Serie: Eine Nacht im Museum: Die Oscarverleihung im Deutschen Filmmuseum Frankfurt , Teil 1/3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schon von der Mainbrücke aus leuchtet das Eckhaus, das Filmmuseum, in starken Farben. Blau wiegt vor, aber in den oberen Etagen auch Rot und dann dieser Kontrast unten in Grün. Das allerdings stellt sich beim Näherkommen als die gegenüberliegende Bushaltestelle heraus. Der bunte Eindruck stimmte allerdings, denn beim Näherkommen sieht man die Menschen hinter den erleuchteten Fenstern wandeln.
Ist man drinnen, haben diese Menschenmassen Sektgläser oder einen Cocktail in der Hand und verbreiten guten Laune. Denn sie sind in Massen gekommen zu der großwandigen Leinwandübertragung der Oscar-Preisverleihung aus Los Angeles, die ab 23 Uhr bis zum nächsten Morgen dauert. Überwiegend jung, stellt man fest und schöngemacht für diese Nacht, in der es draußen schneit und gleichzeitig taut. Wären die vielen Schließfächer nicht, wäre es nicht so einfach die Stiefel und Alltagskleidung unterzubringen und stattdessen im kleinen Schwarzen neuer Art und Stöckeln durch das Haus zu touren, das auf allen Stockwerken etwas zu bieten hat und oben im vierten Stock ein Gratis-Styling in der Glamour Look Lounge anbietet, was genutzt wird. Man hätte aber, wie man – klug geworden - am nächsten Morgen nach 6 Uhr feststellt, doch auf Dauer im Foyer bleiben sollen, wo ebenfalls eine große Leinwand mit reichhaltigen Sitzreihen die Oscar-Verleihung übertrug .
Dort nämlich gab es ab 3 Uhr ein Gratis-Frühstücksbuffet, was aber für die unten im Kino Sitzenden keine Option war, denn aus den Reihen entfernte man sich nicht so gerne, weil zu viele andere hätten aufstehen müssen und man außerdem nichts von der Preisverleihung versäumen wollte. Dafür versäumte man dann das Frühstück, das nach dem letzten Preis für den Besten Film aufgegessen war und durch Kuchen nicht so richtig kompensiert werden konnte. Auch weiter oben gab es noch eine Leinwand mit Stuhlreihen davor, die luftig wirkten, denn nach den 4-5 Stunden unten im Kino erschien einem frische Luft eine oscarwürdige Wohltat. Das ist nur ein klein wenig Gemosere nach einer Nacht, die vom Filmmuseum genauso attraktiv durchgeführt wurde, wie sie als Idee – schon angesichts der Oscar-Ausstellung – einfach durchschlagend war und auf gewaltig viele Filmliebhaber stieß.
Man konnte nämlich im Detail staunen, wie fachkundig oder zumindest interessiert das zahlreiche Publikum reagierte. Daß so viele die spannende, doch sehr umfangreiche Oscar-Ausstellung besuchten, durch die in dieser Nacht die Kuratorin Jessica Niebel führte, wunderte uns eher, denn wir hätten angenommen, daß, wer diese Nacht mitmacht, die Ausstellung längst gesehen hätte. Aber von den zehn Besuchern, die wir ansprachen, waren sieben noch nicht drinnen gewesen, zwei wollten die Ausstellung erneut unter Führung erleben und die eine besuchte sie zum fünften Mal! Von Beginn an bis zum Anfang der Preisverleihung um 2 Uhr konnte man im Dritten Stock an dem Gewinnspiel OSCAR-TIPPSPIEL teilnehmen. Das allerdings umfaßte dann nicht nur den BESTEN FILM, sondern alle 24 – in Worten: vierundzwanzig – Oscars!
Da war es schon sinnvoll, zuerst das über eine Stunde einnehmende OSCAR-ORAKEL im Filmmuseum zu befragen, das der zweite Kurator der Oscar-Ausstellung Michael Kinzer fachkundig und unterhaltsam durchführte. Geschickt fing er mit den weniger bekannten Oscars für Kurzfilme u.a. an, setzte aber davor erst einmal die Grundsatzinformation über die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die übrigens auch in der sowieso stupenden Oscar-Ausstellung erfolgt, denn ohne die Zusammensetzung der Mitglieder und wer worüber abstimmen darf, versteht man die ganze Oscar Preisverleihung grundsätzlich nicht.
Michael Kinzer erzählt also die Geschichte der derzeit 5856 wahlberechtigten Mitglieder der Academy, die in 15 Branchen untergliedert ist, wobei die größte die Schauspielergilde ist, die mit 20 Prozent aller Wahlberechtigten ganz schön dominiert. Grundsätzlich dürfen alle die jeweiligen 24 Oscars mitwählen, aber die Nominierungen dürfen nur aus der speziellen Branche kommen. Bleiben wir bei den Schauspielern. Nur diese dürfen die je fünf Nominierungen für die Besten weiblichen und männlichen Haupt- und Nebendarsteller bestimmen. Genauso geht es bei Filmmusik, bei Maske und allen anderen Gilden zu. Mit einer Ausnahme: Den Oscar für den Besten Film, der der wichtigste Oscar bleibt, darf jedes Mitglied mitnominieren. In 23 Gilden sind fünf Nominierungen üblich, aber für den Filmoscar dürfen seit ein paar Jahren sogar zehn Filme nominiert werden.
Und dann kommt Michael Kinzer zur Sache. Er fängt mit den Dokumentarfilmen an, von denen nominiert wurden:
5 Broken Cameras
The Gatekeepers
How to Survive a Plague
The invisible War
Searching for Sugar Man,
die von unserem Orakel allesamt inhaltlich vorstellt wurden, der dann seine Vorhersage aus der Tasche zog: SEARCHING FOR SUGAR MAN soll es werden. Und so war es auch. Viele Stunden später.
Bei den Kurz-Dokumentationfilmen liegt Michael Kinzer mit OPEN HEART nichtrichtig, diesen Oscar wird INOCENTE erhalten. Allerdings haben die Zuhörer für sich den Eindruck, daß nach der Vorstellung aller fünf Filme, seine Auswahl auf jeden Fall die zutreffende sein wird, so überzeugend argumentiert Michael Kinzer. Danach nimmt sich unser Filmorakel die Kurzfilme vor und setzt auf CURFEW, was sich auch bewahrheitete. Von den fünf vorgestellten Animierten Kurzfilmen
Adam and Dog
Fresh Guacamole
Head over Heels
Maggie Simpson in 'Longest Daycare'
Paperman
soll es PAPERMAN werden. Auch dieses wird sich nach drei bis vier Stunden als zutreffende Vorhersage herausstellen. Alle Achtung! Bei den Animationsfilmen denkt er an MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS, und auch dieses Orakel bewahrheitet sich, dieser Film erhielt unter dem Titel BRAVE tatsächlich den Oscar. Fortsetzung folgt.
www.deutsches-filmmuseum.de