f dorfblankSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. August 2018, Teil 3

N.N.

Paris (Weltexpresso) - Erzählen Sie doch einmal, wie der Film entstanden ist.

Es ist so, dass ich seit meiner frühesten Kindheit meine Ferien in einem Haus meiner Familie in der Perche verbracht habe, in der so genannten Basse Normandie, etwa drei Kilometer entfernt vom Dorf Mêle-sur-Sarthe. Zum anderen habe ich Fotos eines Konzept-Künstlers gesehen, der Happenings mit nackten Leuten in verschiedenen Städten macht, in Berlin, in Mexiko. Ich habe mich gefragt, was passieren würde, wenn so ein Fotograf in diesem entlegenen Winkel im tiefsten Frankreich anhalten und sich entschließen würde, eine Fotosession mit nackten Menschen auf einem Feld abzuhalten. Das wäre ein Kulturschock, der Nährstoff für eine Geschichte wäre...


Die Ambitionen eines Konzeptkünstlers mit der Realität ländlichen Lebens im Frankreich von heute zu konfrontieren, das war ein recht origineller Ausgangspunkt...

Aber schwierig zu fassen: Für die Entwicklung des Projekts habe ich vier Jahre gebraucht.


Warum so lange?

Zweifellos weil es notwendig war, den burlesken Ansatz für eine Konfrontation zwischen den beiden Welten völlig hinter sich zu lassen. Der Film hätte in meinen Augen keinen Sinn, wenn er nicht von der Wahrheit der Figuren getragen würde, von einer Beschreibung der bäuerlichen Welt die ich, wie ich gestehen muss, nicht gut kannte. Seit ich denken kann, komme ich immer wieder in dieses Dorf, aber ich hatte keine Ahnung von der Alltagsrealität der Landwirte. Ich sah davon nur die Oberfläche, wie ein Städter, der auf dem Lande nur die schönen Bäume und die großen Wiesen sieht.

Das ist der Grund, warum ich mich im Film beim Erzählen gleichsam auf eine Pariser Familie stütze, die von François-Xavier Demaison und Julie-Anne Roth verkörpert werden. Und schließlich musste ich die Vorbereitungen ein Jahr unterbrechen, um einen anderen Film zu drehen, FLORIDE, und als ich mich wieder an die Arbeit gemacht habe, habe ich bei den Landwirten richtig recherchiert. Ich bin allen möglichen Leuten begegnet: Den traditionell gesinnten Bauern, den Biobauern, den Moderaten, denen, die über Kooperativen direkt an den Endverbraucher verkaufen... Da vollständig einzutauchen, hat es mir erlaubt, ihre Schwierigkeiten und ihre Leiden zu begreifen, sicherlich vor allem ökonomische, aber ebenso in moralischer Hinsicht. Im Film sprechen die Leute keineswegs mit einer Stimme. Aber allen ist gemeinsam, dass sie verzweifelt sind: Sie fühlen sich einsam, erniedrigt, sie werden weder gehört noch gesehen. Es ist diese emotionale Realität, die ich wiederherstellen wollte.


Der Preis für Fleisch ist im freien Fall, Milch wird für nichts verkauft, die landwirtschaftlichen Produkte sind im Griff der Großhändler, Demonstrationen und Straßenblockaden... Man spürt physisch ihre Situation. „Wir haben doch schon blank gezogen, sagt Balbuzard, der Bürgermeister auf die Anfrage des Fotografen hin, „und dann wollen Sie uns noch ausziehen?“ Warum der Wunsch nach dem Ausziehen?

Das Seltsame ist, dass es Nacktheit auf dem Lande nicht gibt. Es ist so, als wären die Bauern niemals nackt. An einer Stelle im Film sagt Balbuzard, „sogar im Sommer behält der Mensch aus der Normandie den Pullover an“, und es ist wahr, die Bauern zeigen sich selten anders als in Stiefeln und Hosen. In Mêle-sur-Sarthe, hat die Stadtverwaltung einen künstlichen See angelegt, aber die Landwirte gehen da nie baden! In der Stadt hingegen wird unter jeder Hülle der Körper freigelegt, erotisiert und über die Werbung auch banalisiert. Auf dem Lande bleibt das ein Tabu. Das heißt nicht, dass die Bauern prüde oder puritanisch wären, aber ihr Körper bleibt eine Bastion, die sie nicht aufgeben.


