Wer gewinnt die Bären? Die Wettbewerbsfilme auf der 63. Berlinale vom 7. bis 17. Februar 2013, Teil 16/26
Claudia Schulmerich
Berlin (Weltexpresso) – Wir erleben einen funkelnder Thriller, inszeniert Steven Soderbergh, dem man gespannt zusieht und auch sieht, wie die Welt anders ist als sie scheint und alles von oben nach unten gelangt, also umgekehrt wird.
Von der erzählten Geschichte kann man nur den Anfang wiedergeben, denn das Spiel lebt von dem Geheimnis, auf das wir alle reinfallen – und dann auch rausfallen. Wir erleben die sanfte, feine, anmutige und liebevolle Emily Taylor (Rooney Mara), die gerade ihren Mann (Channing Tatum) im Gefängnis besuchte, in das er wegen Insiderhandel – er ist also ein Banker! - für vier Jahre gesteckt wurde. Jetzt kommt er raus und sie freut sich mit ihm, kann aber ihre Angstzustände, ihre Schweißausbrüche und geistige Abwesenheiten nicht loswerden, obwohl sie schon bei der kundigen Psychiaterin Dr. Victoria Siebert in Behandlung war.
Die setzt jetzt Dr. Banks (Jude Law) deshalb, weil Emily im unterirdischen Parkhaus mit Karacho an die Wand fuhr, es keine Bremsspuren gibt, man also vom Selbstmordversuch ausgeht. Sie überlebt nämlich unverletzt und gibt an, sie könne sich an nichts erinnern, wolle aber leben, nur nicht mit dieser Traurigkeit, die sie ständig überfällt und der sie sich ausgeliefert fühlt. Dr. Banks geht auf sie ein, bespricht mit ihr die möglichen Medikation und nimmt Kontakt mit der Kollegin Siebert (schön durchtrieben: Catherine Zeta-Jones) auf.
Der Zustand der Depressiven wird immer schlimmer, sie bekommt bei öffentlichen Anlässen Panikattacken und ihr Mann Martin tut was er kann, um sie aus ihrem Loch herauszuholen, bis er freudig nach Hause kommt und sie mit scharfem Messer in der Küche Gemüse schneidend vorfindet, das sie sodann gegen ihn richtet und regelrecht abschlachtet. Danach geht sie ins Bett und schläft und ruft dann die Polizei.
Eine Hauptrolle spielen in diesem Film die verabreichten Psychopharmaka, vor allem ihre Produzenten und deren Machenschaften, von Bestechungen bis teuer bezahlte Begleitung von Erprobungen etc. Dabei geht es um die Nebenwirkungen, die bei Emily immer sehr deutlich auftreten, eben durch Gedächtnisverlust und völlige Apathie, aber es geht auch um die Art und Weise, wie die Pillen unters Volk gestreut werden und welches Medikament für was gut ist. Banks wird durch den Verlauf der Handlung zu einem, der durch die Art wie er ausgebootet und um berufliche Ehre und Familie gebracht wurde, zu einem wird, der genau dahinterschaut, was sich ihm als dichtes undurchdringliches Netz erscheint.
Er wird in dem Prozeß gegen Emily nämlich derjenige sein, der sie vor einer Strafverfolgung und dem Gefängnis rettet, in dem er als Gutachter bekräftigt, daß sie für ihre Handlung aufgrund ihrer Krankheit und der Medikamente nicht verantwortlich war, was das Gericht bestätigt. Dies bedeutet, daß sie vorerst in einer geschlossenen Klinik von ihm weiterbehandelt wird mit der Perspektive, ins normale Leben entlassen zu werden, wenn sie stabilisiert ist.
Dr. Banks dagegen hat der Prozeß kein Glück gebracht. Er ist seines neuen Auftrags für 50 000 Dollar eine Studie über ein neues Medikament mitzubegleiten, ledig, seine Praxisräume werden ihm gekündigt, seine Frau verläßt ihn mit dem Kind, weil Fotos von ihm und Emily auftauchen und sein wissenschaftliches Renommee ist angekratzt, weil es schon einmal einen Vorfall mit einer jungen Frau gab.
Und dann entdeckt Dr. Banks auf Emilys Arbeitsstelle ein Videoband in Endlosschleife, indem ein bestimmter Airbag jeden Fahrer bei jedem Unfall überleben läßt und er fängt an zu denken und Schlüsse zu ziehen und zu handeln...