Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. August 2018, Teil 5
N.N.
New York (Weltexpresso) - Warum Itzhak Perlman? Was fanden Sie an ihm so spannend?
Abgesehen von Itzhak Perlmans großem musikalischen Talent, suchte ich nach einem dynamischen Charakter mit einer komplexen Persönlichkeit. So kann ich den Interview-Stil der „Talking Heads“ vermeiden. Ich wusste, dass Perlman einen ganzen Filme alleine tragen kann, ohne dass Andere als Lückenfüller einspringen müssten – und dass er sehr unterhaltsam sein würde. Und ich behielt Recht.
Sie haben zeitgenössische bildende Künstler in ihren vorherigen Filmen vorgestellt. Was ist das Einzigartige an diesem Film, und warum haben Sie einen langen Dokumentarfilm mit ihm gedreht?
Der Prozess, einen Charakter oder Künstler zu entschlüsseln, ist für mich immer derselbe. Als Regisseurin ist mein wichtigstes Ziel, ein so persönliches Porträt wie nur möglich zu gestalten, dem Publikum die „Inside Story“ zu enthüllen. Etwas, das die Zuhörer bei einem Konzert nicht bekommen. Es ist besonders zufriedenstellend zu erleben, wer dieser Mensch außerhalb seiner Arbeit ist, und in welcher Rolle beim Arbeiten. In Perlmans Fall fließt seine enormer Spirit, seine Seele und seine Mitmenschlichkeit in seine Arbeit ein und schafft diesen wundervollen Klang.
Welche Rolle spielt die Musik im Film?
Die Musik ist ein Traum für jeden Filmemacher. Perlman stellt tatsächlich soviel mehr als seine Musik dar, so dass diese der rote Faden wurde, der die Geschichte zusammen stellte.
Wie lange drehten Sie? War es sehr schwierig, Zugang zu den Menschen und Orten zu bekommen, die Sie im Film zeigen wollten?
Wie drehten ein Jahr lang – nicht durchgehend. Es war Perlmans 70. Lebensjahr und natürlich war da viel los. Das war ein toller Zeitpunkt für den Film. Dann waren wir ein Jahr lang im Schnitt. Der Zugang gelang ganz leicht. Itzhak Perlman ist ein beliebter Mann, das erleichterte viel.
Ihnen wurde Einblick in Perlmans Privatleben gwährt. Wie entschieden Sie, welche Momente Sie für den Film auswählen?
Das war ein sehr organischer Prozess – die Momente suchten sich quasi selbst aus, der Film entwickelte eine eigene Persönlichkeit und bestimmte selbst, was wir brauchten. Als wir den Rohschnitt ansahen, hatten meine Cutterin und ich dasselbe Gefühl, was noch fehlte oder zuviel war.
Wieviel Archivmaterial mussten Sie sichten, während Sie den Film montierten? Wie entschieden Sie, was in die endgültige Fassung davon verwenden würden?
Wir wollten, dass der Film aktuell ist, aber es gab einige Archivszenen, die zu schön waren, um sie wegzulassen. Deshalb sind ungefähr zehn Prozent Archivmaterial im Film.
Itzhak Perlmans Frau Toby hat einen wichtigen Anteil im Film. Warum entschieden Sie sich, soviel von ihr im Film zu zeigen?
„Hinter jedem großen Mann steht eine starke Frau.“ Dieses berühmte Zitate könnte nicht zutreffender sein als bei den Perlmans. Toby hat ein gutes Gespür für sich selbst und Itzhak profitiert sehr davon. Sie sind ein perfektes Duo. Es gäbe keinen Film ohne Toby. Es gab einen Moment, wo der Film sogar Itzhak und Toby genannt wurde, aber das über letztlich zuviel Druck auf sie aus.
Itzhak Perlman ist sich seiner Identität als Jude in einem sich rapide wandelnden New York sehr bewusst. Wollten sie diesen Teil von Anfang an miterzählen oder offenbarte sich das während des Drehens?
Ich hatte keine großen Absichten, als ich mit dem Drehen begann. Ich versuche, so eine festgelegte Planung zu vermeiden, damit ein Film sich frei entwickeln kann und so werden, je nachdem was passiert. Albert Maysles sagte mal “jemanden zu fragen, wie sein Film wird, bevor er mit dem Drehen begonnen hat, ist das gleiche wie ein Kind zu fragen, was es werden will.“ Es nimmt alle Magie weg. Der einzige Weg, wie wir unsere Geschichte entwickeln können, ist durch konstante Beobachtung durch die Kameralinse, und so wurde der jüdische Blickwinkel wichtig, nachdem ich mit meinem Protagonisten und meinem Material vertrauter wurde.
Was sollen die Menschen von diesem Film mitnehmen?
Ich hoffe, dass sie sich davon inspirieren lassen, was für ein unglaubliches Vorbild an Mitmenschlichkeit Itzhak Perlman ist. Ich bin es auf jeden Fall.
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Info:
Ein Film von Alison Chernick, USA 2018, 83 Min.
Abdruck aus dem Presseheft