Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Juli 2018, Teil 3
N.N.
Paris (Weltexpresso) - Grundsätzlich ist der Film EIN LIED IN GOTTES OHR eine Komödie über Vorurteile und nicht eine Auseinandersetzung mit und über Religionen. Das ist wichtig zu betonen, weil nicht die letzen Dinge hier im Wettstreit diskutiert werden, sondern es immer nur um die Vorurteilsebenen geht, die auch der Priester Benoit (Guillaume de Tonqédec), der Imam Moncef (Ramzy Bedia) und der Rabbi Samuel (Jonathan Cohen) teilen und die zu überwinden die drei erst zu einer richtigen Band machen. Im Folgenden die Kommentare der drei zu ihren Rollen. Die Redaktion
KOMMENTAR VON GUILLAUME DE TONQUÉDEC
Als ich das Drehbuch bekommen habe, habe ich es gleich zwei Mal hintereinander gelesen. Es war nicht nur lustig, nein, es war auch gewagt. Es ist eine Komödie mit Tiefe und richtigen Persönlichkeiten. Als Autor, Regisseur und Schauspieler war Fabrice Éboué eine wahre Entdeckung für mich. Ich mag und bewundere ihn sehr. Ich wurde in eine Welt hinein geworfen, die mich sehr amüsiert hat und in die ich mit Freude noch einmal zurückkehren würde. Interessant ist, dass Fabrice und ich auf den ersten Blick wenig Überschneidungen in unseren Biographien hatten, aber letztlich haben wir viele gemeinsame Werte, in unserer Art über Komödie zu sprechen, sie zu schreiben und zu bearbeiten, wir kommen aus derselben Familie. Als wir alle drei in unseren jeweiligen Gewändern zusammentrafen, hatte ich erst mal einen fünfminütigen Lachanfall. Es war sehr stark. Kleider machen Leute. Ich zog das Gewand an und die Figur existierte.
Was mir gefi el, war, dass der Pfarrer vor allem ein Mensch war, dem Dinge passieren: der Lack bricht ab und der Mensch im Pfarrer wächst über ihn und seine Funktion, der er sich ernsthaft verpfl ichtet hat, hinaus. Das Buch spricht über die Menschheit. Wir wollten über Religion in unserer heutigen Zeit sprechen und Fabrice hat das auf sehr subtile Weise gemacht. Was mir an Komödien so gut gefällt, ist, dass man an die Figuren glaubt. Was mich auch interessiert, ist, dass meine Figur vielseitig ist – dass er ein Mann Gottes ist, der das Showbusiness ablehnt, dann aber doch akzeptiert, sich auf der Bühne zu produzieren, um das Dach der Kirche zu reparieren und der am Ende dem Charme des Showbusines entgegen seinem Willen verfällt.
Es war eine geniale Idee von Fabrice, Schauspieler zusammenzubringen, die sich dem Spiel voll und ganz hingeben. Denn wir mussten das Publikum an die Figuren glauben lassen und nicht einfach nur einen Rabbi, Imam oder Pfarrer spielen. Es ging darum, diese Figuren zu sein, und nicht sie zu spielen. Deswegen brauchte man auch Schauspieler, die die notwendigen Reserven haben, damit die Geschichte glaubhaft ist.
Ich bin katholisch, getauft und habe Kommunion und Firmung gefeiert. Ich habe sogar Exerzitien gemacht und ich bin mehr oder weniger praktizierender Katholik. Ich bin der Religion sehr verbunden und der katholischen Gemeinde sehr nah. Deswegen hat mich der Film natürlich interessiert. Wir werden sehen, ob mich die Leute aus meiner Gemeinde aus ihrem Adressbuch streichen. Deswegen glaube ich als Katholik und Mensch, dass es sehr wichtig ist, über diese Themen mit Respekt und Demut zu sprechen. Und Fabrice ist in seinen Entscheidungen sehr intelligent vorgegangen.
Ich wünsche mir lachende Zuschauer und ich habe die Hoffnung, dass die Religion ein wenig entkrampft wird. Wenn man die Religionen an ihrem richtigen Platz lassen könnte, wäre das perfekt. Es ist sicher unsere Aufgabe als Künstler, Politik zu machen und das Bewusstsein der Menschen zu wecken. Ich hoffe, wir haben unseren Teil dazu beigetragen, Menschen zum Nachdenken über diese Themen zu bringen und die Gewalt zu mindern. Wenn man die Spannungen in der Gesellschaft, die sich an diesen Themen entzünden, etwas lösen kann, wäre ich sehr glücklich.