Dabei könnte man denken, dass bei einem Leben im Austausch mit der Natur eine solche Barriere nicht existiert.

Weil die Nacktheit nicht ‚natürlich‘ ist. Die Nacktheit ist vielmehr eine zutiefst kulturelle Vorstellung. Die Pariserin im Film hat kein Problem damit, sich auszuziehen, weil in der Stadt die Nacktheit überallhin eingedrungen ist: in die Werbung, aber auch ins Theater, ins Tanztheater und in die Oper. Aber auf dem Lande liegt die Sache ganz anders. Die Landwirte werden im Film eine weite Strecke zurücklegen müssen, um sich der Scham und der Geheimnisse zu entledigen, die sie zu ersticken drohen. Im Film gibt es jemanden, der dauernd sagt, er habe nichts zu verbergen, aber zufällig ist gerade er es, der ein Geheimnis bewahrt hat, dass ihn erstickt und von dem er sich wird befreien müssen. Am Ende, als sich alle zu dem Nacktfoto einverstanden erklären, haben sie etwas von einer ursprünglichen Unschuld zurückgewonnen, eine neue Lebensfreue und -lust.


Ziemlich militant zwingt der Bürgermeister, gespielt von François Cluzet, seine Bürger dazu, sich den Anweisungen des Fotografen zu unterwerfen. Für ihn ist das Foto ein Mittel, um die Aufmerksamkeit der Medien zu gewinnen.

Und er hat recht damit. Seit einigen Jahrzehnten schon ist die Nacktheit zur Waffe geworden. Angefangen hat es mit der Bewegung der so genannten Streakers, die in den 1970er Jahren auf Fußballfeldern aufgetaucht sind, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Die Gegner des Vietnam-Krieges haben ihnen den Weg gebahnt, in jüngerer Zeit sind es die Femen, die im Film auch erwähnt werden.


Das gibt dem Film einen eminent politischen Charakter...

Es ist die Geschichte einer Gemeinschaft, die dank eines unvorhersehbaren äußeren Ereignisses zusammenrückt. Indem sie sich zusammen nackt zeigen, gelingt ihnen, was sie zuvor nicht geschafft haben: Sie sind frei und solidarisch. Das Erstaunliche ist, dass es echte Landwirte sind, die wirklichen Einwohner des Dorfes, die gekommen sind, um sich so zu zeigen. Sie haben alle ihre Scheu überwunden! Die Intimität verschwindet zugunsten eines unglaublich urwüchsigen Bildes.


Es gibt eine andere Form der Nacktheit, wenn die junge Charlotte für Vincent posiert.

Das ist die klassische Situation von Maler und Modell. Man kann niemals ganz ermessen, was sich in dieser Situation abspielt, den Teil der Hingabe, den Teil der Kontrolle. Hier wird das alte Fotostudio des Dorfes unwillkürlich zum Rahmen eines Spiels des Modellstehens.


Die Gemeinschaft, die Sie beschreiben, ist auf Verharren gepolt. Der Fortschritt ist da, aber die Traditionen überdauern. ...Ein alter Bauer beginnt das alte Volkslied zu singen: „Sie kennen nicht den Geschmack des Wassers“, ein Spielmannszug begleitet die Hochzeit...

Der Bauer, an den Sie erinnern, ist ein alter Agraringenieur, der sehr in der Entwicklung der Biolandwirtschaft engagiert ist, und den traditionellen Landwirten hilft, sich umzustellen. Er ist eine Art von Prediger, der von Hof zu Hof zieht, um die gute Nachricht zu verkünden. Was den Spielmannszug angeht, so handelt es sich um den echten Spielmannszug des Dorfes, bunt zusammengewürfelt aus Alten und Jungen, jedes Alter ist dabei. Ich hatte den Eindruck, bei Milos Forman zu sein! Heutzutage koexistiert die Vergangenheit mit der Gegenwart. Nostalgie, Sehnsucht nach der Vergangenheit, ist deshalb obsolet.


