f dead1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. Juni 2019, Teil 17

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das hat schon einen Grund, ausführlich über die Hintergründe des neuen Films von Jim Jarmusch zu informieren, denn der Vordergrund, das, was wir auf der Leinwand dann in 103 Minuten sehen, ist nicht so wesentlich, gemessen an den Erwartungen, die der Name des Regisseur und seine Darstellern in einem erwecken.

Schon schwierig, wenn man wie Meisterregisseur Jarmusch zum Erfolg verdammt ist, denn einerseits bekommen wir genau die Mischung von abgedrehten, absurden, poetischen Szenen, für die Jim Jarmusch berühmt und beliebt ist, und dann stellen wir spätestens in der Mitte des Films und im sehr lang werdenden zweiten Teil fest, daß die schöne gute Idee mit den Zombies irgendwie und irgendwo doch nicht trägt. Dann freut man sich immer noch an dem einen und dem anderen bekannten Gesicht oder lacht über die slapstickartige Situationskomik, wenn die Untoten reihenweise anmarschieren, aber auch reihenweise umfallen. Nur, das alles geht einem nicht an die Nieren, auch nicht ins Herz und schon gar nicht in den Verstand. Ganz nett, sagt man sich, aber von Jim Jarmusch erwartet man halt immer eine Steigerung seines Filmschaffens und auf keinen Fall einen Rückgang.

Genau so kommt es aber einem vor, auch wenn der Filmanfang von einer Lakonie und einem Wildwestgehabe von gestern ist, das die schönsten Erwartungen für den weiteren Verlauf erweckt. Wir sind in in der Kleinstadt Centerville, wo die Leute wie überall in Amerika, sprich: in amerikanischen Filmen, in einem Schnelllokal – hier das einzige am Platz – einen Kaffee nach dem anderen trinken und was Kleines essen oder auch was Mittleres trinken. Das ist ein wenig, wie nach Hause kommen in diese uramerikanischen Filme mit den umgänglichen Sheriffs Cliff Robertson (Bill Murray) und Ronald Peterson – eigenartig, daß beide skandinavische Namen tragen und Peterson natürlich stark an Paterson, aha, auch skandinavisch, erinnert, an die Filmfigur von Adam Driver, der Paterson heißt, und im Kleinstädtchen Paterson lebt, den der ganze Jarmuschfilm von 2016 dann im Titel trägt – und den regelmäßigen Gästen, dem alten Junggesellen, dem Witwer, den vorbeikommenden Geschäftsleuten, die sich alle an den beiden erfreuen, die hier von früh bis spät bedienen und das heimatliche Ambiente bestimmen: Lily (Rosal Colon) und Fern (Eszter Balint), die mit dem besten Kaffee der Welt – denken die Kleinstädter.

Und dann passieren Sachen, die gibt‘s gar nicht. Wenigstens kann sich Sheriff Cliff Robertson nicht daran erinnern, so etwas je gesehen zu haben, weshalb er herumrätselt, während sein Kollege im Streifenwagen , dieser Peterson ziemlich schnell auf die Lösung kommt, die wir Filmerfahrenen natürlich sofort ahnten: Die merkwürdigen Gestalten, die sich aus der Erde aus Staub zu Menschenwesen bilden, mit abgewirtschaftetem Äußeren und verwahrloster Kleidung, auch was, in Lumpen kommen sie daher, die blitzschnell Menschenfleisch in sich hauen, das Blut, das Blut... Und nicht einzelne, sondern Massen, die sich zudem nicht mal mit dem Blut zufrieden geben, sondern dann auch noch zum Kaffee erscheinen, auch einem Gläschen nicht abgeneigt sind. Dennoch wollen sich die Einwohner von Centerville damit nicht abfinden.

Es gilt, der sich als Epidemie ausbreitenden Untoten Herr zu werden, der Kopf muß ab! Andere Tötungsarten wie Erschießen, mitten ins Herz, bringen gar nichts. Der Kopf ist es, der abgehauen werden muß, denn wie der Fisch stinken sie vom Kopf her, diese Figuren, die man gar nicht als Lebewesen titulieren möchte. Wie klingt denn das? Untote, Zombies als Lebewesen? Am sichersten erledigt man sie wenn man mit der Machete den Hals durchhaut, das geht so schnell wie das Spalten einer Kokosnuß oder auch nur das Abtrennen des oberen Teils, der dann als Deckel benutzt wird. Doch die Köpfe, die rollen, sind von keinem Nutzen, deshalb ist man als Zuschauer auch nicht zufrieden, wenn die Heerscharen, die aus der Erde sich vergegenständlichen, zwar weniger werden, aber immer neue Untote erscheinen. Auch die Dritte im Bunde, junge Kollegin (Chloë Sevigny), kann nichts ausrichten.

Im Wettbewerb, wer die meisten Köpfe rollen läßt, ist die schräge schottische Bestatterin Zelda Winston (Tilda Swinton) absolute Siegerin, die kann mit messerscharfer Präzision ihr Samurai-Schwert schwingen lassen und Köpfe abspalten und macht einen eleganten Tanz daraus. Ja, es sind absolut die Schauspieler, die einen dabei halten, denn die Sache selbst, das Ausrotten der Zombies, tritt auf der Stelle. Und fordert Opfer. Einer nach dem anderen, an denen unser Herz schon hängt, wird von den Untoten zum Tode befördert.

Was soll das Ganze? Natürlich muß man fragen, wer gemeint ist, wenn die von gestern und vorgestern wiederauftauchen und es der gegenwärtigen Bevölkerung schwer machen und ihnen die Lebensgrundlage entziehen. Nach der Person, die gesellschaftlich den Rückwärtsgang eingelegt hat und das durchzieht, muß man ja auch nicht lange suchen. Der als US-Präsident Gewählte mit seinen Gesinnungsgenossen fällt einem auf jeden Fall sofort ein. Aber das weiß inzwischen jeder, so lange man nicht sein Fan ist.

Es bleibt also eine unerfüllte Erwartung übrig. Vielleicht gelingt dies im nächsten Film.

Fotos:
© Verleih

Info:
Darsteller:
Rolle                                        Schauspieler                                    Synchronstimme
Chief Clifford Robertson         BILL MURRAY                                  Bodo Wolf
Officer Ronald Peterson         ADAM DRIVER                                  Sascha Rotermund
Officer Minerva Morrison        CHLOË SEVIGNY                             Jördis Triebel
Bobby Wiggins                       CALEB LANDRY JONES                  Constantin v. Jascheroff
Hank Thompson                     DANNY GLOVER                             Jürgen Kluckert
Farmer Miller                          STEVE BUSCEMI                              Santiago Ziesmer
Zelda Winston                        TILDA SWINTON                              Traudel Haas
Einsiedler-Bob                        TOM WAITS                                      Oliver Stritzel
Zoe                                         SELENA GOMEZ                              Gabrielle Pietermann
Zombie Kaffee                        IGGY POP
Zombie Kaffee                        SARA DRIVER
Zombie Chardonnay              CAROL KANE

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. Juni 2019, Teil 15
Regie JIM JARMUSCH
Drehbuch JIM JARMUSCH