Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Mai 2019, Teil 3
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Mitte des 19. Jahrhunderts: Nachdem der bekannte Mythen- und Monsterforscher Sir Lionel Frost bei seiner Suche nach dem Ungeheuer von Loch Ness großes Pech hatte, wollen ihn die Mitglieder des berühmten Londoner Clubs für Entdecker und Abenteurer nicht als Mitglied aufnehmen. Darüber freut sich besonders Lord Piggot-Dunceby, der hochnäsige Chef des Clubs.
Kurz danach erhält Sir Lionel einen Brief, in dem er erfährt, dass an der Nord-West Küste von Amerika ein Sasquatch (die kanadische Bezeichnung für Bigfoot) lebt. Frost hält dieses Wesen für einen lebendes Missing Link, also einen legendären Vorfahren des Menschen.
Er wettet mit Lord Piggot-Dunceby, dass er es findet und dann müssen die Mitglieder ihn in den Club aufnehmen. Dies will der Lord unter allen Umständen verhindern und schickt seinen Assistenten Mr. Collick los, den bekannten Kopfgeldjäger Willard Stenk anzuheuern, um Sir Lionel und auch das Wesen umzubringen, bevor der sein Ziel erreichen kann.
In der Wäldern des pazifischen Nord-Westens findet Lionel wirklich einen behaarten, deutlich mindestens 3m großen Bigfoot, den er Mister Link tauft. Der Sasquatch kann hervorragend Englisch sprechen und entpuppt sich als gutherzige, intelligente, belesene und etwas naive Kreatur. Er zeigt Lionel seine Höhle, die voller Bücher steckt, und erzählt ihm, dass er den Brief selbst geschrieben hat. Außerdem hat er Lionels Abenteuer schon seit einiger Zeit an Hand von meist nicht gerade schmeichelhaften Zeitungsartikeln verfolgt.
Mister Link glaubt, dass er in diesem Teil der Welt der letzte seiner Art ist und er fühlt sich schrecklich einsam. Er hat aber gehört, dass es evtl. im Himalaya an einem Ort namens Shangri-La noch entfernte Verwandte von ihm geben soll und bittet deshalb Sir Lionel ihn dorthin zu begleiten.
Lionel Frost muss nicht lange überredet werden, damit er Mister Link zu den geheimnisvollen Yetis begleitet. Doch es gibt nur eine Karte von dem Gebiet, die dem kürzlich verstorbenen Aldous Fortnight gehört. Sie ist nun im Besitz von Adelina Fortnight, Lionels ehemaliger Freundin und späteren Ehefrau eines verstorbenen Freundes und Kollegen. Sie müssen also zuerst einmal nach Santa Ana fahren, um Adelina zu finden. Doch so einfach gibt sie die Karte nicht heraus, letztendlich müssen die beiden Abenteurer sie schon mitnehmen.
Dann werden die Reisenden auch noch vom Kopfgeldjäger Stenk verfolgt. Deshalb können die drei nicht mit dem Schiff nach Asien reisen, sondern müssen den langen Weg über Europa nehmen. Inzwischen machen sich aber auch Lord Piggot-Dunceby und sein Assistent Mr. Collick auf die Reise in den Himalaya.
Was wird Mister Link dort bei seinen Kaltwetter-Verwandten finden? Oder ergeben sich für den freundlichen Sasquatch noch andere Möglichkeiten?
"Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer" ist eine Stop-Motion-Animation, d.h. die im Film auftretenden Figuren sind Puppen. Hinter dem Laika, das US-amerikanisches Animationsstudio mit Sitz in Portland, Oregon steht. "Missing Link" - so der Originaltitel - ist der sechste vom Studio hergestellte Film, nach Tim Burton's "Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche" (2005), "Coraline" (2009), "ParaNorman" (2012), "Die Boxtrolls" (2014) und dem Oscar-nominierten "Kubo - Der tapfere Samurai" (2016).
Regisseur und Drehbuchautor von "Mister Link" Chris Butler hat bereits vorher die Drehbücher zu "ParaNorman" und "Kubo" geschrieben. Ganz sicher setzt das Studio mit diesem Film neue technische und künstlerische Maßstäbe in der Stop-Motion-Animation.
