Vom 18. bis 24. April 2018 gibt das goEast-Festival in Wiesbaden zum 18. Mal einen Einblick in die mittel- und osteuropäische Filmszene, Teil 8
Claudia Schulmerich
Wiesbaden (Weltexpresso) – Nachzutragen ist, daß jedem der vorgeführten Filme ein Erkennungsstreifen des Festivals vorangeht – das ist bei allen Filmfestivals so -, der einem jedes Mal, wenn wir sahen, was ja ununterbrochen geschah, besser gefiel: eine Aneinanderreihung aller beteiligten Länder mit jeweiligen Filmausschnitten.
THE BOTTOMLES BAG – DER UNERSCHÖPFLICHE BEUTEL
Mit einem surrealen Film überrascht Rustam Khamdamov. Der russische Regisseur aus Usbekistan ist seit seinem Film ANNA KARAMASZOFF in Cannes 1991 bekannt und hat seitdem viele Preise gewonnen. DER UNERSCHÖPFLICHE BEUTEL wird zu Filmanfang gezeigt, aus ihm kann man nämlich immer wieder lange Perlenketten und viele andere Schmuckstücke herausholen ans Licht der Wirklichkeit, sie anziehen, verschenken oder wieder im Beutel versenken. Aber eigentlich geht es um eine Metapher, denn dieser Beutel ist voller Geschichten, die sich der russische Großfürst von einer Dame in Schwarz erzählen läßt – das alles spielt in seinem so prächtigen wie kalt repräsentativen Palast.
Natürlich sind die Assoziationen an 1001 Nacht gewollt, werden sogar ausgesprochen, aber hier passieren ganz andere Dinge. Denn in dem Zauberwald, durch dessen lichterfülltes Grün wir mit den Protagonisten streifen – wunderschöne Aufnahmen, die nichts verlieren dadurch, daß alles in Schwarz-Weiß erscheint, sondern unsere Phantasie erst recht anregen – passieren schlimme Sachen. Da kommt ein Paar des Weges – wir lesen, es ist der Zarewitsch mit seiner Frau – und auf einmal hängt er gefesselt an einem Baum, wie der Heilige Sebastian erhält er einen – allerdings nur einen – Pfeil in den Leib. Von wem? Nein, das soll man nicht erzählen, nur weitersagen, daß dies eine ungewöhnliche Filmerzählung ist, die wir sehr gerne sahen, weil sie eine Vergangenheit beschwört, wobei weder der Zauberwald, noch die Geschichten gemeint ist, sondern die Art und Weise auf Schwarz Weiß eine surreale Welt auf der Leinwand zu erschaffen.
THE MARRIAGE
Sehr gegenwärtig und gegenständlich ist dagegen dieser Film aus dem Kosovo, der Überraschungen bereit hält. Es geht um Liebe in jeder Form. Nein, nicht jeder, aber doch mit und in jedem Geschlecht. Erst beginnt es mit Mann und Frau, die Bekim und Anita heißen und gerade ihre Hochzeit vorbereiten. Mitten in den Trubel kommt Bekims Freund Nol zu Besuch, der nach Paris gegangen war und dort als Musiker reüssierte. Es ist eine Regisseurin, Bierta Zeqiri, die hier ihren ersten Langfilm vorstellt und dabei Anita als einerseits wache und kluge junge Frau zeigt, die aber andererseits nicht mitbekommt, daß der von ihr geliebte Mann, der sie heiraten will, mit seinem besten Freund, der ihr ebenfalls sehr sehr gefällt, eine Liebesbeziehung hatte, die sich für eine Nacht wiederholt.
Auch der Zuschauer ahnt lange nichts, d.h. ihm wird nichts erzählt, aber daß hinter den beiden Freunden, die sich so lange nicht gesehen haben, ein Geheimnis steckt, das spürt man - und was sollte das anderes sein als gleichgeschlechtliche Liebe. Von daher war zumindest ich nicht überrascht. Und mich interessierte gar nicht mal diese Konstellation, sondern die sehr lebendigen Familienszenen, die kreuz und quer zeigen, wie vielfältig die Menschen sind, aber auch wie eindimensional die Erwartungen an andere ist.
Foto:
© goEast
Info:
goEast am 22. April im Caligari Wiesbaden
THE BOTTOMLES BAG
Deutschlandpremiere
THE MARRIAGE
Deutschlandpremiere