f kirschbSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. März 2019, Teil 5

Doris Dorrie

München (Weltexpresso) – In meinen Film „Kirschblüten – Hanami“ besuchen die alten Eltern ihre Kinder, die allesamt keine Zeit für sie haben, und Rudi Angermeier konstatiert: Kinder sind so enttäuschend. Es war die Geschichte der Eltern, die den Abstand zu ihren Kindern nicht mehr überbrücken können, nicht mehr zu ihnen finden vor ihrem Tod.

Ich habe mich immer gefragt, wie denn eigentlich die Sicht der Kinder auf ihre Eltern ist, und in diesem Film, KIRSCHBLÜTEN & DÄMONEN, möchte ich sie erzählen. Vor allem aus der Perspektive des jüngsten Sohns Karl, der bei den Geschwistern immer als Muttersöhnchen galt, und bis nach Tokio gegangen war, um sich von seiner Mutter zu lösen. Inzwischen sind die Eltern zehn Jahre tot, und Karl ist zurückgekommen nach München. Er säuft, lebt getrennt von Frau und Kind, hat seinen Job verloren und trudelt abwärts.

Er hat keinerlei Stärke mehr in sich, sein eigenes Leben ängstigt ihn. Die toten Eltern lassen ihn nicht los, er weigert sich, das geerbte Haus gemeinsam mit seinen Geschwistern zu verkaufen, aber selbst drin wohnen mag er auch nicht. Die Gespenster der Vergangenheit blockieren ihn, und wie in einem klassischen japanischen Gespensterfilm taucht eines Tages eine junge Frau mit langen, schwarzen Haaren auf und behauptet, ihn zu lieben. Es ist Yu, die damals dem in Tokio herumirrenden und tief um seine Frau trauernden Rudi half, den Fuji zu finden. Yu setzt nun eine asiatisch inspirierte, aber in Bayern spielende Gespenstergeschichte in Gang, die zu einer Art Gespensterfamilienaufstellung führt, wo sich die Familienmitglieder der letzten Generationen von Karl, aber auch von Yu einfinden.

Die Generation der Nazigroßeltern auf beiden Seiten, der schamerfüllten, schweigenden Eltern und ihrer so traurigen Kinder, die ihre eigene Traurigkeit gar nicht verstehen. Karl ringt und kämpft mit diesen ganz realen Gespenstern, und ganz neue Aspekte für das Verhalten von Rudi und Trudi werden sichtbar. Wie falsch man als Kind über seine Eltern denkt. Wie wenig man doch von ihnen weiß. Wie sehr man versucht, sie nicht zu enttäuschen. Selbst nach ihrem Tod. Warum lassen die toten Eltern Karl nicht frei? Welche Dämonen verfolgen Karl? Yu hat mit Dämonen und Gespenstern Erfahrung, was an ihrer japanischen Herkunft liegt. Dort sind sie ganz real und mächtig, und man lernt schon als Kind, wie man mit ihnen umzugehen hat: Man lädt sie ein auf eine Tasse Tee.

Ich möchte hier eine vom Osten inspirierte, aber im Westen stattfindende Geschichte erzählen, die Umkehrung und Weiterführung von Kirschblüten, ganz realistisch, denn unsere Toten sind durch unsere Erinnerung an sie lebendig und unsere Dämonen sind oft sehr real. Damit ganz nonchalant und realistisch umzugehen, erlaubt nur das Kino. Nur dort können die Eltern Rudi und Trudi wahrhaft erscheinen, als wären sie gar nicht tot. Nur dort kann es fantastische Dämonen geben, die an die Perchten erinnern, an bayerische und an japanische. Die Vermischung der Elemente soll stilistisch ähnlich wie in „Kirschblüten - Hanami“ sein, beweglich, quasi dokumentarisch, leicht und von großer Poesie.

Ich möchte durch große Nähe die innere Wahrheit der Figuren erforschen, der Kinder wie der Eltern, ihre ihnen ganz unverwechselbar eigene Schönheit und Hässlichkeit, ihre Widersprüche, die sie menschlich machen und als Motor der Geschichte dienen – bis hin zur Frage, woher man eigentlich weiß, ob man tot oder lebendig ist. Dadurch bekommt diese Geschichte etwas Schillerndes, Abgründiges und rührt an sehr tiefe Gefühle, die wir alle kennen: die Angst, unserer eigenen Identität nicht zu genügen, uns selbst nicht wirklich gefunden zu haben, nicht wirklich zu leben. Gleichzeitig, wie in all meinen Filmen, entbehrt das nicht der Komik, und die radikale Verwandlung von Karl hat, wie all unser Ringen um Wahrheit, absurde und komödiantische Züge. Eine tieftraurige Komödie also – ganz wie das Leben.

Foto:
© Verleih

Info:
BESETZUNG
Golo Euler......................Karl
Aya Irizuki.......................Yu
Felix Eitner......................Klaus
Floriane Daniel...............Emma
Birgit Minichmayr...........Karolin
Sophie Rogall................Anita
Elmar Wepper.................Rudi
Hannelore Elsner............Trudi
Kiki Kirin.........................Yus Großmutter u.v.m.

Abdruck aus dem Presseheft