Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. Oktober 2018, Teil 12
Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In tristen Brauntönen zeichnet der italienische Regisseur Matteo Garrone in seinem Film "Dogman" ein Bild des Verfalls im heutigen Italien. Sein Hauptdarsteller Marcello Fonte, der auch im Film Marcello heisst, wirkt darin wie einer jener Charaktere, die selbst Federico Fellini nicht einprägsamer hätte ins Bild setzen können. Fonte verfügt über jene prägnanten Gesichtszüge, die so viel erzählen, besonders wenn er sich immer wieder verstohlen nach hinten umschaut und gebückt und langsam seines einsamen Weges geht. In einem Küstenvorort, der nur noch aus Bauruinen zu bestehen scheint, hat sich Marcello eine kleine Existenz aufgebaut und betreibt einen Hundesalon namens "Dogman". Gleich daneben gibt es ein Geschäft für Goldankauf und das sind auch die einzigen Läden an diesem Ort.
Marcello versucht, mit jedem gut auszukommen. Wenn sich die Einheimischen an der Strandpromenade zum Mittagessen treffen, drehen sich ihre Gespräche immer wieder um den ehemaligen Boxer Simone (Edoardo Pesce), einen gewaltbereiten jungen Mann, der nicht viel mit sich anzufangen weiss und ständig für Unruhe sorgt. Man will ihn am liebsten loswerden. Das wird sich eines Tages von selbst erledigen, meint einer.
Marcello hingegen arrangiert sich auch mit Simone. Er kann mit solchen Typen umgehen, wie er mit jedem auch noch so bissigen Hund zurechtkommt. Ab und an besorgt er Simone Kokain und macht bei dem einen oder anderen seiner dubiosen Aufträge mit. Über die abschätzige und miese Bezahlung sieht Marcello gutmütig hinweg, er wäre dem viel kräftigeren Simone körperlich ohnehin nicht gewachsen. Als er ihm bei einem Einbruch in den benachbarten Laden für Goldankauf unterstützen soll, lehnt Marcello entschieden ab. Doch Simone setzt ihn so lange unter Druck, bis er ihm nicht nur behilflich ist, sondern ihn anschliessend nicht einmal der Polizei ausliefert und sogar für ihn ins Gefängnis geht.
Nach einem Jahr kehrt Marcello zurück und alles scheint verändert. Während er noch gebückter und gebrochener wirkt, flitzt Simone mit einem leuchtend roten Motorrad an ihm vorbei und schenkt ihm keinerlei Beachtung. Auch die Freunde schneiden ihn, denn sie haben ihm nicht verziehen, dass er Simone nicht ausgeliefert hat. Als dieser ihm seinen Anteil am Diebesgut verweigert, beginnt Marcello seinen Rachefeldzug. Mit einer Eisenstange drischt er auf das neue Motorrad ein und macht unmissverständlich klar, dass es ihm ernst ist. Er habe sich verändert im Gefängnis, versichert er und behandelt Simone nun selbst wie einen Hund. Am Ende steht Marcello da und keiner will mehr etwas von ihm wissen oder nimmt auch nur Notiz von ihm.
Matteo Garrone, dessen Film "Gomorrha" im Milieu der süditalienischen Camorra spielte und 2008 in Cannes den Grossen Preis der Jury gewonnen hatte, siedelt seinen neuen Film "Dogman" in einer vom wirtschaftlichen Niedergang hart getroffenen Vorstadt an. Seine Neuentdeckung Marcello Fonte in der Hauptrolle verkörpert den tragischen Antihelden so genial, dass man ihm abnimmt, nach einem Jahr im Knast ein anderer, schlechterer Mensch geworden zu sein. Der Schauspieler hatte zuvor nur einige kleine Nebenrollen in Rom und arbeitete für seinen Lebensunterhalt als Hausmeister in einem Sozialzentrum, wo Garrone nach Komparsen für die Gefängnisszenen suchte. Dass Fonte gleich die Hauptrolle in seinem Filmprojekt angeboten bekam, war nur ein erster Schritt. An der diesjährigen Uraufführung des Films in Cannes wurde er mit der Goldenen Palme als Bester Darsteller ausgezeichnet.
Foto:
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Info:
Darsteller:
Marcello Fonte
Edoardo Pesce
Alida Baldari Calabria
u.a.