Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. April 2018, Teil 2
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) – Hört man den Namen Greta Gerwig und liebt Natürlichkeit und Professionalität, auch im Film, dann darf man sich auf die erste Regiearbeit der Schauspielerin freuen, die man bisher gerne in den Filmen ihres Partners Noah Baumbach sah.
Ihrer Geschichten wegen sah man die Schauspielerin gerne, denn sie verkörpert die Jederfrau, also ein ganz normalen Menschen, der immer Großes will und im Kleinen scheitert. Der Alltag mit seinen Tücken, wo man sich selbst die Niederlagen beibringt, stand im Mittelpunkt, was deshalb so wichtig ist, weil es den meisten von uns so geht und von daher die Identifikation mit der Filmfigur als sympathisch und eine von uns – ohne dies zu aufdringlich zu gestalten – rüberkommt.
Das galt der Schauspielerin. Man durfte auf ihre erste Regiearbeit gespannt sein. Nein, sie führt ihre Schauspielerei nicht fort, aber sie findet für ihren Film, dessen Drehbuch sie schrieb, weshalb es wirklich ihr Film ist, eine junge Schauspielerin, die ihre Rolle, hier als junge Frau fortsetzt. Ja, es ist eine Entwicklungsgeschichte wie sie seit Goethes Lehr- und Wanderjahren Usus ist. Allerdings eben in der Regel die Geschichte von jungen Männern. Aber hier geht es um LADY BIRD, die eigentlich Christine McPherson (Saoirse Ronan) heißt, was schon der erste Regelverstoß bedeutet. Denn sie lehnt einfach ihren Vornamen ab und will auch sonst nicht nach den Regeln und Vorstellungen von anderen groß und erwachsen werden. Sie will sie selber werden, was spannend ist, weil noch keiner, auch sie nicht, genau weiß, wer sie ist. Sie will sich einfach ausprobieren.
Aber sie legt noch eine Schippe drauf. Denn insgeheim hat sie ihre Träume, die sie weit weg von ihrem bisherigen Heim in Sacramento bringt. Zu Hause ist ihr nicht nur langweilig, sondern alles ist sehr beschränkt, was auch mit der finanziellen Situation ihrer Eltern zu tun hat. Ihre Mutter, (Laurie Metcalf) eine Krankenschwester, muß das Realitätsprinzip leben, erst recht, nachdem der Vater arbeitslos wurde. Es ist der Grundkonflikt zwischen den Träumen von jungen Mädchen und dem harten Leben von Frauen und Müttern, die, so heißt es, ihren Mann stehen müssen. Dieser Konflikt ist durch die Besetzung der beiden Rollen ideal auf die Leinwand transportiert.
Interessant, wie beim Betrachten des Films man selber immer die Positionen der beiden Protagonistinnen verstehen kann, immer im Wechsel, weil es einfach solche Lebenssituationen gibt. Bei allem Favorisieren der Siebzehnjährigen, wird doch die Mutter nie despektierlich vorgeführt, sondern in ihrer schwierigen Situation respektiert.
Klar, daß einer Regisseurin, die eine weibliche Jugendliche, eine junge Frau zum Mittelpunkt hat, sofort unterstellt wird, daß sie Autobiographisches abarbeiten muß. Dazu nahm Greta Gerwig klar Stellung. Sie hat weder so aufmüpfig agiert, wie Lady Bird, noch solche Unternehmungen in Angriff genommen, aber dennoch sei das Grundgefühl als Jugendliche genauso gewesen, wie es Lady Bird erlebt. Daß sie zudem tatsächlich in Sacramento geboren wurde und aufwuchs, wo ihre Mutter Krankenschwester war, ist allerdings schon erstaunlich. Und auch, daß sie wie die Heldin im Film in einer katholischen Highschool geht, wo sie Theater spielte, und dann auch noch nach New York abhaut, aber all das ist nur das äußere Gerüst, das sie für den Film übernahm. Nur die Person, die Filmfigur ist eine andere. Eine rotzfreche Unternehmungslustige, der man wünscht, daß sie „sich nicht die Hörner abstößt“.