
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein Mord als Kunstwerk. Schon das ist ungeheuerlich. Aber gleich fünf Morde als Beispiel für seine, das heißt Jacks Serienmörderei? Und dann ein Haus aus diesen toten Körpern zu bauen, die man persönlich ermordet hat, übertrifft jegliche menschliche Vorstellungskraft. Weil das so ist, guckt man sich diesen Film an, als ob er nicht wahr sei. Filme sind nie wahr, aber Filmkunst ist ja, so zu tun als ob und soll einen hineinzuziehen in eine Geschichte, die man für wahr hält.

Und während der ganzen Zeit quasselt diese Frau ununterbrochen, das ist das eine, viel schlimmer aber ist, daß sie so dummes, provozierendes Zeugs redet, daß einem das noch im Kinosessel weh tut. Man solle nämlich als Frau doch nicht einfach in den Wagen eines fremden Mannes steigen, der könne ja ein Serienmörder sein, nein, er Jack nicht, dazu sei er zu lasch...bis Jack den kaputten jack nimmt und der neben ihm sitzenden Frau den Schädel einschlägt, mit einer Wucht, daß die ganze Windschutzscheibe sich rot färbt.

Halt. Zwar ist richtig, daß die Filmerzählung in Form einer neutralen Beichte diese fünf Morde beispielhaft als die eines Serienmörders rekapitulieren läßt, aber nicht wir sind die Adressaten, sondern eine Vertrauensperson, an die sich Jack immer wieder auf seinem Erzählspaziergang in der Nacht wendet und die in einer Mischung aus Psychoanalytiker und Gott einen gewisser Verge (Bruno Ganz) darstellt, wobei man diesen auch ohne dies im Presseheft oder durch Interviews nachzulesen, selber als Synonym für Vergil in Dantes Höllenfahrt in der Göttlichen Komödie erkennt, wo dieser den Weg weisen solt. Orientierung durch Verge, Bestätigung und Entlastung, erwartet Jack durch sein Erzählen, das der Regisseur zudem mit Bildern anreichert, ja eigentlich befrachtet, die für sich einen eigenen Rekurs in der Kunstgeschichte nötig machten. Denn derzeit ist William Blake – wieder einmal – in Filmen der Gegenwart groß im Bild, man sieht auch wieder einmal den Monomanen Glenn Gould Klavier spielen – was uns immer gefällt - , dann erscheint immer wieder eine Raubkatze im Sprung und warum auf einmal Hitler auf der Leinwand erscheint, kann man seitens von Triers nur als Zwang ansehen oder eine (billige) Revanche für seine Verbannung aus Cannes, wo er vor 7 Jahren eine peinliche und verunglückte Hitlerhommage versuchte.
Man kann Verge aber auch ganz einfach als Vollstrecker des Ende von Jack sehen, den er selber installiert hat. Denn es geht nicht nur um die Ermordeten, sondern um dieses Haus, das Jack aus ihren gefrorenen Leichen errichtet hat, wonach seine eigene Existenz auch aufhören kann, das Kunstwerk aber überleben soll. Doch jetzt reden wir nicht mehr vom Leichenhaus im Film, das ja keine Dauer haben kann, denn gefrorene Leichen tauen auf. Aber den Film darüber, den möchte Lars von Trier doch sehr gerne als Dokumentation der Kunst des Regisseurs uns andienen. Das hätte er leichter haben können.
Fotos:
©
Info:
BESETZUNG
Jack MATT DILLON
Verge BRUNO GANZ
Lady 1 UMA THURMAN
Lady 2 SIOBHAN FALLON HOGAN
Lady 3 SOFIE GRÅBØL
Simple RILEY KEOUGH