Es gibt diese Szene, wo Vincent, der Sohn des Dorffotografen, die Fotos findet, die sein Vater hinterlassen hat.

EIN DORF ZIEHT BLANK ist ja auch die Geschichte eines Bildes. Ich bin immer vom Schicksal der Dorffotografen fasziniert gewesen, diesen unbekannten Handwerkern, die Landwirtschaftstreffen, Hochzeiten, Kommunionen fotografiert haben – all diese ein bisschen kitschigen Fotos, in denen unsere Kindheit aufbewahrt ist. Wenn man daran denkt, dass es in jeder Hauptstraße ein Schild mit KODAK gab und dass in nur wenigen Jahren diese Kultur vollständig verschwunden ist...


Die Ankunft der beiden amerikanischen Fotografen im Dorf – der Fotokünstler Newman wird von einem Kriegsfotografen begleitet – verbinden Sie mit der Landung der Alliierten 1944...

Das ist unvermeidlich. Die Schlacht in der Normandie ist es gewesen, die den Ausgang des Zweiten Weltkriegs nach der Landung an den Stränden der Normandie entschieden hat. Es genügt, den Friedhof von Colville-sur-mer zu besuchen, um das Ausmaß des militärischen Engagements der Amerikaner zu ermessen. Ende Juni 1944 haben die Alliierten den Bahnhof von Mêle-sur-Sarthe bombardiert, wo zwei Züge mit deutscher Munition lagerten, die explodiert sind, und die Hälfte des Dorfes zerstört haben. Die Befreier sind auch Zerstörer gewesen! Dies spaltet noch einmal das Dorf, es besteht keine Einigkeit in diesem Punkt.


Letztlich sind die Landwirte von der Idee des Fotografens und des Bürgermeisters auch nicht wirklich begeistert und kommen nicht zum geplanten Treffen auf dem Feld.

Ja, das stimmt. Anfänglich erfinden sie alle möglichen Vorwände, um an diesem Tag etwas anderes zu tun zu haben. Der Bürgermeister fühlt sich von ihnen verraten, die ‚Seinen‘ haben ihn im Stich gelassen...


Dieses „Sich dünne machen“ führt zu einer Szene wo François Cluzet droht, sich zu erhängen. Das ist witzig, ist aber auch von großer Brutalität.

Leider gibt es Statistiken, die besagen, dass sich jedes Jahr 300 Bauern auf ihrem Hof das Leben nehmen, die meisten durch Erhängen. Nur zwei Schritte vom Haus meiner Großeltern entfernt gab es einen Hof, der hieß ‚Der erhängte Wolf‘. Der Besitzer hat sich wirklich erhängt und man hat das Haus umbenennen müssen. Ich konnte nicht widerstehen, dieses Detail in den Film aufzunehmen.


François Cluzet ist außergewöhnlich in der Rolle des Bürgermeisters. Haben Sie sofort an ihn gedacht?

Von Beginn an lag es auf der Hand, dass er geeignet wäre. Ich mag diese Mischung aus Charme und Intensität, wie sich bei ihm ein Gefühl der Wut und eine kindliche Seite verbinden. Er hat etwas Dunkles, das Angst macht, und sobald er lächelt, hat er das Gesicht eines Heranwachsenden! Für gewöhnlich haben die Leute, die François Cluzet spielt, etwas zu verbergen, etwa der LANDARZT VON CHAUSSY von Thomas Lilti, den der Krebs auffrisst.

