f nachste distanzSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. August 2018, Teil 8

N.N.

Berlin (Weltexpresso) - Wie kam es zu diesem Projekt?

Schon Ende der 80er-Jahre las ich das Buch „The Link“. Es enthielt drei Kurzgeschichten der Ex-Mossad- Agentin Tal Yaari. Mich begeisterte die erste Geschichte „The Link“ – ich fand, dass sie sich für eine Verfilmung geradezu anbot. Wenige Monate später kam heraus, dass Yaari gar nicht die Autorin war – es gab sie gar nicht. Geschrieben hat das Buch Shulamith Hareven, eine renommierte, bekannte Autorin, die noch nie derartige Geschichten verfasst hatte. Ich nahm das zur Kenntnis, hatte aber keine Zeit, mich näher damit zu befassen und vergaß das Buch und die Filmidee allmählich. 2011 sollte dann mein Film DIE REISE DES PERSONALMANAGERS anlaufen, der den Ophir Award erhalten hat, und man bat mich, für die Literaturbeilage der Zeitung Haaretz in meiner Bibliothek ein Foto von mir ma- chen zu lassen. In meiner Bibliothek herrschte das reinste Chaos ... ich hatte also keine Wahl und musste zumindest ansatzweise aufräumen ... und dabei stieß ich auf das Buch „The Link“, das dort auf mich wartete. Also rief ich Shulamits Ehemann Alouph an (sie war inzwischen leider verstorben), und kurze Zeit später sicherte ich mir die Filmrechte.


f distanzWie genau halten Sie sich an die Vorlage?

Ich finde, dass ich die Kernaussage unverändert übernommen habe – die Essenz der Geschichte bleibt erhalten: Zwei Frauen in einem sicheren Unterschlupf – bedroht von außen. Das ist die zentrale Idee. Als ich dann am Computer saß, musste ich mich ins Herz der Story versenken und auch entscheiden, welche Elemente sich für die Leinwand besonders gut eignen und welche weniger. Ich hatte das Gefühl, mich seit LEMON TREE in diesem Bereich gut auszukennen, doch hier kam noch ein weiteren Aspekt hinzu, ein Hauch von John Le Carré. Meine Aufgabe bestand jetzt darin, diese Elemente im Gleichge- wicht zu halten: Wie entschlüsselt man die Handlung allmählich, ohne in der Spannung nachzulassen – denn das Thrillerelement ist und bleibt wichtig. Die Story gab mir die Figuren vor, und obwohl ich sie verändert habe – besonders die Mossad-Agentin Naomi – bin ich doch überzeugt, dass dies immer noch die Frauen sind, wie Shulamit sie sich vorgestellt hat.


Vor welchen Problemen standen Sie bei diesem Projekt?

Da gab es jede Menge ... Abgesehen von den üblichen Herausforderungen, denen sich jeder Filme- macher stellen muss, ging es in diesem besonderen Fall vor allem darum, auf dem sehr schmalen Grat zwischen der intimen Story der beiden Frauen und dem größeren Spektrum der äußeren Ge- schichte zu balancieren: Wie wirkt sich die äußere auf die innere aus? In Bezug auf Stimmung, Farbe und Emotion könnte man fast sagen: Der Osten trifft auf den Westen. Wieviel verrät man, wieviel überlässt man der Kombinationsgabe der Zuschauer? Um diese Elemente ging es während der ge- samten Produktion – beim Schreiben, Inszenieren, Schneiden und in der Endfertigung. Ich bemühe mich immer, verständlich zu erzählen, ich verliere nie den Unterhaltungsaspekt aus den Augen, aber ich versuche auch immer, in den sensibelsten Bereich menschlicher Erfahrungen vorzustoßen – ganz allgemein und vor allem in Bezug auf den Nahen Osten.


Erzählen Sie uns über ihre beiden Darstellerinnen.

Ich könnte stundenlang über sie reden ... Meine Darsteller sind mir immer sehr nahe – ich betone immer, dass kein Aspekt wichtiger ist. Wenn die Schauspieler mich nicht überzeugen, werden sie auch das Publikum enttäuschen. Es ist wohl am einfachsten, wenn ich sage, dass ich beide sehr schätze, ich bete sie an. Sie sind sehr unterschiedlich, was sich wunderbar auf die Rollen auswirkt. Und beide brauchten meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit bei jedem Detail – gerade das mag ich besonders bei der Regiearbeit. Golshifteh hat eine Menge erlebt, auch schlimme Dinge. Sie kann auf viele Erfahrungen zurückgreifen und sie für sich nutzen. Sie reagiert unfassbar intuitiv, bleibt dabei aber auch naiv (oder doch nicht?). Das war für mich die perfekte Voraussetzung für die Rolle der Mona. Neta studiert man zunächst eine ganze Weile, bevor man sich in ihre Gedankengänge hineinversetzen kann – und dieser Vorgang war für mich ebenfalls ausschlaggebend bei der Besetzung der Naomi. Ich möchte hinzufügen, dass auch alle weiteren Darsteller wunderbare Leistungen zeigen – Lior, Haluk, Mark, Doraid, Yehuda, David, August, Dagmar, Ronald und alle anderen in großen oder kleinen Auftritten. Alle sind sehr engagiert dabei, arbeiten sehr präzise und wirken sehr überzeugend.


Was bewegt Sie jetzt, wo der Film der Öffentlichkeit vorgestellt wird?

Dies ist mein zwölfter Spielfilm, und ich reagiere immer noch so aufgeregt und emotional wie beim Dreh meines ersten Films. Das halte ich für ein gutes Zeichen. Ich glaube, dieser Film hat das Potenzial, einerseits ein großes weibliches Publikum anzusprechen, ohne andererseits jene Zuschauer zu vernach- lässigen, denen die Thrillerelemente mehr am Herzen liegen. Wir halten beides im Gleichgewicht. Der Film bietet einen Einblick in die Köpfe und Herzen zweier Frauen, die sich total voneinander unterschei- den, die sich aber auch ergänzen. Der Film wirft ein Schlaglicht auf die Welt von heute und formuliert, was die Zukunft uns bringen wird. Er ist geprägt von Spannung, von vielen überraschenden Wendungen. Deshalb wünsche ich mit ein erwartungsvolles Publikum. Mein Selbstvertrauen mischt sich mit der für Filmemacher üblichen Beklommenheit, wenn wir unser Werk seinen Weg in die Welt antreten lassen müssen.


Foto:
© Verleih

Info:
Darsteller
MONA            GOLSHIFTEH FARAHANI
NAOMI           NETA RISKIN
AVNER           YEHUDA ALMAGOR
NAIM              DORAID LIDDAWI
YUSSEF         DAVID HAMADE
SEBASTIAN   AUGUST WITTGENSTEIN
BERNHARD   MARK WASCHKE
AHMET           HALUK BILGINER