N.N.
Berlin (Weltexpresso) - VOM LOKFÜHRER, DER DIE LIEBE SUCHTE... wirkt sehr unbeschwert und an manchen Stellen auch sehr melancholisch. Lässt sich der Film als Komödie einordnen?
Genreeinordnung ist in etwa so, wie ein schönes Kleidungsstück in eine Schublade zu packen, wo beim Zumachen alle kleinen Knöpfe und Verzierungen abreißen, weil die Schublade zu klein ist. Ich denke, dass ich erst mit Abstand undmit einem Publikum im Saal erfahren werde, was ich da eigentlich gemacht habe. Der Film fängt sicher als Komödie an. Aber der Lokführer erfährt viele Rückschlage. Der Film ist auch eine Liebesgeschichte. Aber ich wollte ein anderes, überraschendes Ende.
Der Film ist von einem großen Figurenreichtum geprägt – wie sind Sie vorgegangen, um auch ohne Sprache so klar konturierte Figuren zu erschaffen?
Mir war wichtig, dass der Lokführer bei jeder Frau ganz unterschiedliche Universen betritt. Die narrative Herausforderung war es, schlüssige Gründe zu finden, wieso Frauen in einem traditionellen Umfeld diesen wildfremden Mann in ihr Haus lassen und sogar den BH anprobieren. Geholfen hat es sicher, solche markanten SchauspielerInnen-Persönlichkeiten gefunden zu haben.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie während der Dreharbeiten?
Für Dreharbeiten im Viertel Schanghai gab es keine Möglichkeit, eine offizielle Drehgenehmigung zu bekommen.
Die Regierung in Baku reißt alte und arme Viertel ab. Gebaut werden Hochhäuser, die nachts bunt blinken, als ob Baku ein Nachtclub wäre. Dass mich als Filmemacher das pittoreske Viertel Schanghai interessiert, stieß bei den offiziellen Stellen auf Unverständnis.
Mein Produzent in Baku hat deswegen versucht, den zuständigen Polizeiwachtmeister zu bestechen. Das ist aber gescheitert, weil für das Viertel auch die Bahnpolizei zuständig war. Ich wurde aufgefordert, den Film anderswo zu drehen, was aufgrund der Geschichte vollkommen unmöglich war. Ich habe dann ohne Genehmigung die Dreharbeiten fortgesetzt, weshalb der Produzent und ein Teil des Teams ausgestiegen sind. Oft mussten wir die Dreharbeiten abbrechen, weil die Polizei das Viertel bewachen ließ und uns bedrohte. Wir haben mehrere Wochen gedreht, als ob wir Regimegegner wären. Als die Außenaufnahmen im Kasten waren, sind wir quasi den Ölzügen ins Nachbarland Georgien gefolgt. Dort konnten wir unter normalen Bedingungen den Film fertig stellen. Und auch mit Zügen drehen, was uns Aserbaidschan nicht erlaubt hat.
War es schwierig, geeignete SchauspielerInnen zu finden?
Für Filme ohne Dialog ist man nicht auf Darsteller aus einem Sprachgebiet beschränkt. Mir war früh klar, dass ich Miki Manojlović für die Hauptrolle haben wollte. Miki mit seinem engelsgleichen Blick öffnen Frauen die Türen, ohne Angst zu haben, dass er etwas Böses im Schilde führt. Miki hat mir eine Zusage gegeben, noch bevor die Finanzierung stand. Und er hat das Schiff nie verlassen, auch als uns das Wasser bis zum Hals stand und die Polizei an die Tür geklopft hat.
Für die Besetzung der Frauen habe ich viele Länder bereist und meine Lieblingsschauspielerinnen angefragt. Viele waren vom Projekt begeistert, aber nicht alle haben für drei Drehtage deshalb Hauptrollen ausgeschlagen. Dass am Ende Paz Vega, Maia Morgenstern und Chulpan Khamatova Zeit fanden, nach Baku zu kommen, war ein großes Geschenk.
Wie haben Sie Ihren Cast auf die Dreharbeiten vorbereitet?
Ich habe mit allen Darstellern beim Casting Szenen improvisiert. Viele empfanden die Arbeit ohne Dialog als Herausforderung, wenn nicht gar als Befreiung. Bei manchen Darstellern war aber im Casting klar, dass sie für so eine Art von Film nicht geeignet sind. Einmal gecastet lege ich die Verantwortung für die Rolle gerne erst mal den Darstellern in die Hände und interveniere nur da, wo es nötig oder vom Schauspieler gewünscht wird.