Hier ist er ganz mit sich im Reinen, edelmütig, nachsichtig, ein echter Sympathieträger. Er ist jemand, der für nichts als sein Dorf lebt – seine Frau hat ihn verlassen, er hat keine Freundin, er wirkt ein bisschen mönchisch. Im Grunde geht er mit seinen Gemeindemitgliedern wie ein Vater mit seinen ungebändigten Kindern um... Er tadelt sie, aber er hat auch Zärtlichkeit für sie. Er hat etwas von einem Regisseur: Er bemüht sich darum, dass die Dinge gelingen. Ich halte viel auf das, was dieser Satz aus der „Genesis“ besagt, die am Anfang des Films ein Priester spricht: „Am ersten Tag waren Adam und Eva nackt, und sie empfanden keinerlei Scham.“


Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?

François ist ein Asket des Szenarios. Er liest unermüdlich den Text, kommt auf bestimmte Stellen zurück, stellt Fragen...Er wusste auch, dass er mit Amateuren spielen musste, denn die kleinen Rollen haben Leute aus dem Dorf übernommen, die noch nie eine Kamera gesehen hatten. Es verlangt viel Anpassungsfähigkeit. Und dann spielt er die Wahrhaftigkeit der Situationen aus: er versucht nicht, witzig zu sein, er ist die ganze Zeit aufrichtig.

Eine kindliche Seite ist ein bisschen die Gemeinsamkeit aller Figuren dieses Films. Nur Chloé, die Filmtochter des von François-Xavier Demaison gespielten Parisers redet wie eine Erwachsene. Aber sie will ja auch Psychoanalytikerin werden. Sie ist wütend, weil ihre Eltern sich entschieden haben, auf dem Lande zu leben, ohne sie zu fragen. Ihr Widerstand geht so weit, dass sie davon träumt, die Normandie würde von der Erderwärmung dermaßen heimgesucht, dass sie zu einer wüsten Einöde wird, zu einer richtigen Sahelzone!


Sie geben ihr die Rolle der Erzählerin...

Schon immer habe ich von einem Voiceover in meinen Filmen geträumt, aber ich habe es niemals umgesetzt. Die Erzählung von Chloé etabliert einen Blickwinkel, von dem aus das Dorf mit einem gewissen Abstand beschrieben wird, als wäre es eine Märchenkulisse. Ihr Unwille, auf dem Lande zu leben, sorgt für eine gewisse Ironie, auch wenn sie, in emotionaler Hinsicht, auf der Seite der Landwirte steht.


Wie haben Sie die Figur des Fotografen entworfen?

Ich wollte ihn und sein Vorhaben auf keinen Fall lächerlich machen. Newman ist ein Künstler, der einer Obsession folgt. Er trägt in sich die Vision von der Menge auf dem Feld, man sieht ihn sie konstruieren mit diesem Arrangement aus Pfählen. Er hat eine abstrakte Vorstellung von nackten Körpern und überträgt sie auf die Realität. Toby Jones verleiht dem Fotografen eine großartige Innerlichkeit, aber auch eine spielerische Seite. An seiner Seite hat er Bradley, einen ehemaligen Kriegsfotografen, der das absolute Gegenstück zu Newman bildet.


Die Menschen vom Lande haben nicht den Ruf, sich Fremden rasch zu öffnen. War es schwierig, mit ihnen in engeren Kontakt zu kommen, bei ihrer Recherche und später beim Drehen?

Obwohl ich in Paris lebe, bin ich doch auch ein bisschen ein Landei. Ich habe in der Kirche von Mêle-sur-Sarthe geheiratet, meine Familie hat eine Gruft auf dem Friedhof, mein Großvater hat immer im Leben des Dorfes mitgemischt, mein Vater war Stellvertreter des Bürgermeisters... Ich fühle mich voll und ganz bei ihnen. Gleichwohl ließ sich nicht vorhersagen, ob die Welt des Kinos und die der Landwirte sich je würde verbinden lassen.

Um diese beiden Welten miteinander zu verbinden haben wir die Dorfbewohner dazu eingeladen abends mit uns und der Crew gemeinsam zu essen. Dafür hat die Produktion extra ein kleines Restaurant eröffnet und eine Köchin aus der Region eingestellt. Jeder war eingeladen, vom Apotheker bis zum Kfz-Meister und es funktionierte.