KOMMENTAR VON RAMZY BEDIA
Fabrice Éboué ist mein Nachbar, und eines Tages hat er mir das Drehbuch vorbeigebracht: ich hoffe, er hat mich nicht deswegen ausgesucht (Lachen). Überzeugt hat mich, dass er die Religionsprobleme entheiligt. Denn die nehmen viel zu viel Platz im Leben aller ein. Jedes Mal, wenn über Religion geredet wird, geht es darum, Hass anzustacheln und ich fand es toll, dass man über so ein Thema lachen kann. Unsere Rolle im Kino ist es, die Leute zum Lachen zu bringen, ohne sie zu verletzten, und bei dem Ganzen die Gläubigen zu respektieren. Von Beginn an war klar, dass wir niemanden verletzen werden. Kein Witz wurde dem Zufall überlassen: jeder humoristische Zug wurde kalibriert, um niemanden anzugreifen. Außerdem habe ich mir gesagt, dass Lachen die Intelligenz entspannt und wenn es mich zum Lachen bringt, dann würde es den Katholiken, den Juden und den Atheisten auch so gehen. Das mag ich übrigens an dem Film: man respektiert auch die Atheisten.
Meiner leicht antiklerischen, antisemitischen und manchmal ein bisschen kurzsichtigen Figur wird im Lauf des Films bewusst, dass er sogar der beste Freund eines Rabbis und eines Priesters werden kann. Er beginnt, die Religion zu respektieren, ohne aber gläubig zu werden.
EIN LIED IN GOTTES OHR war ein Dreh, bei dem man um 7 Uhr morgens ankommt und die Witze auch schon um 7 Uhr losgehen. Das ist selten! (Lacher). Es gab nicht einen schwierigen Tag, an dem sich die Leute gestritten haben. Das kommt selten vor. Ich würde gerne mit dem selben Team einen zweiten Teil drehen. Keiner hatte das Ego am falschen Platz. Wir mussten dennoch auch den Anforderungen gerecht werden. Wir haben zwar den ganzen Tag gelacht und Späße gemacht, aber wir waren auch sehr konzentriert. Wir waren alle so auf der gleichen Wellenlänge, dass wir arbeiten und gleichzeitig Spaß haben konnten.
Für den Film wünsche ich mir, dass er begreifbar macht, dass man mit Religion lachen kann, und dass man lachen kann, ohne Menschen zu verletzen, wenn man sie respektiert.
KOMMENTAR VON JONATHAN COHEN
EIN LIED IN GOTTES OHR hat mich durch seinen Ton und seine Dreistigkeit überzeugt: Fabrice behandelt sehr sensible Themen, die polemisch sein könnten, aber er fi ndet den richtigen Ton und kippt nie in die Übertreibung. Das Buch ist mit Feingefühl und Humor geschrieben. Außerdem amüsierte es mich ungemein, einen Rabbi zu spielen, der ein bisschen schüchtern ist und während der Tournee unkontrollierbar wird. Außerdem liebe ich es zu singen und zu tanzen. Eine tolle Gelegenheit also für mich. Als Fabrice mir erzählte, dass der Film die Geschichte eines Rabbis, eines Priesters und eines Imams erzählt, die eine Band gründen, hatte ich auch Angst. Wir leben in einer Zeit des Verdachts, in der Leute sich weniger frei fühlen, über diese Art von Thema zu diskutieren, aber ich persönlich hatte Lust, darüber zu lachen – und zum Lachen zu bringen. Wir hatten das Glück, uns alle gut zu verstehen, was für ein Projekt dieses Kalibers wesentlich ist. Ich hatte das Gefühl, dass nur Fabrice diese Art von Thema behandeln konnte: im Film bekommt jeder was ab, aber alle mit Wohlwollen.
An der Figur, die ich spiele, liebe ich ihre Zerbrechlichkeit, die jeden zu jedem Zeitpunkt hängen lassen kann. Gleichzeitig ist er ein ganz netter und idealistischer Typ, der von einer besseren Welt träumt. Ich bin Jude und überhaupt nicht praktizierend. Ich war immer schon sehr universal in meinem Umgang mit anderen, was dazu führt, dass meine Religion eher einem Ensemble an Werten gleichkommt als einem Dogma. Wir Schauspieler hatten während der Dreharbeiten alle etwas gemeinsam: eine Art von DNA der Komödie. Castings sind oft wie Pokerspiele, und bei dem Film hatten wir das Glück Menschen zusammenzubringen, die gern miteinander lachen und spielen, und die Energien haben, die gut zusammenpassen. Wenn man so ein Erlebnis hat, ist man froh, denn genau deswegen machen wir ja diesen Beruf. Ich denke, das Wichtigste ist, dass der Film die Geschichte von Menschen erzählt. Heutzutage verschwinden leider oft die menschlichen Aspekte hinter der Religion. Der Film bringt den Menschen wieder in den Mittelpunkt. Ich würde mir wünschen, dass das Publikum aus dem Film geht und sich sagt: wir mögen diese Typen und dabei ihre geistlichen Gewänder vergisst.
Foto:
© Verleih
Info:
Darsteller
Nicolas Fabrice Éboué
Sabrina Audrey Lamy
Moncef Ramzy Bedia
Samuel Jonathan Cohen
Benoit Guillaume de Tonquédec
Demanche Mathilde Seigner
Alexia Amelle Chahbi
Abdruck des Interviews aus dem Presseheft