Spektakuläre Kraftaktionen im Film „The Game Changers“ auf der Berlinale
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Patrik Baboumian (38) ist eng mit dem Team des Films „The Game Changers“ verbunden und organisiert auf der Berlinale das Kulinarische Kino dieses Streifens. Wir treffen uns in einem vegetarisch-vietnamesischen Restaurant, in dem nach der europäischen Film-Premiere das Essen stattfinden wird.
Ich bin ziemlich überrascht, was für ein sensibler und nachdenklicher Mann dieser, im Film bullige und schreiende Kraftmensch, ist. Er grinst und erklärt: „Das Schreien hängt mit den ungeheuren Anspannung zusammen, wenn man 555 kg auf dem Buckel hat. Wenn man die wieder ablegt, löst sich die Spannung.“ 555 kg, das war sein Weltrekord, den er für diesen Film aufstellte. Baboumian ist zunächst in Deutschland, dann weltweit als Extremsportler und Strong Man mit spektakulären Kraft-Vorführungen bekannt geworden: Er schleuderte Waschmaschinen, kippte ein Auto um oder warf Baumstämme.
Der Athlet ist ein sehr tierliebender Mensch und wurde deshalb 2005 zum Vegetarier. „Zunächst hatte ich Bedenken, ob ich nach der Umstellung meine Kraft erhalten kann“, berichtet er, „doch dann gab es nach einiger Zeit geradezu eine Kraft-Explosion, die mich selbst überraschte. Ich habe mich dann sehr intensiv mit der Proteinaufnahme durch fleischliche und pflanzliche Nahrung beschäftigt. Wenn mich jemand fragt, wie können Sie so stark wie ein Ochse sein, ohne Fleisch zu essen, sage ich zu ihm: Haben sie jemals einen Ochsen Fleisch essen sehen?“
Aufgrund seiner wachsenden Popularität nutzte er immer stärker die ihm nun zur Verfügung stehende Öffentlichkeit, um für seine vegetarische Lebensweise aus ethischen und Umweltgründen zu werben. Einer Journalistin sagte er, „Ich bin kein Buddha, auch wenn ich so aussehe.“ Mit diesem Spruch zeigte er nicht nur weisen Humor, sondern auch seine, weder überhebliche noch schulmeisterliche, Grundhaltung. Einige Jahre später wurde er sogar zum Veganer, weil er das Elend in der Tierhaltung nicht länger unterstützen wollte.
James Wilks, der durch den Film führt, machte sich 2012 nach einer Verletzung mit der Kamera auf die Reise um die Welt und kam sehr früh auf Baboumian zu. „Der von Wilk gedrehte Streifen war wirklich ‚independent’, also unabhängig und wenig fachgerecht gemacht“, erzählt Baboumian, „doch danach gab es einen zweiten Dreh, bei dem auch Wissenschaftler befragt wurden. Doch die endgültige professionelle Fassung entstand erst, als der bekannte Regisseur James Cameron („Avatar“) auf uns aufmerksam wurde. Wir haben den Streifen bereits beim Sunrise Festival in den USA gezeigt, nach der Berlinale gehen wir mit ihm auf weitere Festspiele. Wir wissen noch nicht, wann er in die Kinos kommt, wir brauchen einen großen Player, der uns puscht.“
Schon vor der Filmarbeit hielt der Sportler Vorträge, um für die vegane Sache zu werben. Zusammen mit seiner Frau schrieb er ein Kochbuch. „Ich bin langsam in die Tierschutzbewegung und dann in den Film hineingewachsen“, erinnert er sich, „nachdem ich beschlossen hatte, mich aufgrund meines Alters im Kraftsport mehr zurückzunehmen und nicht mehr an Wettbewerben teilzunehmen Jetzt bin Ich in einer Art Managerrolle für unser Filmteam, ohne angestellt zu sein, aber ich möchte auch freiberuflich bleiben.“
Baboumian wurde im Iran geboren, sein Vater starb früh, mit sieben Jahren kam er mit seiner Mutter nach Fulda ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. „Ich besuchte das Dom-Gymnasium in Fulda, aber irgendwie passte ich da als Flüchtling und Arbeiterkind nicht rein. Ich kapselte mich ab, zog mich zurück und widmete mich dem Kraftsport - ich wollte stark sein. in der 10. Klasse schmiss ich die Schule und machte einige Jahre lang verschiedene Jobs, um Geld zu verdienen. Doch mit der Zeit war mir das zu wenig, mein Geist brauchte Anregungen. Ich machte das Abitur nach und studierte Psychologie. Gleichzeitig machte ich im Kraftsport Karriere und gewann etliche Titel in verschiedenen Disziplinen.“
Er bereut seinen 2. Bildungsweg nicht: „An der Uni habe ich gesehen, dass die meisten Kommilitonen die harte Realität gar nicht kennen. Ich bin dankbar, dass ich verschiedene Perspektiven der Welt erfahren konnte. Heute bin ich zwar immer noch anders als die meisten Menschen, ich habe mich ja nicht geändert. Doch ich ziehe mich nicht mehr zurück, sondern bin offensiv und spreche die Leute an. Vor allem geht es ja nicht um mich, sondern um die Sache und den Film“, sagt er zum Abschied.
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© Werbeplakat © PETA
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Buchtipp:
Katy Statetzny / Patrik Baboumian: Vegan ganz anders. Eine Anleitung zum groß und stark werden