Und schließlich haben Sie ja auch alle davon überzeugt, sich auf dem Feld Collet auszuziehen... Man kann sich vorstellen, dass die Verhandlungen darüber nicht immer einfach gewesen sind.

Das brauchte länger als einen Tag. Ihr Widerstreben, sich auszuziehen, ist im Übrigen ja Thema des Films selbst geworden. Das Paradoxe ist, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist, dass es keine Tabus mehr gibt, alles zu zeigen. Es zeigt sich aber dennoch, wenn es um Scham und Intimität geht, an manchen Situationen, in denen althergebrachte Moralvorstellungen erkennbar werden, die Gegenwart noch nicht Einzug gehalten hat. Die Leute im Dorf haben schon begriffen, dass sie etwas von sich preisgeben müssen, wenn sie gemeinsam das Foto machen. Manche haben mitgemacht „wegen der guten Sache“, andere haben kein Problem darin gesehen – „wenn alle mitmachen, bin ich auch dabei“. Ich habe keine Modelle aus Paris rekrutiert, das sieht man am Resultat, die Körper der Beteiligten sind weit von Mannequin-Maßen entfernt...


Haben Sie manchmal von ihnen verlangt zu improvisieren?

Das war nötig bei der Szene, wo die Nationalstraße blockiert wurde. Außer Grégory Gadebois, der den Schlachter spielt, waren nur echte Bauern dabei. Ich erinnerte mich an das, was sie mir in unseren Gesprächen gesagt haben, und habe sie gebeten, es in drei oder vier Sätzen zu wiederholen. In der Szene hört man ihre eigenen Worte.


Wie passt man sich als Regisseur an solch eine gemischte Mannschaft an?

Mit Amateuren zu drehen bringt viele Dinge mit sich: Wir haben zwei Kameras verwendet, um über mehr Einstellungen verfügen zu können. Ich habe auf einen Monitor verzichtet, um den Darstellern ganz nahe sein und sofort reagieren zu können. Ich habe darauf geachtet, zu viele Takes zu vermeiden, um die Leute nicht zu ermüden...


Erzählen sie uns von dem Licht des Films, es ist herrlich.

Das ist jetzt mein fünfter Film mit Kameramann Jean-Claude Larrieu. Ich liebe sein Verhalten beim Drehen, die Art, wie er sich für die Leute interessiert, Fragen stellt, sich in ihre Lebensweise einfühlt. Bevor er an seine Bildästhetik gedacht hat, hat er die Lebensrealität der Leute in sich aufgesogen. Er kommt aus dem tiefsten Südwesten und könnte einer der Helden des Films sein. Der Film sollte leuchten und dieses spezielle Licht, was zu dieser Jahreszeit über das ganze Land erstrahlt, wollten wir auch für unseren Film nutzen. Und wir haben viel Glück mit dem Wetter gehabt, als wir im März und April drehten. Die Sonne glänzte, der Raps sprießte, die Apfelbäume standen in Blüte, die Natur explodierte...


Letztlich ist es wegen einer Reportage über die Krebsrisiken von rotem Fleisch, dass die Dorfbewohner sich entschließen, darauf zu reagieren, indem sie für das bewusste Foto Modell stehen...

Ich habe nichts erfunden, dieser Bericht existiert wirklich. Er ist letztes Jahr von der WHO veröffentlich worden. Das ist der Moment, der ausgelöst hat, dass die Viehwirte am Fotoprojekt teilgenommen haben. Von allen Seiten strömt die Aktualität in den Film ein, inklusive der Position von Chloé, die gegen die Landwirte aufgebracht ist und den Schlachter als Mörder betrachtet.


Wann ist die Fotoszene gedreht worden?

Ideal wäre der letzte Drehtag gewesen. Aber ich hatte zu große Angst, dass sich das Wetter ändern würde. Wir haben deshalb am Mittwoch statt am Freitag die Szene gedreht, und wir haben gut daran getan, denn innerhalb von zwei Tagen ist die Temperatur um 15 Grad gefallen.


