Margarethe von Trotta
Berlin (Weltexpresso) - Ingmar Bergman inspirierte mich dazu Regisseurin zu werden. Bei der Umsetzung dieses Films habe ich versucht einen Weg zu finden, der zu ihm führt, aber dabei gleichzeitig reflektiert, wer ich als kreative Künstlerin bin.
Ich sah DAS SIEBENTE SIEGEL zum ersten Mal in Paris als ich 18 Jahre alt war. Obwohl ich mich von Bergman wegbewegte, als ich meine eigenen Filme drehte und im politischen Umfeld Deutschlands arbeitete, habe ich Bergman seither mein ganzes Leben in meinem Herzen getragen. In der letzten Szene dieses Films lehne ich an einem enormen Felsen und schaue hinaus ins Meer. Ich fühlte mich sehr klein dort, fast als würde ich direkt vor dem Meister selbst stehen. Dieser Fels ist wie er, er beschützt mich und ich verbleibe in seinem erbarmungsvollen Schatten.
Ich habe mich auf Bergmans Leben in München konzentriert, da ich selbst zu dieser Zeit Teil der kreativen Gemeinschaft dort war. DAS SCHLANGENEI und AUS DEM LEBEN DERMARIONETTEN waren zwei sehr harte Filme; sie spiegelten die dunkle Zeit wider, die er durchlebte. Bergman hatte Schweden überstürzt verlassen, weil er sich durch die Streitigkeiten mit den Steuerbehörden furchtbar gedemütigt fühlte. In diesen beiden Filmen ist die Dunkelheit und Brutalität, die er fühlte, ein zentrales Thema. Man kann sehen, wie sehr es ihn verletzte, das Land zu verlassen, das er so liebte und das sein Leben geprägt hatte. Seine Depression ist offensichtlich. Zur gleichen Zeit arbeitete er im Residenztheater in München mit großen Schauspielern, die es liebten, mit ihm auf der Bühne und vor der Kamera zu arbeiten. Zunächst war die Presse begeistert darüber, den Meister dort empfangen zu dürfen. Aber das waren sehr politische Zeiten und seine Inszenierung wurde als altmodisch empfunden. Bergman fühlte sich gedemütigt und zog sich nach Fårö zurück, um dort den Rest seiner Tage zu verbringen. Alles in allem war sein Leben mit viel mehr Problemen belastet, als man das von einem Genie erwarten würde.
Bergman präsidierte die Jury für den besten Film der European Film Academy im Jahr 1990, für die er alle Mitglieder selbst ausgewählt hatte. Unter ihnen waren Jeanne Moreau, Theo Angelopoulos, Deborah Kerr und ich. Erst später erfuhr ich, dass er mich ausgewählt hatte, weil er ein Bewunderer meines Films DIE BLEIERNE ZEIT (1981) war. Auf dem Festival erzählteer mir, dass er meinen Film zu einer Zeit sah, als er deprimiert war und keine Filme mehr machen wollte – dass mein Film ihm die Kraft gegeben hätte weiterzumachen und FANNY UND ALEXANDER zu drehen. Zuerst dachte ich, er machte mir dieses Kompliment nur, um mich zu beruhigen, weil er wusste, wie eingeschüchtert ich von ihm war. Sein Freund Jörn Donner erinnerte mich, dass dieses Kompliment von einem Frauenheld kam. Ich hatte es fast verdrängt, bis das Gothenburg Festival Bergman zwei Jahre später eine Liste mit seinen zehn Lieblingsfilmen zusammenstellen ließ. Meiner war dabei.
Mein Ex-Mann, Volker Schlöndorff, und ich waren sehr gut mit Bergmans Kameramann Sven Nykvist befreundet. Sven hat diverse Filme mit Volker gedreht, zum Beispiel auch STROHFEUER (1972), in dem ich mitgespielt habe. Wir redeten immer wieder über den Meister, wenn wir zusammen waren. Eines Tages ein paar Jahre später sagte er uns, dass Bergman Volkers DER FANGSCHUSS (1976) gesehen hätte und ihm meine Darstellung sehr gefallen habe. Wenn ich darüber nachdenke, dass Bergman mich zuerst als Schauspielerin wahrnahm, stelle ich mir immer wieder vor, dass ich in meiner Zeit als Schauspielerin auch in seiner Theatergruppe hätte spielen können.