Was soll das Publikum aus Ihrem Film mitnehmen?
Ich wünsche mir den Film als eine kleine Schatztruhe, mit vielen kleinen Kostbarkeiten, die einem beim Betrachten magisch entgegenfunkeln. Meine Filme teilen die Geschmäcker. Das größte Kompliment ist, wenn Zuschauer sich einen Film mehrmals anschauen und zuweilen Sachen entdecken, die selbst mir noch nicht aufgefallen sind. Dann bekommt der Film eine eigene „Persönlichkeit“, quasi wie ein Kind, das laufen gelernt hat und die Eltern verlässt. Das ist der Moment loszulassen und einen neuen Film zu beginnen.
Mein Produzent in Baku hat deswegen versucht, den zuständigen Polizeiwachtmeister zu bestechen. Das ist aber gescheitert, weil für das Viertel auch die Bahnpolizei zuständig war. Ich wurde aufgefordert, den Film anderswo zu drehen, was aufgrund der Geschichte vollkommen unmöglich war. Ich habe dann ohne Genehmigung die Dreharbeiten fortgesetzt, weshalb der Produzent und ein Teil des Teams ausgestiegen sind. Oft mussten wir die Dreharbeiten abbrechen, weil die Polizei das Viertel bewachen ließ und uns bedrohte. Wir haben mehrere Wochen gedreht, als ob wir Regimegegner wären. Als die Außenaufnahmen im Kasten waren, sind wir quasi den Ölzügen ins Nachbarland Georgien gefolgt. Dort konnten wir unter normalen Bedingungen den Film fertig stellen. Und auch mit Zügen drehen, was uns Aserbaidschan nicht erlaubt hat.
War es schwierig, geeignete SchauspielerInnen zu finden?
Für Filme ohne Dialog ist man nicht auf Darsteller aus einem Sprachgebiet beschränkt. Mir war früh klar, dass ich Miki Manojlović für die Hauptrolle haben wollte. Miki mit seinem engelsgleichen Blick öffnen Frauen die Türen, ohne Angst zu haben, dass er etwas Böses im Schilde führt. Miki hat mir eine Zusage gegeben, noch bevor die Finanzierung stand. Und er hat das Schiff nie verlassen, auch als uns das Wasser bis zum Hals stand und die Polizei an die Tür geklopft hat.
Für die Besetzung der Frauen habe ich viele Länder bereist und meine Lieblingsschauspielerinnen angefragt. Viele waren vom Projekt begeistert, aber nicht alle haben für drei Drehtage deshalb Hauptrollen ausgeschlagen. Dass am Ende Paz Vega, Maia Morgenstern und Chulpan Khamatova Zeit fanden, nach Baku zu kommen, war ein großes Geschenk.
Wie haben Sie Ihren Cast auf die Dreharbeiten vorbereitet?
Ich habe mit allen Darstellern beim Casting Szenen improvisiert. Viele empfanden die Arbeit ohne Dialog als Herausforderung, wenn nicht gar als Befreiung. Bei manchen Darstellern war aber im Casting klar, dass sie für so eine Art von Film nicht geeignet sind. Einmal gecastet lege ich die Verantwortung für die Rolle gerne erst mal den Darstellern in die Hände und interveniere nur da, wo es nötig oder vom Schauspieler gewünscht wird.
Was soll das Publikum aus Ihrem Film mitnehmen?
Ich wünsche mir den Film als eine kleine Schatztruhe, mit vielen kleinen Kostbarkeiten, die einem beim Betrachten magisch entgegenfunkeln. Meine Filme teilen die Geschmäcker. Das größte Kompliment ist, wenn Zuschauer sich einen Film mehrmals anschauen und zuweilen Sachen entdecken, die selbst mir noch nicht aufgefallen sind. Dann bekommt der Film eine eigene „Persönlichkeit“, quasi wie ein Kind, das laufen gelernt hat und die Eltern verlässt. Das ist der Moment loszulassen und einen neuen Film zu beginnen.
