f verlegerinSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. Februar 2018, Teil 2

Claus Wecker

Berlin (Weltexpresso) - Von der nachfolgenden Watergate-Affäre ist diese investigative Großtat etwas aus dem allgemeinen Gedächtnis verdrängt worden. Im März des Jahres 1971 wurde dem »New York Times«-Reporter Neil Sheehan ein 7.000 Seiten langer Bericht der höchsten Geheimhaltungsstufe, der als die »Pentagon Papers« bekannt geworden ist, in die Hände gespielt. Aus deren Veröffentlichung in den zwei wichtigsten amerikanischen Tageszeitungen hat Steven Spielberg einen spannenden Politkrimi gemacht.

Die Entscheidung, nicht die zuerst publizierende »New York Times«, sondern die »Washington Post« in den Mittelpunkt des Films zu stellen, ist ein intelligenter Schachzug. Denn die Times ist schon mehrfach in amerikanischen Filmen als Verteidigerin der Pressefreiheit aufgetreten. Zweitens folgt Spielberg dem Zeitgeist, indem er die erste Frau, die eine Tageszeitung in den USA herausgegeben hat, zu einer der beiden Hauptfiguren macht, was der deutsche Verleih durch den Titel »Die Verlegerin« betont. Und drittens sind Regierungsmitglieder und Zeitungsverleger in der Hauptstadt Nachbarn mit den entsprechenden privaten Beziehungen, in diesem Fall zwischen der Verlegerin Katharine Graham  und Verteidigungsminister Robert McNamara. Das macht eine feindselig-kritische Berichterstattung schon etwas schwieriger als im fernen New York, selbst wenn in beiden Städten das Gefängnis wegen Landesverrat droht.

Da es sich bei den Pentagon-Papieren um die geheimen Einschätzungen mehrerer Regierungen handelt, dass der Vietnamkrieg nicht zu gewinnen ist, führt Spielberg uns sogar zurück ins ostasiatische Kampfgetümmel, bevor er mit dem Geschehen in den USA der Nixon-Zeit beginnt. Mit viel Liebe zum Detail werden die 70er-Jahre zum Leben erweckt. Der gute alte Bleisatz ist zu sehen, die Rohrpost befördert die frisch getippten Artikel in die Druckerei, und es wird viel telefoniert. Mit einer gewissen Wehmut kann man beobachten, wie Nachrichten damals entstanden sind, wie sie gedruckt – ein besonders schöner Einfall ist die zitternde Lampe an der Rotationsmaschine – und aus Lastwagen vor die Verkaufsstände geworfen wurden.

Eine Zeitung ist das Produkt einer Teamarbeit, insofern ist »The Post«, wie der Film im Original heißt, ein Ensemble-Film mit einer Menge Reportern, einem markanten Laufburschen, Verlagsmitarbeitern und schließlich auch einer Gerichtszene. Doch ein Spielfilm, besonders wenn ihn Steven Spielberg produziert und inszeniert, braucht eben auch Hauptfiguren, mit denen man sich identifizieren kann. Und sie sollten von Stars dargestellt werden, die einen gewissen Marktwert besitzen. Spielberg schickt deshalb zwei sichere Kandidaten ins Rennen: Meryl Streep als Verlagschefin Katharine »Kay« Graham und Tom Hanks als Chefredakteur Ben Bradlee. Zwei respektable Schauspieler, von denen wir schon lange gewohnt sind, dass sie edle Menschen verkörpern.

Wenn sie für Pressefreiheit und die Verfassung der USA das Wort erheben, bekommt der Film eine hochpatriotische Note. Dann werden die Verlegerin und der Redakteur wieder zu Meryl Streep und Tom Hanks, die sich kraft ihrer Autorität für die gute Sache einsetzen. Dann leuchten im Geiste bereits die erneuten Oscar-Nominierungen als Untertitel auf. So ist »The Post« bzw. »Die Verlegerin« der allzu kalkulierte Film eines großen Regisseurs.

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