In der englischen Originalversion und auch in der deutschen Synchronisation werden die Hauptcharaktere von bekannten Darstellern gesprochen. So gibt Hugh Jackman Sir Lionel Frost seine Stimme (im Deutschen ist es Christoph Maria Herbst), Zach Galifianakis (Bastian Pastewka) spricht Mister Link und Zoe Saldana (Collien Ulmen-Fernandes) ist als Adelina Fortnight zu hören. Besonders hörenswert ist im Englischen noch Stephen Fry als arroganter Lord Piggot-Dunceby.
Laikas neuste Produktion ist ein hervorragend gelungenes klassisches Abenteuer, das nicht nur mit spannenden Verfolgungen, sondern auch mit exotischen Örtlichkeiten punkten kann. Dabei verbindet der Film perfekt die klassische Stop-Motion Animation mit hervorragend gestalteten Computeranimationen (dazu lohnt es sich, im Abspann die Szene von den drei Reisenden auf einem Elefanten anzusehen).
Aber vor allem ist "Mister Link" ein tolles Animationsabenteuer für die ganze Familie, das nicht nur spannend erzählt, sondern auch ausgesprochen witzig ist. Auch das liebevoll und manchmal bewusst überdrehte Design der "Personen" trägt mit dazu bei.
Das beginnt schon in der Eröffnungssequenz, wenn Sir (denn auf die Anrede legt er wert) Lionel zusammen mit seinem Diener Mr. Lint in einem schottischen See im Boot sitzt, sich von diesem eine Tasse Tee reichen lässt und sich beschwert, dass der Tee nicht warm genug ist. Auch die weiteren Szenen mit Nessie sind reinster Slapstick.
Eine zweite wunderbar witzige Sequenz ist eine Kneipenschlägerei in den Wäldern des Nord-Westens wie sie nicht besser in einem realen Western gefilmt werden könnte, bei der natürlich auch Lionels Pferd eine wichtige Rolle spielt.
Gelungen sind aber vor allem die Probleme, die Mister Link und Lionel zusammen haben, da der Sasquatch in all seiner Naivität viele Anordnungen allzu wörtlich nimmt und es dadurch immer wieder zu witzigen Missverständnissen kommt. Hier werden humorvolle Szenen wie in Realverfilmungen weitergeführt und doch anders als erwartet zu Ende gebracht.
Bei allem breit aufgestellten Humor wird aber nicht vergessen, was den Bigfoot wirklich plagt: es ist seine Einmaligkeit und Größe und seine dadurch hervorgerufene Einsamkeit, bedingt auch durch die Furcht der Menschen vor etwas Außergewöhnlichem. Dies zeigt der Film ganz deutlich, wenn Mister Link gefragt wird, welchen Namen er denn gerne hätte und er "Susan" sagt, denn diese Frau wäre die Einzige gewesen, die nicht ängstlich vor ihm weggelaufen wäre.
Die Abenteuer von Sir Lionel Frost, Mister Link und Adelina Fortnight wurden von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat "besonders wertvoll" ausgezeichnet, da der Film handwerklich bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltet und ein riesengroßer Spaß für die ganze Familie sei.
Das Ende des Films lässt hoffen, dass die beiden Freunde bald wieder zu einem neuen Abenteuer aufbrechen werden, bei dem sie möglicherweise auch wieder auf Adelina treffen.
Insgesamt ist mit "Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer" ein wunderschön animierter und unbedingt sehenswerter Film entstanden. Er ist ein visueller Leckerbissen mit viel Humor, viel Herz, der auch zum Nachdenken anregen sollte. Die Abenteuer von Sir Lionel Frost, Mister Link und Adelina Fortnight sind spannend und unterhaltsam, ohne die Intelligenz des Publikums zu unterschätzen.
Foto: Ein ungleiches Trio: Sir Lionel Frost, Mister Link und Adelina Fortnight © Entertainment One Germany
Info:
Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer (USA 2019)
Originaltitel: Missing Link
Genre: Animation, Abenteuer, Stop-Motion Film
Filmlänge: 94 Minuten
Regie und Drehbuch: Chris Butler
Englische Sprecher: Hugh Jackman, Zach Galifianakis, Zoe Saldana, Emma Thompson, Timothy Olyphant, Stephen Fry, Matt Lucas u.a.
Deutsche Sprecher: Christoph Maria Herbst, Bastian Pastewka, Collien Ulmen-Fernandes u.a.
Verleih: Entertainment One Germany
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 30.05.2019