berl18 evaDer Wettbewerb der 68. Berlinale vom 15. bis 25. Februar, Film 7

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Eine Riesenenttäuschung ist der Film von Benoit Jacquot, der eine Art Reprint der Verfilmung des Erotikthrillers von James Hadley Chase ist, wobei damals Jeanne Moreau diese Eva spielte, die durch die sonst doch faszinierende Isabelle Huppert nicht als knallharte femme fatal rüberkommt, sondern immer nur den Versuch dazu unternimmt.

Am Schluß ist sie noch dazu das Hausmütterchen für den geliebten Ehemann, der aus dem Knast zurück, ihre bisherigen ganztägigen Prostituierteneskapaden nicht dulden würde. Geradezu albern, wie Eva erst einmal als Domina aufgebaut wird, ihre Sexarbeit aber wie am Fließband ablaufen läßt. Aber das wird erst am Schluß wichtig, denn der Film beginnt ganz anders.

Eine Art Sexarbeiter ist nämlich auch Bertrand (Gaspard Ulliel), der als Altenbetreuer in Paris seine Nebengeschäfte betreibt und auch vor Diebstahl, ja Raub nicht zurückschreckt. Der Film beginnt, wenn er den berühmten, aber inzwischen in jeder Hinsicht, auch dem Schreiben, impotenten berühmten Schriftsteller und Bühnenautor, der in der Badewanne einen Anfall erleidet und den jungen Kerl um seine lebensrettenden Medizin im Nachbarzimmer bittet, einfach sterben läßt, ja noch dazu beiträgt, daß der Kopf unter Wasser gerät. Ein Früchtchen besonderer Widerlichkeit dieser Typ, der doch etwas Faszinierendes haben müßte, um uns für sein weiteres Schicksal zu interessieren.

Er sucht, was er aus der Wohnung mitnehmen kann, nimmt ein fertiges Manuskript an sich, aber auch den Laptop, den er weit ausholend in sie Seine wirft - sieht ja wild aus, ist aber so was von dumm, denn er hätte vorher den Text auf einem Stick abspeichern müssen, denn so muß das Manuskript erneut abgeschrieben werden. Aber solche Plausibilitäten interessieren den Regisseur nicht. Das angebliche Theaterstück Bertrands findet einen Verleger. Die Aufführung ‚seines‘ Stückes wird ein Riesenerfolg und Bertrand ein Mann der Öffentlichkeit, von dem alle viel erwarten, insbesondere sein Verleger und dessen Sekretärin Caroline (Julia Roy). Man wundert sich, daß beide dem erfolgreichen Jungstar eigentlich von Anfang an doch recht mißtrauisch gegenüberstehen, was sein nächstes Stück angeht. Irgendwie schreibt er immer wieder etwas in seinen Rechner, aber mal ist es ein Theaterstück, dann spricht er von einem Roman.

Der Verleger hat Angst um seinen Vorschuß, die Sekretärin, Tochter aus reichem Haus, um sein Renommee. Die Geschichte spielt an drei Orten, neben Paris ist das das Chalet in den Bergen, das der Familie von Caroline gehört und die Stadt in den Bergen, in der Eva zu Hause ist, der wir uns wieder zuwenden müssen. Von der Einsamkeit in den Bergen und von Eva erhofft sich Bertrand die Inspiration fürs Schreiben. Er nimmt ihre Sexdienste in Anspruch, verliebt sich und will, daß sie ihn wiederliebt, zumindest begehrt. Er nimmt ihre Dialoge auf, schreibt sie ab und liest sie Caroline, die aus Paris kommend ihn besucht, als eigenes Erzeugnis vor. Die urteilt darauf hin: „Das ist flach!“, so daß man ihre Schreibanalyse als Resümee für den ganzen Film nehmen kann: Es gäbe, so sagt sie dann weiter, bei guten Stücken drei Grade. Das eine ist die Wirklichkeit, das zweite die Verfremdung, aber es ginge um den dritten Grad, der hier nicht existent sei.

Ja, es fehlt der dritte Grad, das gilt auch für diesen Film, damit aus dieser so durchsichtigen Geschichte etwas Besonderes, etwas Spannendes, etwas Bewegendes geworden wäre. Allein zwei Betrügern auf der Leinwand zuzusehen, ist zu wenig.

Zunehmend gelangweilt fühlt man sich schon durch die Hochglanzfotografie an ein HD-Fernsehspiel erinnert. Die Kamera hat keine Zwischentöne, was ja auch den Menschen abgeht. Enttäuschend.

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