Wie haben Sie das Feld ausgewählt?

Wir haben uns exakt in der gleichen Lage befunden wie Toby Jones. Wir haben Dutzende Felder abgeklappert und dann das unsere auserkoren, von der Sonne beschienen, mit jener großen Linde, ebenso ein vertikales wie ein horizontales Element, und einem kleinen Hügel, damit die Leute sich verteilen konnten. Wir haben ein Casting der Felder gemacht!


Wie haben Sie diese Szene in den Kasten gebracht?

Ich scheute davor zurück, die Szene und die Modelle frontal zu drehen. Daher auch die Idee mit dem Hubschrauber. Ich wollte diesen Blickwinkel von oben nutzen, um die Momente der Frontalität und der Nacktheit zu reduzieren. Ich habe von einem Storyboarder Zeichnungen anfertigen lassen, wie ich mir die Aufnahme vorstelle, und habe sie den Darstellern gezeigt, um ihre Bedenken zu zerstreuen. Alle hatten Lampenfieber, aber schließlich haben sie sich mit befreiendem Elan hineingestürzt wie Kinder vom Dreimeterbrett.


Was haben Sie im Moment des Fotos empfunden?

Freude. Es hatte etwas von urwüchsiger Unschuld, diese Körper über das grüne Gras laufen zu sehen, wie eine Vision des verlorenen Paradieses. Es war wie bei Adam und Eva, eine Welt vor dem Sündenfall. Niemand starrte den anderen an, es gab keinen Voyeurismus. Wir haben uns da ohne Wiederholung hineingestürzt, und beim Drehen der Szene wurden wir uns bewusst, wie einfach alles war. Es war schön an jenem Tag, alle fühlten sich gut. Die Musik von Buno Coulais steigert diese Freude, er hat eine umfangreiche Partitur komponiert. Es ist das erste Mal, dass ich mit ihm arbeite, und ich muss sagen, es war eine tolle Erfahrung.


EIN DORF ZIEHT BLANK spielt ständig mit der Distanz und dem Kontrast der Tonlagen.

Ich mag das Gemengelage der Stimmungen, von der Komödie zum Drama zu gehen und umgekehrt. Bei diesem Film war es immer das Gefühl, das mich geleitet hat. Einer meiner Lieblingsfilme ist DER SIEGER von John Ford. Das ist nicht wirklich eine Komödie, aber sie handelt von der Wärme, die von einer Gemeinschaft ausgeht. Ein anderer unbewusster Bezugspunkt ist DIE FRAU DES BÄCKERS von Pagnol: Den habe ich letztes Jahr auf dem Festival Lumière in einer großartig restaurierten Kopie gesehen. Und ich bin mir bewusst geworden, dass mein Film fast von derselben Sache erzählt! Die Anstrengungen einer Gemeinschaft, zusammenzustehen trotz Differenzen: Der Lehrer beharkt sich mit dem Pfarrer, der Pfarrer streitet mit dem Marquis, aber diese ganze kleine Welt muss an einem Strang ziehen, um den Bäcker zu retten. In gewisser Weise fährt EIN DORF ZIEHT BLANK in derselben Spur, erkundet das einfache Verlangen, zusammen zu sein und die kleinen Differenzen zu überwinden.

Foto:
© Verleih

Info: 
BESETZUNG

Georges “Balbu” Balbuzard           FRANÇOIS CLUZET
Blake Newman                               TOBY JONES
Thierry Levasseur                           François-Xavier Demaison
Vincent                                           ARTHUR DUPONT
Roger                                             Grégory Gadebois
Bradley                                           Vincent Regan
Eugène                                           PHILIPPE REBBOT
Maurice                                          Patrick d'Assumçao
Valérie Levasseur                           Julie-Anne Roth
Charlotte                                        DAPHNÈ DUMONS
Chloé                                             PILI GROYNE