DER REGISSEUR VEIT HELMER
Veit Helmer wurde 1968 in Hannover geboren und drehte seinen ersten Film im Alter von 14 Jahren. Noch vor dem Mauerfall besuchte er als DAAD-Stipendiat das Regieinstitut der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Ost-Berlin und studierte später an der Hochschule für Film und Fernsehen München. 1999 gab er nach diversen ausgezeichneten Kurzfi lmproduktion mit TUVALU sein Spielfi lmdebüt. Der Film wurde weltweit auf über 60 Festivals eingeladen und mehrfach ausgezeichnet, darunter auch mit dem Bayerischen Filmpreis 1999 für die beste Nachwuchsregie und dem Publikumspreis des Filmfestival Max Ophüls Preis. Nach TOR ZUM HIMMEL (2003) wandte sich Veit Helmer mit BEHIND THE COUCH – CASTING IN HOLLYWOOD (2005) dem Dokumentarfi lm zu. Auf dem Sundance Film Festival 2008 feierte sein dritter Spielfi lm Weltpremiere, der später beim Bayerischen Filmpreis mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde: ABSURDISTAN. 2014 inszenierte Veit Helmer den Kinderfi lm QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE, der auf über 97 Filmfestivals im Inund Ausland zu sehen war, mit 21 Preisen ausgezeichnet und DER REGISSEUR VEIT HELMER für den Deutschen Filmpreis nominiert wurde. Zusammengenommen wurden seine Filme bisher mit mehr als 180 Preisen ausgezeichnet. Veit Helmer lehrt darüber hinaus international an Filmhochschulen.
Filmografie (Auswahl)
2018 VOM LOKFÜHRER, DER DIE LIEBE SUCHTE...
2014 QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE
2011 BAIKONUR 2008 ABSURDISTAN
2005 BEHIND THE COUCH – CASTING IN HOLLYWOOD
2003 TOR ZUM HIMMEL
1999 TUVALU
Foto:
© Verleih
Info:
Nurlan Miki Manojlović
Lehrling Denis Lavant
Weichenstellerin Chulpan Khamatova
Kleiner Junge Ismail Quluzade
Betrügerin Maia Morgenstern
Vergessliche Frau Paz Vega
Tänzerin Frankie Wallach
Braut Boriana Manoilova
Dorfmädchen Sayora Safarova
https://www.neuevisionen.de/index.php?https://www.neuevisionen.de/einzelfilm.php?id=1255
Veit Helmer wurde 1968 in Hannover geboren und drehte seinen ersten Film im Alter von 14 Jahren. Noch vor dem Mauerfall besuchte er als DAAD-Stipendiat das Regieinstitut der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Ost-Berlin und studierte später an der Hochschule für Film und Fernsehen München. 1999 gab er nach diversen ausgezeichneten Kurzfi lmproduktion mit TUVALU sein Spielfi lmdebüt. Der Film wurde weltweit auf über 60 Festivals eingeladen und mehrfach ausgezeichnet, darunter auch mit dem Bayerischen Filmpreis 1999 für die beste Nachwuchsregie und dem Publikumspreis des Filmfestival Max Ophüls Preis. Nach TOR ZUM HIMMEL (2003) wandte sich Veit Helmer mit BEHIND THE COUCH – CASTING IN HOLLYWOOD (2005) dem Dokumentarfi lm zu. Auf dem Sundance Film Festival 2008 feierte sein dritter Spielfi lm Weltpremiere, der später beim Bayerischen Filmpreis mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde: ABSURDISTAN. 2014 inszenierte Veit Helmer den Kinderfi lm QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE, der auf über 97 Filmfestivals im Inund Ausland zu sehen war, mit 21 Preisen ausgezeichnet und DER REGISSEUR VEIT HELMER für den Deutschen Filmpreis nominiert wurde. Zusammengenommen wurden seine Filme bisher mit mehr als 180 Preisen ausgezeichnet. Veit Helmer lehrt darüber hinaus international an Filmhochschulen.
Filmografie (Auswahl)
2018 VOM LOKFÜHRER, DER DIE LIEBE SUCHTE...
2014 QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE
2011 BAIKONUR 2008 ABSURDISTAN
2005 BEHIND THE COUCH – CASTING IN HOLLYWOOD
2003 TOR ZUM HIMMEL
1999 TUVALU
Foto:
© Verleih
Info:
Nurlan Miki Manojlović
Lehrling Denis Lavant
Weichenstellerin Chulpan Khamatova
Kleiner Junge Ismail Quluzade
Betrügerin Maia Morgenstern
Vergessliche Frau Paz Vega
Tänzerin Frankie Wallach
Braut Boriana Manoilova
Dorfmädchen Sayora Safarova
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