Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. März 2018, Teil 13
Kirsten Liese
Berlin (Weltexpresso) - Eine Tür bleibt verschlossen. Mike verbarrikadiert sich in seinem Zimmer, er will am Leben nicht mehr teilnehmen. Seine Eltern Susanne (Bibiana Beglau) und Thomas (Bjarne Mädel) sind mit dieser Situation überfordert. Zusammen mit seiner jüngeren Schwester Miriam verweilen sie vor der Tür und versuchen vergeblich mit Engelszungen auf ihn einzuwirken, doch Vernunft anzunehmen.
Aber Mike lässt sich nicht umstimmen, nimmt nur das Essen an, dass die Mutter ihm durch die Ritze schiebt und schickt kurze Botschaften nach draußen, kleine Zettel, auf denen er den Regen beschreibt.
Diese Geschichte mag nach einem kuriosen Einzelfall anmuten, aber tatsächlich ist das Phänomen, von dem Isa Prahl in ihrem Erstling erzählt, vor allem in Japan unter dem Begriff „Hikikomori“ sehr verbreitet. Mehr als eine Million Jugendliche soll es dort geben, die sich so von der Gesellschaft isolieren.
Den sich abschottenden 18-Jährigen lernt man im Film jedoch gar nicht kennen, von seinem Reich bleibt auch der Zuschauer ausgesperrt, interessiert sich die Regisseurin doch nicht im mindesten dafür, warum sich der Junge verschanzt. Ihr Augenmerk richtet sich vielmehr ausschließlich auf die Angehörigen, die mal menschlich reagieren, wenn der Vater wütend Kindheitserinnerungen seines Sohnes im Garten des Einfamilienhäuschens verbrennt, aber auch einfältig, wenn sie anderen vorlügen, Mike halte sich angeblich in Amerika auf.
Als scharfsichtige Psychologin erweist sich Prahl, wenn sie aufzeigt, auf was für Abwege eine soziale Phobie Angehörige zwischen diffusen Schuldgefühlen und Hilflosigkeit treiben kann: Anstatt sich um ihre eigene Tochter zu kümmern, die mit dem Erwachsenwerden kämpft und dringend Halt braucht, sucht Susanne, die Hobbyringerin, über den Kontakt zu einem Freund von Mike einen Ersatz, um ihre Muttergefühle auszuleben. Und schlittert dabei beinahe in eine sexuelle Beziehung, die gerade rechtzeitig noch stoppen kann. Unterdessen flüchtet sich Thomas obsessiv in seine Arbeit als Krankenpfleger, wird sogar zum Dieb, um einem schwerbehinderten Patienten einen teuren Sprachcomputer zu besorgen.
In solchen konfliktbeladenen Nebenepisoden hätte sich Prahl beinahe verzettelt, zum Glück findet sie aber zum roten Faden ihrer Geschichte zurück.
Ein ganz runder Film ist „1000 Arten den Regen zu beschreiben“ angesichts logischer Ungereimtheiten gleichwohl nicht geworden. So wundert es einen schon, dass hier niemand versucht, die abgeriegelte Tür einfach einzutreten, den Eremiten abzupassen, wenn er aufs Klo geht oder auf die Idee kommt, sich professionelle Hilfe zu holen.
Foto:
© Verleih
Info: