Hanno Lustig
Bonn (Weltexpresso) - Das Buttergebäck mit den "52 Zähnen" kennt fast jeder in Deutschland. Vor fast 130 Jahren lief der erste "Leibniz-Keks" aus dem Hause Bahlsen in Hannover vom Band. Hermann Bahlsen erfand nicht nur den Keks, sondern führte auch, als erster deutscher Unternehmer, das Fließband ein. Der Familie Bahlsen widmet sich der Film von Heike Nelsen. Er zeigt, dass die Geschichte des Familienunternehmens voller Überraschungen steckt.
Diese Folge von "Deutschlands große Clans" erzählt die Geschichte des Gebäck-Imperiums Bahlsen. Gründer Hermann legte mit dem Leibniz-Keks den Grundstein der Firma.
Das Buttergebäck mit den 52 "Zähnen" kennen viele Deutsche - seit Generationen. Die Geschichte des Keks-Herstellers beginnt Ende des 19. Jahrhunderts. Rein zufällig gelangen die Bahlsens in den Besitz einer Bäckerei - der Grundstein für das Familienunternehmen.
Schon früh ist Hermann Bahlsen mit seinen dünnen "Keksen", die er nach englischem Vorbild backt, erfolgreich. Ganz nebenbei entsteht damit ein neues deutsches Wort. Ursprünglich hieß das Gebäck englisch "cakes", 1911 wird der deutsche Begriff in den Duden aufgenommen.
Heute produziert das Unternehmen rund 142 000 Tonnen Kekse, Riegel und Gebäck und exportiert seine Süßwaren in 55 Länder. 2830 Mitarbeiter arbeiten für den Konzern, der 2017 fast 560 Millionen Euro Umsatz erzielte.
Gründer Hermann Bahlsen gilt als geschickter Geschäftsmann. Von Anfang an setzt er auf modernes Marketing und technische Innovation. Als erster deutscher Unternehmer führt er in seinem Werk das Fließband ein. Um sein Personal kümmert sich der Firmengründer fürsorglich. Für die Familie hingegen bleibt weniger Zeit. Weil sich seine Frau Gertrud wegen Depressionen häufig in Sanatorien aufhält, wachsen seine vier Söhne quasi elternlos auf und entwickeln ein schwieriges Verhältnis zu Vater und Familie.
Der Filmemacherin Heike Nelsen ist es gelungen - dank Einblick in die Firmen- und Privatarchive der Bahlsens -, die besondere Rolle einer weiteren wichtigen Person im Unternehmen zu beleuchten. Martha Hohmeyer steigt als junge Frau bis in die Geschäftsleitung auf. Im beginnenden 20. Jahrhundert ist eine so steile Karriere für eine Frau keineswegs selbstverständlich. Auch für die vier Söhne des Firmengründers gewinnt Martha Hohmeyer eine immer größere Bedeutung, wird zu einer Art Mutterersatz und später für deren Kinder zur "Oma".
Als Hermann Bahlsen 1919 mit gerade mal 60 Jahren stirbt, sind die Söhne noch minderjährig - und bereits zerstritten. Neid, Missgunst und Eifersucht prägen das Verhältnis der Brüder untereinander. Der Vater hat versäumt, rechtzeitig die Nachfolge zu klären. Als die Söhne erwachsen sind und in die Geschäftsführung einsteigen, beginnt ein "Hauen und Stechen".
Der Zwist prägt auch die nächste Generation: 1999 findet der familiäre Dauerstreit seinen traurigen Höhepunkt. Das Unternehmen wird aufgeteilt: Werner Michael Bahlsen handelt seither mit den Süßwaren, Lorenz Bahlsen mit Salzigem. Sie gehen fortan getrennte Wege.
Kurz vor dem 130-jährigen Bestehen des Familienunternehmens teilt Werner Michael Bahlsen 2018 überraschend der Öffentlichkeit mit, dass sich der Clan aus dem Tagesgeschäft zurückziehen will. Ein Manager-Team soll künftig die Geschicke des Unternehmens lenken - zum ersten Mal in der langen Geschichte des Keks- und Süßwarenherstellers. Ist das der Anfang vom Ende des traditionsreichen Familienunternehmens? Oder sichert sich der Konzern so sein Überleben und damit auch die Zukunft der Sippe?
Foto:
"Deutschlands große Clans – Die Bahlsen-Story". © ZDF/Oliver Halmburger.
"Deutschlands große Clans – Die Bahlsen-Story". © ZDF/Oliver Halmburger.