgestaltung der Figuren ist das Thema Schrott und Rost und das Liebhaben von Dingen, die andere wegwerfen, einfach die Gegenattacke zu einer Welt, die zweimal im Jahr die alten Kleidung wegwirft und „ sich jeweils modegemäß einkleidet.“ Gegen diese Wegwerfmentalität tritt Ritter Rost mit seinem verbeulten Charme an. Und gewinnt. Das Herz des Fräuleins und die Herzen der Kinder, die diesem Verlierertypus so fest die Daumen drücken, daß er am Schluß dann immer noch gewinnt. Was gibt es Moralischeres, als geborene Verlierer, denen man zum Sieg verhilft.
Warum 3 D hier durchaus eine Funktion hat, hat mit dem technischen Brimborium zu tun. Wo es um Zahnräder und Motoren geht, also die Mechanik eine Rolle spielt, kann man in der Animation herrlich technische Wunderwelten vorführen, was gemacht wird.
Bücher:
Ritter Rost. Eisenhart und voll verbeult, von Claudia Kühn und Jörg Hilbert auf Basis des Originaldrehbuchs von Mark Slater und Gabriele M. Walther. Nach den Originalbüchern von Jörg Hilbert und Felix Janosa, terzio, Carlsen Verlag 2012
Claudia Kühn, Ritter Rost. Eisenhart und voll verbeult. Das Buch zum Film, Carlsen Verlag 2012
