f petfinzieht umSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. September 2018, Teil 26:  Die Bücher von Sven Nordqvist 

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir haben schon einmal darauf hingewiesen, daß für eine bestimmte Generation diese exquisiten Bilderbücher PETTERSSON UND FINDUS Kult war. Nein, wir wollen nicht Comic dazu sagen. Daß sie noch heute ihre Leserinnen und Leser finden, freut – und seien wir ehrlich, alles, was dort verhandelt wird, ist derart menschlich, daß man sich kein Ende vorstellen kann.

Im neuen, am Donnerstag angelaufenen Film PETTERSSON UND FINDUS – FINDUS ZIEHT UM, entwickelt sich die Geschichte aus zwei Bildbänden, nämlich der, wo Pettersson zelten geht und eben der gleichnamigen Erzählung von Findus‘ Umzug. Allerdings liegen zwischen dem Erscheinungsdatum beider Bücher immerhin ganze 20 Jahre für die deutsche Ausgabe und ebensoviele für die schwedische Originalausgabe. Wird interessant sein, an beiden Geschichten und ihrer Darstellungsart auch zu überprüfen, wie original die beiden Protagonisten und ihr Feder- und sonstiges Vieh nach zwanzig Jahren noch sind.

Zuerst jedoch getrennt die beiden Geschichten, die im gerade angelaufenen Film in eine gepackt wurden. Der alte Pettersson – wenn man ihn im Bild betrachtet, findet man, daß ihm im ersten Film Ulrich Noethen, dann in zwei Filmen Stefan Kurt eine jüngere Gestalt gegeben haben, was kein Fehler ist – der Alte ist auf seinen eigenen Dachboden gestiegen, weil er zum Angeln die Schwimmer braucht, die hier irgendwo versteckt sind. Ja, das ist ein Dachboden wie aus dem Bilderbuch! Wie aus dem Film! Da möchte man gleich selber stöbern, denn sieht die Spielsachen, die Bilderrahmen, die aufgehängten Kleider, die ordentlich aufgereihten Stiefel, aber anders als wir das kennen, kein einziges Staubkörnchen, so sauber geht es dort zu...

Klar, daß Findus, der mitgekommen ist, sich gleich über die grüne Wurst hermacht, die sich als Sofarolle entpuppt, auf der er nun aus Versehen die Treppe runterrollt. Doch, das hat was, wie Nordqvist das beschreibt. Das ist einerseits kindgerecht und andererseits nicht kindertümelnd oder gar ‚leichte‘ oder ‚einfache‘ Sprache, die für uns viel schwerer zu verstehen ist, als das normale Deutsch. Auf jeden Fall kann sich auch die Erwachsene irren. Denn die grüne Rolle ist mitnichten eine Sofarolle, sondern ein zusammengerolltes Zelt! Und als Findus auf die Antwort, was das sei, hört: „Zelt“ - und „Haus aus Stoff“, finden wir seine Reaktion sehr verständlich: „Soll man in dem da schlafen, wenn man eine Wanderung macht? Soll man vielleicht im Schlaf wandern, he? Mit einer Wurst auf dem Kopf, oder wie?“

So witzig und sprachwitzig geht es weiter. Der geduldige Pettersson, vielleicht muß man so alt werden, um so geduldig sein zu können, packt das Zelt aus, woraufhin natürlich Findus nun die ganze Angelegenheit ausprobieren will. Das ist das Nette an den Geschichten, daß man ihren Fortgang selber antizipieren kann, weil immer die Neugierde den weiteren Weg vorgibt. Meist ist es dann das Wie, was verwundert und Spaß macht. Deshalb werden wir mitnichten, diese Geschichte jetzt weitererzählen, die ihre Tücken hat, aber – und auch das ist das Tröstliche an Serien – es geht nicht schlimm aus. Denn es geht weiter. Das nächste Bilderbuch von PETTERSSON UND FINDUS kommt.

Dieses allerdings, FINDUS ZIEHT UM, ist ja 20 Jahre später geschrieben und gezeichnet. Denkt man bei dem ersten Bild auf der Linken, das das Ensemble von Holzhäusern zeigt, wo die beiden wohnen, umgeben von viel Grün und blühenden Bäumen, im Hintergrund der kleine See mit den Inselchen, denkt man also zuerst, aha, ein bißchen abstrakter und mit viel Abstand, dann merkt man beim Gegenüber, daß dem Zeichner weder die Kraft, noch die Phantasie und schon gar nicht sein Handwerk ausgegangen ist. Zwar ähnelt hier der alte Pettersson zu sehr einem Mullah, mit seinem Turban auf dem Kopf und dem grimmigen, bärtigen Schreckensschrei, aber dafür versteht man auch ohne Text den Grund genau, weil Nordqvist den ewig jungen frechen Kater gleich in vier Stellungen ins Bild bringt, die entstehen, wenn man eine Matratze als Trampolin benutzt. Allerliebst kugelt er hier als Rakete oder fliegender Fisch durch die Gegend und federt mit höchster Lust wieder nach oben, wenn er unten wieder angekommen ist. An dem Bild kann man sich satt sehen.

Genau, das hatten wir oben vergessen, zu betonen, wie vielfältig diese kleine Welt in einem kleinen Haus ist. Jeder Gegenstand hat ein Eigenleben und darum eignen sich diese Bücher auch für Kinder, die gar nicht lesen können. Nicht nur wegen des Vorlesens, sondern ganz ohne das Lesen ergeben sie ihren Sinn durch das Lesen der Bilder. Ehrlich gesagt, ist es sogar andersherum. Da wir den neuen Film gesehen hatten, wollten wir wissen, wie die beiden Einzelgeschichten ausgehen. Deshalb lasen wir schnell. Denn das tun Erwachsene. Aber hier sollte man sich das Lesen selber verbieten und die Handlung anhand der Zeichnungen nachverfolgen. Erst dann erkennt man, mit welcher Liebe und Sorgfalt Sven Nordqvist zu Werke geht – und bekommt einen Heidenrespekt.

Übrigens hat sich nach dem Protest des durch die Hopserei aufgewachten Pettersson die Wirkungsstätte des Findus auf das Petterssons Bett verlagert und man sieht, mit wieviel Spaß der Zeichner ihn hier durch die Luft segeln läßt. Ergebnis: Findus zieht aus. Bekommt auf seinen Vorschlag hin von Pettersson ein eigenes kleines Haus. Sehen wir richtig, daß dazu ein altes Holzklo – wie nennt man das, wenn es außen alleine steht: wir fanden sowohl Scheißhaus wie auch outdoor-Toilette – innen ausgeräumt wird und als Holzhaus an einen anderen Standort gebracht wird und von Pettersson, der ja auch Hammerundnagel heißen könnte oder Brettersägerich, restauriert wird. Dann kommt das Bett hinein, ja und dann kann Findus seine Morgengymnastik machen. Allerdings muß er erst die Mäuse verjagen und warum sollte ein Huhn nicht auch so ein eigenes Haus haben wollen – oder mehrere Hühner.

Auch hier soll Schluß sein. Nein, dem Autor sind weder die Einfälle, noch die Bilder abhanden gekommen. Daß zwanzig Jahre zwischen beiden Bilderbücher liegen, würde man nicht merken – und natürlich kann man sie im Film erst recht ineinanderwurschteln, diese Geschichten.

Foto:
© wildbunch-germany.de

Info:
Besetzung
Pettersson           STEFAN KURT
Beda Andersson MARIANNE SÄGEBRECHT
Gustavsson         MAX HERBRECHTER
Stimme Findus    ROXANA SAMADI
sowie: Happo, der Jagdhund schlechthin gackernde Hühner viele musikalische Mucklas und der an Hühnern interessierte Fuchs

Abdruck aus . dem Presseheft

Die dem Film zugrundeliegenden beiden Bildbänder von Sven Nordqvist
PETTERSSON UND FINDUS - Findus zieht um, Hamburg 2013
PETTERSSON UND FINDUS - Petterrsson zeltet, Hamburg 1993