AUF DER SUCHE NACH INGMAR BERGMAN war ein aktiver, aber innerer Prozess. Der Film mag wie eine äußerliche Suche erscheinen; von Schweden geht es nach Deutschland, Spanien und Frankreich. Aber die Protagonisten, und besonders seine Söhne, seine Schauspielerinnen wie Liv Ullmann, Gunnel Lindblom, Julia Dufvenius, frühere Arbeitskollegen und Regisseure und Filmemacher der nächsten Generation wie Ruben Östlund, Olivier Assayas und Mia Hansen-Løve äußern sich auf eine so bewegende und intime Weise, dass ich in diesen Begegnungen fand, wonach ich suchte: eine Welt der persönlichen Erfahrungen, die in den Filmen nachhallt.
Foto:
Margarethe von Trotta in "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" (2018)
Weltkino Filmverleih, DIF, © Börres Weiffenbach
Info:
Deutschland 2018
Regie Margarethe von Trotta
Drehbuch Margarethe von Trotta (Konzept)Felix Moeller (Konzept)
Kamera Börres WeiffenbachFlorian Lampersberger
Mit: Liv Ullmann, Daniel Bergman, Gunnel Lindblom, Olivier Assayas, Ruben Östlund, Carlos Saura, Jean-Claude Carrière, Gaby Dohm, Johannes Kaetzler, Mia Hansen-Løve u.a.
98 Min.
Verleih: Weltkino
Abdruck aus dem Presseheft
Bergman präsidierte die Jury für den besten Film der European Film Academy im Jahr 1990, für die er alle Mitglieder selbst ausgewählt hatte. Unter ihnen waren Jeanne Moreau, Theo Angelopoulos, Deborah Kerr und ich. Erst später erfuhr ich, dass er mich ausgewählt hatte, weil er ein Bewunderer meines Films DIE BLEIERNE ZEIT (1981) war. Auf dem Festival erzählteer mir, dass er meinen Film zu einer Zeit sah, als er deprimiert war und keine Filme mehr machen wollte – dass mein Film ihm die Kraft gegeben hätte weiterzumachen und FANNY UND ALEXANDER zu drehen. Zuerst dachte ich, er machte mir dieses Kompliment nur, um mich zu beruhigen, weil er wusste, wie eingeschüchtert ich von ihm war. Sein Freund Jörn Donner erinnerte mich, dass dieses Kompliment von einem Frauenheld kam. Ich hatte es fast verdrängt, bis das Gothenburg Festival Bergman zwei Jahre später eine Liste mit seinen zehn Lieblingsfilmen zusammenstellen ließ. Meiner war dabei.
Mein Ex-Mann, Volker Schlöndorff, und ich waren sehr gut mit Bergmans Kameramann Sven Nykvist befreundet. Sven hat diverse Filme mit Volker gedreht, zum Beispiel auch STROHFEUER (1972), in dem ich mitgespielt habe. Wir redeten immer wieder über den Meister, wenn wir zusammen waren. Eines Tages ein paar Jahre später sagte er uns, dass Bergman Volkers DER FANGSCHUSS (1976) gesehen hätte und ihm meine Darstellung sehr gefallen habe. Wenn ich darüber nachdenke, dass Bergman mich zuerst als Schauspielerin wahrnahm, stelle ich mir immer wieder vor, dass ich in meiner Zeit als Schauspielerin auch in seiner Theatergruppe hätte spielen können.
AUF DER SUCHE NACH INGMAR BERGMAN war ein aktiver, aber innerer Prozess. Der Film mag wie eine äußerliche Suche erscheinen; von Schweden geht es nach Deutschland, Spanien und Frankreich. Aber die Protagonisten, und besonders seine Söhne, seine Schauspielerinnen wie Liv Ullmann, Gunnel Lindblom, Julia Dufvenius, frühere Arbeitskollegen und Regisseure und Filmemacher der nächsten Generation wie Ruben Östlund, Olivier Assayas und Mia Hansen-Løve äußern sich auf eine so bewegende und intime Weise, dass ich in diesen Begegnungen fand, wonach ich suchte: eine Welt der persönlichen Erfahrungen, die in den Filmen nachhallt.
Foto:
Margarethe von Trotta in "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" (2018)
Weltkino Filmverleih, DIF, © Börres Weiffenbach
Info:
Deutschland 2018
Regie Margarethe von Trotta
Drehbuch Margarethe von Trotta (Konzept)Felix Moeller (Konzept)
Kamera Börres WeiffenbachFlorian Lampersberger
Mit: Liv Ullmann, Daniel Bergman, Gunnel Lindblom, Olivier Assayas, Ruben Östlund, Carlos Saura, Jean-Claude Carrière, Gaby Dohm, Johannes Kaetzler, Mia Hansen-Løve u.a.
98 Min.
Verleih: Weltkino
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